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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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schen so, oder bin ich nur ein solches Kind?
Es war mir fast, als stünde mir das größte
Unglück bevor, daß dem Menschen begegnen
könnte, ich nahm sogar die alte Lichtscheere
mit Zärtlichkeit, mit einem wehmüthigen Ge¬
fühl in die Hand und puzte damit den lan¬
gen Docht des Lichtes. Ich war überzeugt,
daß ich vom guten Dürer nicht zärtlich ge¬
nug Abschied genommen hatte, ich machte
mir heftige Vorwürfe darüber daß ich ihm
nicht alles gesagt hatte, wie ich von ihm
dachte, welch' ein vortreflicher Mann er in
meinem Augen sei, daß er nun von mir so
entfernt würde, ohne daß er wüste, welche
kindliche Liebe, welche brennende Verehrung,
welche Bewunderung ich mit mir nähme.
Als ich so über die alten Giebel hinüber
sah, und über den engen dunkeln Hof, als
ich dich neben an gehen hörte und die
schwarzen Wolken so unordentlich durch den

ſchen ſo, oder bin ich nur ein ſolches Kind?
Es war mir faſt, als ſtünde mir das größte
Unglück bevor, daß dem Menſchen begegnen
könnte, ich nahm ſogar die alte Lichtſcheere
mit Zärtlichkeit, mit einem wehmüthigen Ge¬
fühl in die Hand und puzte damit den lan¬
gen Docht des Lichtes. Ich war überzeugt,
daß ich vom guten Dürer nicht zärtlich ge¬
nug Abſchied genommen hatte, ich machte
mir heftige Vorwürfe darüber daß ich ihm
nicht alles geſagt hatte, wie ich von ihm
dachte, welch' ein vortreflicher Mann er in
meinem Augen ſei, daß er nun von mir ſo
entfernt würde, ohne daß er wüſte, welche
kindliche Liebe, welche brennende Verehrung,
welche Bewunderung ich mit mir nähme.
Als ich ſo über die alten Giebel hinüber
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ich dich neben an gehen hörte und die
ſchwarzen Wolken ſo unordentlich durch den

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[14/0025] ſchen ſo, oder bin ich nur ein ſolches Kind? Es war mir faſt, als ſtünde mir das größte Unglück bevor, daß dem Menſchen begegnen könnte, ich nahm ſogar die alte Lichtſcheere mit Zärtlichkeit, mit einem wehmüthigen Ge¬ fühl in die Hand und puzte damit den lan¬ gen Docht des Lichtes. Ich war überzeugt, daß ich vom guten Dürer nicht zärtlich ge¬ nug Abſchied genommen hatte, ich machte mir heftige Vorwürfe darüber daß ich ihm nicht alles geſagt hatte, wie ich von ihm dachte, welch' ein vortreflicher Mann er in meinem Augen ſei, daß er nun von mir ſo entfernt würde, ohne daß er wüſte, welche kindliche Liebe, welche brennende Verehrung, welche Bewunderung ich mit mir nähme. Als ich ſo über die alten Giebel hinüber ſah, und über den engen dunkeln Hof, als ich dich neben an gehen hörte und die ſchwarzen Wolken ſo unordentlich durch den

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/25>, abgerufen am 29.03.2024.