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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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"uns herab zu senken und mit seinen süßen
"lieblichen Flügeln zu umarmen. Aber wir
"wollen uns gern immer mehr in dem
"Wirwarr der gewöhnlichen Welthändel
"verstricken, wir ziehn selber einen Flor über
"den Spiegel, der aus den Wolken herun¬
"terhängt, und in welchem Gottheit und
"Natur uns ihre himmlischen Angesich¬
"ter zeigen, damit wir nur die Eitelkeiten
"der Welt desto wichtiger finden dürfen.
"So kann der Menschengeist sich nicht aus
"dem Staube aufrichten und getrost zu den
"Sternen hinblicken und seine Verwand¬
"schaft zu ihnen empfinden. Er kann die
"Kunst nicht lieben, da er das nicht liebt,
"was ihn von der Verworrenheit erlöst,
"denn mit diesem seeligen Frieden ist die
"Kunst verwandt. Du glaubst nicht, wie
"gern ich jezt etwas mahlen möchte, was
"so ganz den Zustand meiner Seele aus¬

«uns herab zu ſenken und mit ſeinen ſüßen
«lieblichen Flügeln zu umarmen. Aber wir
«wollen uns gern immer mehr in dem
«Wirwarr der gewöhnlichen Welthändel
«verſtricken, wir ziehn ſelber einen Flor über
«den Spiegel, der aus den Wolken herun¬
«terhängt, und in welchem Gottheit und
«Natur uns ihre himmliſchen Angeſich¬
«ter zeigen, damit wir nur die Eitelkeiten
«der Welt deſto wichtiger finden dürfen.
«So kann der Menſchengeiſt ſich nicht aus
«dem Staube aufrichten und getroſt zu den
«Sternen hinblicken und ſeine Verwand¬
«ſchaft zu ihnen empfinden. Er kann die
«Kunſt nicht lieben, da er das nicht liebt,
«was ihn von der Verworrenheit erlöſt,
«denn mit dieſem ſeeligen Frieden iſt die
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«gern ich jezt etwas mahlen möchte, was
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[47/0058] «uns herab zu ſenken und mit ſeinen ſüßen «lieblichen Flügeln zu umarmen. Aber wir «wollen uns gern immer mehr in dem «Wirwarr der gewöhnlichen Welthändel «verſtricken, wir ziehn ſelber einen Flor über «den Spiegel, der aus den Wolken herun¬ «terhängt, und in welchem Gottheit und «Natur uns ihre himmliſchen Angeſich¬ «ter zeigen, damit wir nur die Eitelkeiten «der Welt deſto wichtiger finden dürfen. «So kann der Menſchengeiſt ſich nicht aus «dem Staube aufrichten und getroſt zu den «Sternen hinblicken und ſeine Verwand¬ «ſchaft zu ihnen empfinden. Er kann die «Kunſt nicht lieben, da er das nicht liebt, «was ihn von der Verworrenheit erlöſt, «denn mit dieſem ſeeligen Frieden iſt die «Kunſt verwandt. Du glaubſt nicht, wie «gern ich jezt etwas mahlen möchte, was «ſo ganz den Zuſtand meiner Seele aus¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/58>, abgerufen am 27.04.2024.