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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
Lustspiele und Charakterstücke so vortrefflich auf-
führen sehn, daß dem eigensinnigsten Kenner
nichts zu wünschen übrig blieb. Ein hoher Ge-
nuß ist es, die besseren der Goldonischen Stücke
von einer guten Italiänischen Truppe sich vor-
stellen zu lassen. -- Es ist über unsre Erzählun-
gen vom Theaterwesen spät geworden, sonst
könnte ich einiges Bestimmtere davon erzählen,
aber die Damen sind müde, und es ist Zeit, schla-
fen zu gehn.

Halt! rief Lothar, ich lege erst noch meine
Regierung hiemit nieder, und überlasse es der
Republik, einen neuen Diktator zu wählen.

Auch haben wir noch gar nichts darüber
ausgemacht, sagte C[lar]a, welches der vorgelese-
nen Dramen uns am meisten, oder am wenigsten
gefallen habe.

Auch davon ein ander mal, sagte Emilie,
Du liebst es in die Nacht hinein zu wachen, und
versäumst darüber manchen schönen Morgen.

So will ich für mich wenigstes, rief Clara,
durch ein stummes Zeichen meine Meinung sa-
gen. -- Sie nahm eine Rose und überreichte
sie Theodor. Ohne jemand zu nahe treten zu
wollen, fuhr sie fort, weder dem Herrn Fortu-
nat noch Blaubart gestehe ich hiemit meine Lieb-
schaft zu dem guten, edlen Kater, und deshalb

Zweite Abtheilung.
Luſtſpiele und Charakterſtuͤcke ſo vortrefflich auf-
fuͤhren ſehn, daß dem eigenſinnigſten Kenner
nichts zu wuͤnſchen uͤbrig blieb. Ein hoher Ge-
nuß iſt es, die beſſeren der Goldoniſchen Stuͤcke
von einer guten Italiaͤniſchen Truppe ſich vor-
ſtellen zu laſſen. — Es iſt uͤber unſre Erzaͤhlun-
gen vom Theaterweſen ſpaͤt geworden, ſonſt
koͤnnte ich einiges Beſtimmtere davon erzaͤhlen,
aber die Damen ſind muͤde, und es iſt Zeit, ſchla-
fen zu gehn.

Halt! rief Lothar, ich lege erſt noch meine
Regierung hiemit nieder, und uͤberlaſſe es der
Republik, einen neuen Diktator zu waͤhlen.

Auch haben wir noch gar nichts daruͤber
ausgemacht, ſagte C[lar]a, welches der vorgeleſe-
nen Dramen uns am meiſten, oder am wenigſten
gefallen habe.

Auch davon ein ander mal, ſagte Emilie,
Du liebſt es in die Nacht hinein zu wachen, und
verſaͤumſt daruͤber manchen ſchoͤnen Morgen.

So will ich fuͤr mich wenigſtes, rief Clara,
durch ein ſtummes Zeichen meine Meinung ſa-
gen. — Sie nahm eine Roſe und uͤberreichte
ſie Theodor. Ohne jemand zu nahe treten zu
wollen, fuhr ſie fort, weder dem Herrn Fortu-
nat noch Blaubart geſtehe ich hiemit meine Lieb-
ſchaft zu dem guten, edlen Kater, und deshalb

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[521/0531] Zweite Abtheilung. Luſtſpiele und Charakterſtuͤcke ſo vortrefflich auf- fuͤhren ſehn, daß dem eigenſinnigſten Kenner nichts zu wuͤnſchen uͤbrig blieb. Ein hoher Ge- nuß iſt es, die beſſeren der Goldoniſchen Stuͤcke von einer guten Italiaͤniſchen Truppe ſich vor- ſtellen zu laſſen. — Es iſt uͤber unſre Erzaͤhlun- gen vom Theaterweſen ſpaͤt geworden, ſonſt koͤnnte ich einiges Beſtimmtere davon erzaͤhlen, aber die Damen ſind muͤde, und es iſt Zeit, ſchla- fen zu gehn. Halt! rief Lothar, ich lege erſt noch meine Regierung hiemit nieder, und uͤberlaſſe es der Republik, einen neuen Diktator zu waͤhlen. Auch haben wir noch gar nichts daruͤber ausgemacht, ſagte Clara, welches der vorgeleſe- nen Dramen uns am meiſten, oder am wenigſten gefallen habe. Auch davon ein ander mal, ſagte Emilie, Du liebſt es in die Nacht hinein zu wachen, und verſaͤumſt daruͤber manchen ſchoͤnen Morgen. So will ich fuͤr mich wenigſtes, rief Clara, durch ein ſtummes Zeichen meine Meinung ſa- gen. — Sie nahm eine Roſe und uͤberreichte ſie Theodor. Ohne jemand zu nahe treten zu wollen, fuhr ſie fort, weder dem Herrn Fortu- nat noch Blaubart geſtehe ich hiemit meine Lieb- ſchaft zu dem guten, edlen Kater, und deshalb

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/531>, abgerufen am 02.05.2024.