Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Zweite Abtheilung.
Manier des berühmten Schauspielers wegen der
Neuheit, vielleicht auch, weil das Studium mehr
hervorschimmerte, von manchen Gebildeten vor-
gezogen wurde. In dem nemlichen Stück
ward der Peter von Hasenhut vorgestellt, und
dessen Darstellung mit Weidmanns Laune verei-
nigt, gewährte mit den erfreulichsten Genuß.
Hasenhut hat sich eine Manier zu eigen gemacht,
der sich mehr oder weniger alle Charaktere, die
er übernimmt, fügen müssen, diese Manier ist
aber die lieblichste und graziöseste, die man sich
nur vorstellen kann. Von ihm möchte ich einige
Clowns des großen Englischen Dichters vorge-
stellt sehn. Eßlair ist jezt vielleicht bei uns der
einzige Heldenspieler, ich habe ihn zu wenig ge-
sehn, um ihn zu beurtheilen, so wie ich auch
nicht von Devrient sprechen kann, der ein herrli-
ches Talent zu entwickeln scheint. -- Aber ich
bin beschämt, daß ich mich so zum Schwatzen
habe hinreißen lassen, doch drängt sich uns der
rührende Gedanke auf, daß vom Werke des
Schauspielers so gar nichts übrig bleibt, als die
dankbare Erinnerung und ein ungenügendes Lob,
so werden meine Freunde mir vergeben.

Wir haben also in Deutschland, sagte Man-
fred, treffliche Künstler gehabt, besitzen noch
einige, und hoffentlich werden neue entstehn; es
liegt eben so sehr an den Dichtern, an den Di-

Zweite Abtheilung.
Manier des beruͤhmten Schauſpielers wegen der
Neuheit, vielleicht auch, weil das Studium mehr
hervorſchimmerte, von manchen Gebildeten vor-
gezogen wurde. In dem nemlichen Stuͤck
ward der Peter von Haſenhut vorgeſtellt, und
deſſen Darſtellung mit Weidmanns Laune verei-
nigt, gewaͤhrte mit den erfreulichſten Genuß.
Haſenhut hat ſich eine Manier zu eigen gemacht,
der ſich mehr oder weniger alle Charaktere, die
er uͤbernimmt, fuͤgen muͤſſen, dieſe Manier iſt
aber die lieblichſte und grazioͤſeſte, die man ſich
nur vorſtellen kann. Von ihm moͤchte ich einige
Clowns des großen Engliſchen Dichters vorge-
ſtellt ſehn. Eßlair iſt jezt vielleicht bei uns der
einzige Heldenſpieler, ich habe ihn zu wenig ge-
ſehn, um ihn zu beurtheilen, ſo wie ich auch
nicht von Devrient ſprechen kann, der ein herrli-
ches Talent zu entwickeln ſcheint. — Aber ich
bin beſchaͤmt, daß ich mich ſo zum Schwatzen
habe hinreißen laſſen, doch draͤngt ſich uns der
ruͤhrende Gedanke auf, daß vom Werke des
Schauſpielers ſo gar nichts uͤbrig bleibt, als die
dankbare Erinnerung und ein ungenuͤgendes Lob,
ſo werden meine Freunde mir vergeben.

Wir haben alſo in Deutſchland, ſagte Man-
fred, treffliche Kuͤnſtler gehabt, beſitzen noch
einige, und hoffentlich werden neue entſtehn; es
liegt eben ſo ſehr an den Dichtern, an den Di-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0528" n="518"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/>
Manier des beru&#x0364;hmten Schau&#x017F;pielers wegen der<lb/>
Neuheit, vielleicht auch, weil das Studium mehr<lb/>
hervor&#x017F;chimmerte, von manchen Gebildeten vor-<lb/>
gezogen wurde. In dem nemlichen Stu&#x0364;ck<lb/>
ward der Peter von Ha&#x017F;enhut vorge&#x017F;tellt, und<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Dar&#x017F;tellung mit Weidmanns Laune verei-<lb/>
nigt, gewa&#x0364;hrte mit den erfreulich&#x017F;ten Genuß.<lb/>
Ha&#x017F;enhut hat &#x017F;ich eine Manier zu eigen gemacht,<lb/>
der &#x017F;ich mehr oder weniger alle Charaktere, die<lb/>
er u&#x0364;bernimmt, fu&#x0364;gen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, die&#x017F;e Manier i&#x017F;t<lb/>
aber die lieblich&#x017F;te und grazio&#x0364;&#x017F;e&#x017F;te, die man &#x017F;ich<lb/>
nur vor&#x017F;tellen kann. Von ihm mo&#x0364;chte ich einige<lb/>
Clowns des großen Engli&#x017F;chen Dichters vorge-<lb/>
&#x017F;tellt &#x017F;ehn. Eßlair i&#x017F;t jezt vielleicht bei uns der<lb/>
einzige Helden&#x017F;pieler, ich habe ihn zu wenig ge-<lb/>
&#x017F;ehn, um ihn zu beurtheilen, &#x017F;o wie ich auch<lb/>
nicht von Devrient &#x017F;prechen kann, der ein herrli-<lb/>
ches Talent zu entwickeln &#x017F;cheint. &#x2014; Aber ich<lb/>
bin be&#x017F;cha&#x0364;mt, daß ich mich &#x017F;o zum Schwatzen<lb/>
habe hinreißen la&#x017F;&#x017F;en, doch dra&#x0364;ngt &#x017F;ich uns der<lb/>
ru&#x0364;hrende Gedanke auf, daß vom Werke des<lb/>
Schau&#x017F;pielers &#x017F;o gar nichts u&#x0364;brig bleibt, als die<lb/>
dankbare Erinnerung und ein ungenu&#x0364;gendes Lob,<lb/>
&#x017F;o werden meine Freunde mir vergeben.</p><lb/>
              <p>Wir haben al&#x017F;o in Deut&#x017F;chland, &#x017F;agte Man-<lb/>
fred, treffliche Ku&#x0364;n&#x017F;tler gehabt, be&#x017F;itzen noch<lb/>
einige, und hoffentlich werden neue ent&#x017F;tehn; es<lb/>
liegt eben &#x017F;o &#x017F;ehr an den Dichtern, an den Di-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[518/0528] Zweite Abtheilung. Manier des beruͤhmten Schauſpielers wegen der Neuheit, vielleicht auch, weil das Studium mehr hervorſchimmerte, von manchen Gebildeten vor- gezogen wurde. In dem nemlichen Stuͤck ward der Peter von Haſenhut vorgeſtellt, und deſſen Darſtellung mit Weidmanns Laune verei- nigt, gewaͤhrte mit den erfreulichſten Genuß. Haſenhut hat ſich eine Manier zu eigen gemacht, der ſich mehr oder weniger alle Charaktere, die er uͤbernimmt, fuͤgen muͤſſen, dieſe Manier iſt aber die lieblichſte und grazioͤſeſte, die man ſich nur vorſtellen kann. Von ihm moͤchte ich einige Clowns des großen Engliſchen Dichters vorge- ſtellt ſehn. Eßlair iſt jezt vielleicht bei uns der einzige Heldenſpieler, ich habe ihn zu wenig ge- ſehn, um ihn zu beurtheilen, ſo wie ich auch nicht von Devrient ſprechen kann, der ein herrli- ches Talent zu entwickeln ſcheint. — Aber ich bin beſchaͤmt, daß ich mich ſo zum Schwatzen habe hinreißen laſſen, doch draͤngt ſich uns der ruͤhrende Gedanke auf, daß vom Werke des Schauſpielers ſo gar nichts uͤbrig bleibt, als die dankbare Erinnerung und ein ungenuͤgendes Lob, ſo werden meine Freunde mir vergeben. Wir haben alſo in Deutſchland, ſagte Man- fred, treffliche Kuͤnſtler gehabt, beſitzen noch einige, und hoffentlich werden neue entſtehn; es liegt eben ſo ſehr an den Dichtern, an den Di-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/528
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/528>, abgerufen am 02.05.2024.