Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

mit süßer Stimme bei meinem Namen ge¬
nannt hätte. Aber zugleich habe ich in die¬
sem Bilde meinen größten Feind gefunden,
der mir keine Minute Ruhe läßt, der mich
auf jeden Schritt verfolgt, der mir alle
übrigen Freuden dieser Erde, als etwas
Armseeliges und Verächtliches darstellt. Ich
darf mein Auge nicht davon hinweg¬
wenden, so befällt mich eine marternde
Sehnsucht, und wenn ich nun darauf blik¬
ke, und diesen süßen Mund, und diese
schönen Augen antreffe, so ergreift eine
schreckliche Beklemmung mein Herz, so daß
ich in unnützen Kämpfen, in Streben und
Wünschen vergehe und mein Leben sich ver¬
zehrt, wie Du richtig gesagt hast. Aber es
muß sich nun endigen; mit dem kommenden
Morgen will ich mich aufmachen und das
Land durchziehn, um diejenige wirklich auf¬
zufinden, von der ich bis jetzt nur das Ge¬

mähl¬

mit ſüßer Stimme bei meinem Namen ge¬
nannt hätte. Aber zugleich habe ich in die¬
ſem Bilde meinen größten Feind gefunden,
der mir keine Minute Ruhe läßt, der mich
auf jeden Schritt verfolgt, der mir alle
übrigen Freuden dieſer Erde, als etwas
Armſeeliges und Verächtliches darſtellt. Ich
darf mein Auge nicht davon hinweg¬
wenden, ſo befällt mich eine marternde
Sehnſucht, und wenn ich nun darauf blik¬
ke, und dieſen ſüßen Mund, und dieſe
ſchönen Augen antreffe, ſo ergreift eine
ſchreckliche Beklemmung mein Herz, ſo daß
ich in unnützen Kämpfen, in Streben und
Wünſchen vergehe und mein Leben ſich ver¬
zehrt, wie Du richtig geſagt haſt. Aber es
muß ſich nun endigen; mit dem kommenden
Morgen will ich mich aufmachen und das
Land durchziehn, um diejenige wirklich auf¬
zufinden, von der ich bis jetzt nur das Ge¬

mähl¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0299" n="288"/>
mit &#x017F;üßer Stimme bei meinem Namen ge¬<lb/>
nannt hätte. Aber zugleich habe ich in die¬<lb/>
&#x017F;em Bilde meinen größten Feind gefunden,<lb/>
der mir keine Minute Ruhe läßt, der mich<lb/>
auf jeden Schritt verfolgt, der mir alle<lb/>
übrigen Freuden die&#x017F;er Erde, als etwas<lb/>
Arm&#x017F;eeliges und Verächtliches dar&#x017F;tellt. Ich<lb/>
darf mein Auge nicht davon hinweg¬<lb/>
wenden, &#x017F;o befällt mich eine marternde<lb/>
Sehn&#x017F;ucht, und wenn ich nun darauf blik¬<lb/>
ke, und die&#x017F;en &#x017F;üßen Mund, und die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;chönen Augen antreffe, &#x017F;o ergreift eine<lb/>
&#x017F;chreckliche Beklemmung mein Herz, &#x017F;o daß<lb/>
ich in unnützen Kämpfen, in Streben und<lb/>
Wün&#x017F;chen vergehe und mein Leben &#x017F;ich ver¬<lb/>
zehrt, wie Du richtig ge&#x017F;agt ha&#x017F;t. Aber es<lb/>
muß &#x017F;ich nun endigen; mit dem kommenden<lb/>
Morgen will ich mich aufmachen und das<lb/>
Land durchziehn, um diejenige wirklich auf¬<lb/>
zufinden, von der ich bis jetzt nur das Ge¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mähl¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0299] mit ſüßer Stimme bei meinem Namen ge¬ nannt hätte. Aber zugleich habe ich in die¬ ſem Bilde meinen größten Feind gefunden, der mir keine Minute Ruhe läßt, der mich auf jeden Schritt verfolgt, der mir alle übrigen Freuden dieſer Erde, als etwas Armſeeliges und Verächtliches darſtellt. Ich darf mein Auge nicht davon hinweg¬ wenden, ſo befällt mich eine marternde Sehnſucht, und wenn ich nun darauf blik¬ ke, und dieſen ſüßen Mund, und dieſe ſchönen Augen antreffe, ſo ergreift eine ſchreckliche Beklemmung mein Herz, ſo daß ich in unnützen Kämpfen, in Streben und Wünſchen vergehe und mein Leben ſich ver¬ zehrt, wie Du richtig geſagt haſt. Aber es muß ſich nun endigen; mit dem kommenden Morgen will ich mich aufmachen und das Land durchziehn, um diejenige wirklich auf¬ zufinden, von der ich bis jetzt nur das Ge¬ mähl¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/299
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/299>, abgerufen am 09.05.2024.