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Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

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Liebster Franz.

"Wir gedenken Deiner in allen unsern
Gesprächen, und so kurze Zeit Du auch
entfernt bist, so dünkt es mich doch schon
recht lange. Ich kann mich immer noch in
dem Hause ohne Dich nicht schicken und fü¬
gen, alles ist mir zu leer und doch zu enge,
ich kann nicht sagen ob sich das wieder än¬
dern wird. Als ich von Dir an jenem schö¬
nen und traurigen Morgen durch die Korn¬
felder zurückgieng, als ich alle die Stellen
wieder betrat wo ich mit Dir gegangen
war, und der Stadt mich nun immer mehr
näherte; o Franz! ich kann es Dir nicht sa¬
gen was da mein Herz empfand. Es war
mir alles im Leben taub und ohne Reiz,
und ich hätte vorher niemals geglaubt, daß
ich Dich so lieb haben könnte. Wie wollte
ich jetzt mit den Stunden geizen, die ich

G 2

Liebſter Franz.

«Wir gedenken Deiner in allen unſern
Geſprächen, und ſo kurze Zeit Du auch
entfernt biſt, ſo dünkt es mich doch ſchon
recht lange. Ich kann mich immer noch in
dem Hauſe ohne Dich nicht ſchicken und fü¬
gen, alles iſt mir zu leer und doch zu enge,
ich kann nicht ſagen ob ſich das wieder än¬
dern wird. Als ich von Dir an jenem ſchö¬
nen und traurigen Morgen durch die Korn¬
felder zurückgieng, als ich alle die Stellen
wieder betrat wo ich mit Dir gegangen
war, und der Stadt mich nun immer mehr
näherte; o Franz! ich kann es Dir nicht ſa¬
gen was da mein Herz empfand. Es war
mir alles im Leben taub und ohne Reiz,
und ich hätte vorher niemals geglaubt, daß
ich Dich ſo lieb haben könnte. Wie wollte
ich jetzt mit den Stunden geizen, die ich

G 2
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[99/0110] Liebſter Franz. «Wir gedenken Deiner in allen unſern Geſprächen, und ſo kurze Zeit Du auch entfernt biſt, ſo dünkt es mich doch ſchon recht lange. Ich kann mich immer noch in dem Hauſe ohne Dich nicht ſchicken und fü¬ gen, alles iſt mir zu leer und doch zu enge, ich kann nicht ſagen ob ſich das wieder än¬ dern wird. Als ich von Dir an jenem ſchö¬ nen und traurigen Morgen durch die Korn¬ felder zurückgieng, als ich alle die Stellen wieder betrat wo ich mit Dir gegangen war, und der Stadt mich nun immer mehr näherte; o Franz! ich kann es Dir nicht ſa¬ gen was da mein Herz empfand. Es war mir alles im Leben taub und ohne Reiz, und ich hätte vorher niemals geglaubt, daß ich Dich ſo lieb haben könnte. Wie wollte ich jetzt mit den Stunden geizen, die ich G 2

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/110>, abgerufen am 06.05.2024.