Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

grüßten ihn. So ist der Schlaf oft ein
Ausruhn in einer schönern Welt; wenn die
Seele sich von diesem Schauplatze hinweg¬
wendet, so eilt sie nach jenem unbekann¬
ten magischen, auf welchem liebliche Lichter
spielen, und kein Leiden erscheinen darf;
dann dehnt der Geist seine großen Flügel
auseinander und fühlt seine himmlische Frei¬
heit, die Unbegränztheit die ihn nirgends
beengt und quält. Beim Erwachen sehn
wir oft zu voreilig mit Verachtung auf die¬
ses schönere Daseyn hin, weil wir unsre
Träume nicht in unser Tagesleben hineinwe¬
ben können, weil sie nicht da fortgefahren
sind wo unsre Menschenthätigkeit am Abend
aufhörte, sondern ihre eigene Bahn wan¬
delten.

Am Morgen erkundigte sich Franz mit
glühendem Gesichte nach der Wohnung des
berühmten Lukas von Leyden. Man be¬

zeich¬

grüßten ihn. So iſt der Schlaf oft ein
Ausruhn in einer ſchönern Welt; wenn die
Seele ſich von dieſem Schauplatze hinweg¬
wendet, ſo eilt ſie nach jenem unbekann¬
ten magiſchen, auf welchem liebliche Lichter
ſpielen, und kein Leiden erſcheinen darf;
dann dehnt der Geiſt ſeine großen Flügel
auseinander und fühlt ſeine himmliſche Frei¬
heit, die Unbegränztheit die ihn nirgends
beengt und quält. Beim Erwachen ſehn
wir oft zu voreilig mit Verachtung auf die¬
ſes ſchönere Daſeyn hin, weil wir unſre
Träume nicht in unſer Tagesleben hineinwe¬
ben können, weil ſie nicht da fortgefahren
ſind wo unſre Menſchenthätigkeit am Abend
aufhörte, ſondern ihre eigene Bahn wan¬
delten.

Am Morgen erkundigte ſich Franz mit
glühendem Geſichte nach der Wohnung des
berühmten Lukas von Leyden. Man be¬

zeich¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0187" n="176"/>
grüßten ihn. So i&#x017F;t der Schlaf oft ein<lb/>
Ausruhn in einer &#x017F;chönern Welt; wenn die<lb/>
Seele &#x017F;ich von die&#x017F;em Schauplatze hinweg¬<lb/>
wendet, &#x017F;o eilt &#x017F;ie nach jenem unbekann¬<lb/>
ten magi&#x017F;chen, auf welchem liebliche Lichter<lb/>
&#x017F;pielen, und kein Leiden er&#x017F;cheinen darf;<lb/>
dann dehnt der Gei&#x017F;t &#x017F;eine großen Flügel<lb/>
auseinander und fühlt &#x017F;eine himmli&#x017F;che Frei¬<lb/>
heit, die Unbegränztheit die ihn nirgends<lb/>
beengt und quält. Beim Erwachen &#x017F;ehn<lb/>
wir oft zu voreilig mit Verachtung auf die¬<lb/>
&#x017F;es &#x017F;chönere Da&#x017F;eyn hin, weil wir un&#x017F;re<lb/>
Träume nicht in un&#x017F;er Tagesleben hineinwe¬<lb/>
ben können, weil &#x017F;ie nicht da fortgefahren<lb/>
&#x017F;ind wo un&#x017F;re Men&#x017F;chenthätigkeit am Abend<lb/>
aufhörte, &#x017F;ondern ihre eigene Bahn wan¬<lb/>
delten.</p><lb/>
            <p>Am Morgen erkundigte &#x017F;ich Franz mit<lb/>
glühendem Ge&#x017F;ichte nach der Wohnung des<lb/>
berühmten Lukas von Leyden. Man be¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zeich¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0187] grüßten ihn. So iſt der Schlaf oft ein Ausruhn in einer ſchönern Welt; wenn die Seele ſich von dieſem Schauplatze hinweg¬ wendet, ſo eilt ſie nach jenem unbekann¬ ten magiſchen, auf welchem liebliche Lichter ſpielen, und kein Leiden erſcheinen darf; dann dehnt der Geiſt ſeine großen Flügel auseinander und fühlt ſeine himmliſche Frei¬ heit, die Unbegränztheit die ihn nirgends beengt und quält. Beim Erwachen ſehn wir oft zu voreilig mit Verachtung auf die¬ ſes ſchönere Daſeyn hin, weil wir unſre Träume nicht in unſer Tagesleben hineinwe¬ ben können, weil ſie nicht da fortgefahren ſind wo unſre Menſchenthätigkeit am Abend aufhörte, ſondern ihre eigene Bahn wan¬ delten. Am Morgen erkundigte ſich Franz mit glühendem Geſichte nach der Wohnung des berühmten Lukas von Leyden. Man be¬ zeich¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/187
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/187>, abgerufen am 22.11.2024.