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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Welt aufsuchte, so wie ich jetzt ein Bild
suche, das vielleicht nirgendwo ist, was könn¬
te mir auch da all' dein Reden nützen? Doch
nein, sie lebt, mein Herz sagt es mir, daß
sie für mich lebt, und daß sie mich mit stil¬
ler Ahndung erwartet. Und wenn ich sie
nun gefunden habe, wenn die Sterne gün¬
stig auf mein Thun herunter scheinen, wenn
ich sie in meinen Armen zurückbringe, dann
wirst Du mein Glück preisen, und mein jez¬
ziges Beginnen nicht mehr unvernünftig
schelten. Sieh so hängt es bloß von Glück
und Zufall ab, ob ich vernünftig oder un¬
vernünftig handle, ob die Leute mich
schelten oder loben; wie kann also Dein
Rath gut seyn, wie könnte ich vernünftig
seyn, wenn ich ihm folgte? Wer nie wagt,
kann nie gewinnen, wer nie den ersten
Schritt thut, kann keine Reise vollbringen,
wer das Glück nicht auf die Probe stellt,

Welt aufſuchte, ſo wie ich jetzt ein Bild
ſuche, das vielleicht nirgendwo iſt, was könn¬
te mir auch da all' dein Reden nützen? Doch
nein, ſie lebt, mein Herz ſagt es mir, daß
ſie für mich lebt, und daß ſie mich mit ſtil¬
ler Ahndung erwartet. Und wenn ich ſie
nun gefunden habe, wenn die Sterne gün¬
ſtig auf mein Thun herunter ſcheinen, wenn
ich ſie in meinen Armen zurückbringe, dann
wirſt Du mein Glück preiſen, und mein jez¬
ziges Beginnen nicht mehr unvernünftig
ſchelten. Sieh ſo hängt es bloß von Glück
und Zufall ab, ob ich vernünftig oder un¬
vernünftig handle, ob die Leute mich
ſchelten oder loben; wie kann alſo Dein
Rath gut ſeyn, wie könnte ich vernünftig
ſeyn, wenn ich ihm folgte? Wer nie wagt,
kann nie gewinnen, wer nie den erſten
Schritt thut, kann keine Reiſe vollbringen,
wer das Glück nicht auf die Probe ſtellt,

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[292/0303] Welt aufſuchte, ſo wie ich jetzt ein Bild ſuche, das vielleicht nirgendwo iſt, was könn¬ te mir auch da all' dein Reden nützen? Doch nein, ſie lebt, mein Herz ſagt es mir, daß ſie für mich lebt, und daß ſie mich mit ſtil¬ ler Ahndung erwartet. Und wenn ich ſie nun gefunden habe, wenn die Sterne gün¬ ſtig auf mein Thun herunter ſcheinen, wenn ich ſie in meinen Armen zurückbringe, dann wirſt Du mein Glück preiſen, und mein jez¬ ziges Beginnen nicht mehr unvernünftig ſchelten. Sieh ſo hängt es bloß von Glück und Zufall ab, ob ich vernünftig oder un¬ vernünftig handle, ob die Leute mich ſchelten oder loben; wie kann alſo Dein Rath gut ſeyn, wie könnte ich vernünftig ſeyn, wenn ich ihm folgte? Wer nie wagt, kann nie gewinnen, wer nie den erſten Schritt thut, kann keine Reiſe vollbringen, wer das Glück nicht auf die Probe ſtellt,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/303>, abgerufen am 19.05.2024.