"kalten Gelehrsamkeit oder zu großen Künst¬ "lichkeit zu erholen, damit sein Herz sich "wieder einmal der Einfalt aufthäte, die "doch nur einzig und allein die wahre Kunst "ist. Ich wenigstens habe aus diesen Er¬ "zählungen Vieles gelernt: die Gegenstände, "die der Mahler daraus darstellen müßte, "sind mir in einem ganz neuen Lichte er¬ "schienen. Ich weiß Kunstgemählde, wo der "rührendste Gegenstand von unnützen schö¬ "nen Figuren, von Gemähldegelehrsamkeit "und treflich ausgedachten Stellungen so "eingebaut war, daß das Auge lernte, "das Herz aber nichts dabei empfand, als "worauf es doch vorzüglich müßte abgesehen "seyn. So aber wollen einige Meister grö¬ "ßer werden als die Größe, sie wollen ih¬ "ren Gegenstand nicht darstellen, sondern "verschönern, und darüber verlieren sie sich "in Nebendingen. Ich denke jezt an alles
«kalten Gelehrſamkeit oder zu großen Künſt¬ «lichkeit zu erholen, damit ſein Herz ſich «wieder einmal der Einfalt aufthäte, die «doch nur einzig und allein die wahre Kunſt «iſt. Ich wenigſtens habe aus dieſen Er¬ «zählungen Vieles gelernt: die Gegenſtände, «die der Mahler daraus darſtellen müßte, «ſind mir in einem ganz neuen Lichte er¬ «ſchienen. Ich weiß Kunſtgemählde, wo der «rührendſte Gegenſtand von unnützen ſchö¬ «nen Figuren, von Gemähldegelehrſamkeit «und treflich ausgedachten Stellungen ſo «eingebaut war, daß das Auge lernte, «das Herz aber nichts dabei empfand, als «worauf es doch vorzüglich müßte abgeſehen «ſeyn. So aber wollen einige Meiſter grö¬ «ßer werden als die Größe, ſie wollen ih¬ «ren Gegenſtand nicht darſtellen, ſondern «verſchönern, und darüber verlieren ſie ſich «in Nebendingen. Ich denke jezt an alles
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0061"n="50"/>
«kalten Gelehrſamkeit oder zu großen Künſt¬<lb/>
«lichkeit zu erholen, damit ſein Herz ſich<lb/>
«wieder einmal der Einfalt aufthäte, die<lb/>
«doch nur einzig und allein die wahre Kunſt<lb/>
«iſt. Ich wenigſtens habe aus dieſen Er¬<lb/>
«zählungen Vieles gelernt: die Gegenſtände,<lb/>
«die der Mahler daraus darſtellen müßte,<lb/>
«ſind mir in einem ganz neuen Lichte er¬<lb/>
«ſchienen. Ich weiß Kunſtgemählde, wo der<lb/>
«rührendſte Gegenſtand von unnützen ſchö¬<lb/>
«nen Figuren, von Gemähldegelehrſamkeit<lb/>
«und treflich ausgedachten Stellungen ſo<lb/>
«eingebaut war, daß das Auge lernte,<lb/>
«das Herz aber nichts dabei empfand, als<lb/>
«worauf es doch vorzüglich müßte abgeſehen<lb/>
«ſeyn. So aber wollen einige Meiſter grö¬<lb/>
«ßer werden als die Größe, ſie wollen ih¬<lb/>
«ren Gegenſtand nicht darſtellen, ſondern<lb/>
«verſchönern, und darüber verlieren ſie ſich<lb/>
«in Nebendingen. Ich denke jezt an alles<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[50/0061]
«kalten Gelehrſamkeit oder zu großen Künſt¬
«lichkeit zu erholen, damit ſein Herz ſich
«wieder einmal der Einfalt aufthäte, die
«doch nur einzig und allein die wahre Kunſt
«iſt. Ich wenigſtens habe aus dieſen Er¬
«zählungen Vieles gelernt: die Gegenſtände,
«die der Mahler daraus darſtellen müßte,
«ſind mir in einem ganz neuen Lichte er¬
«ſchienen. Ich weiß Kunſtgemählde, wo der
«rührendſte Gegenſtand von unnützen ſchö¬
«nen Figuren, von Gemähldegelehrſamkeit
«und treflich ausgedachten Stellungen ſo
«eingebaut war, daß das Auge lernte,
«das Herz aber nichts dabei empfand, als
«worauf es doch vorzüglich müßte abgeſehen
«ſeyn. So aber wollen einige Meiſter grö¬
«ßer werden als die Größe, ſie wollen ih¬
«ren Gegenſtand nicht darſtellen, ſondern
«verſchönern, und darüber verlieren ſie ſich
«in Nebendingen. Ich denke jezt an alles
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/61>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.