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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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vor Thränen nicht reden; ach mir fiel es zu
sehr ein, wie viel ich ihm zu danken hatte,
was er ein vortreflicher Mann ist, wie
herrlich er mahlt, und ich so nichts gegen
ihn bin und er doch in den lezten Wochen
immer that, als wenn ich seines gleichen
wäre; ich hatte das alles noch nie so zu¬
sammen empfunden, und nun warf es mich
auch dafür nieder. Ich ging fort, und du
gingst stillschweigend in deine Schlafkammer:
nun war ich auf meiner Stube allein. Kei¬
nen Abend werd' ich mehr hier hereintre¬
ten, sagte ich zu mir selber, indem ich das
Licht auf den Boden stellte: für dich, Franz,
ist nun dieses Bette zum leztenmale in Ord¬
nung gelegt, du wirfst Dich noch einmal hin¬
ein und siehst diese Kissen, denen du so oft
deine Sorgen klagtest, auf denen du noch
öfter so süß schlummertest, nie siehst du sie
wieder. -- Sebastian, geht es allen Men¬

vor Thränen nicht reden; ach mir fiel es zu
ſehr ein, wie viel ich ihm zu danken hatte,
was er ein vortreflicher Mann iſt, wie
herrlich er mahlt, und ich ſo nichts gegen
ihn bin und er doch in den lezten Wochen
immer that, als wenn ich ſeines gleichen
wäre; ich hatte das alles noch nie ſo zu¬
ſammen empfunden, und nun warf es mich
auch dafür nieder. Ich ging fort, und du
gingſt ſtillſchweigend in deine Schlafkammer:
nun war ich auf meiner Stube allein. Kei¬
nen Abend werd' ich mehr hier hereintre¬
ten, ſagte ich zu mir ſelber, indem ich das
Licht auf den Boden ſtellte: für dich, Franz,
iſt nun dieſes Bette zum leztenmale in Ord¬
nung gelegt, du wirfſt Dich noch einmal hin¬
ein und ſiehſt dieſe Kiſſen, denen du ſo oft
deine Sorgen klagteſt, auf denen du noch
öfter ſo ſüß ſchlummerteſt, nie ſiehſt du ſie
wieder. — Sebaſtian, geht es allen Men¬

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[13/0024] vor Thränen nicht reden; ach mir fiel es zu ſehr ein, wie viel ich ihm zu danken hatte, was er ein vortreflicher Mann iſt, wie herrlich er mahlt, und ich ſo nichts gegen ihn bin und er doch in den lezten Wochen immer that, als wenn ich ſeines gleichen wäre; ich hatte das alles noch nie ſo zu¬ ſammen empfunden, und nun warf es mich auch dafür nieder. Ich ging fort, und du gingſt ſtillſchweigend in deine Schlafkammer: nun war ich auf meiner Stube allein. Kei¬ nen Abend werd' ich mehr hier hereintre¬ ten, ſagte ich zu mir ſelber, indem ich das Licht auf den Boden ſtellte: für dich, Franz, iſt nun dieſes Bette zum leztenmale in Ord¬ nung gelegt, du wirfſt Dich noch einmal hin¬ ein und ſiehſt dieſe Kiſſen, denen du ſo oft deine Sorgen klagteſt, auf denen du noch öfter ſo ſüß ſchlummerteſt, nie ſiehſt du ſie wieder. — Sebaſtian, geht es allen Men¬

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/24>, abgerufen am 16.04.2024.