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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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geist kühn in tausend Richtungen, in tau¬
send mannichfaltigen Strömen, wie die Röh¬
ren eines künstlichen Springbrunnens, der
Sonne entgegen spielen zu sehn? Eben daß
nicht alle Geister ein und dasselbe wollen,
ist erfreulich; darum laßt der unschuldigen
kindischen Kunst ihren Gang. Denn sie ist
es doch, in der sich am reinsten, am lieb¬
lichsten, und auf die unbefangenste Weise
die Hoheit der Menschenseele offenbart, sie
ist nicht ernst wie die Weisheit, sondern ein
frommes Kind, dessen unschuldige Spiele
jedes reine Gemüth rühren und erfreuen
müssen. Sie drückt den Menschen am deut¬
lichsten aus, sie ist Spiel mit Ernst gemischt
und Ernst durch Lieblichkeit gemildert. Wo¬
zu soll sie dem Staate, der versammelten
Gesellschaft nützen? Wann hat sich je das
Große und Schöne so tief erniedrigt, um
zu nützen? Ein neues Feuer facht der große

geiſt kühn in tauſend Richtungen, in tau¬
ſend mannichfaltigen Strömen, wie die Röh¬
ren eines künſtlichen Springbrunnens, der
Sonne entgegen ſpielen zu ſehn? Eben daß
nicht alle Geiſter ein und daſſelbe wollen,
iſt erfreulich; darum laßt der unſchuldigen
kindiſchen Kunſt ihren Gang. Denn ſie iſt
es doch, in der ſich am reinſten, am lieb¬
lichſten, und auf die unbefangenſte Weiſe
die Hoheit der Menſchenſeele offenbart, ſie
iſt nicht ernſt wie die Weisheit, ſondern ein
frommes Kind, deſſen unſchuldige Spiele
jedes reine Gemüth rühren und erfreuen
müſſen. Sie drückt den Menſchen am deut¬
lichſten aus, ſie iſt Spiel mit Ernſt gemiſcht
und Ernſt durch Lieblichkeit gemildert. Wo¬
zu ſoll ſie dem Staate, der verſammelten
Geſellſchaft nützen? Wann hat ſich je das
Große und Schöne ſo tief erniedrigt, um
zu nützen? Ein neues Feuer facht der große

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[343/0354] geiſt kühn in tauſend Richtungen, in tau¬ ſend mannichfaltigen Strömen, wie die Röh¬ ren eines künſtlichen Springbrunnens, der Sonne entgegen ſpielen zu ſehn? Eben daß nicht alle Geiſter ein und daſſelbe wollen, iſt erfreulich; darum laßt der unſchuldigen kindiſchen Kunſt ihren Gang. Denn ſie iſt es doch, in der ſich am reinſten, am lieb¬ lichſten, und auf die unbefangenſte Weiſe die Hoheit der Menſchenſeele offenbart, ſie iſt nicht ernſt wie die Weisheit, ſondern ein frommes Kind, deſſen unſchuldige Spiele jedes reine Gemüth rühren und erfreuen müſſen. Sie drückt den Menſchen am deut¬ lichſten aus, ſie iſt Spiel mit Ernſt gemiſcht und Ernſt durch Lieblichkeit gemildert. Wo¬ zu ſoll ſie dem Staate, der verſammelten Geſellſchaft nützen? Wann hat ſich je das Große und Schöne ſo tief erniedrigt, um zu nützen? Ein neues Feuer facht der große

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/354>, abgerufen am 22.11.2024.