Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. König, die Leute draußen haben wenig Ceremo-niel, daß sie unser eins nicht durchlassen wollen. König. Welche Erscheinung! Welche Tracht! Was willst Du? Dietrich. Mein Herr, der Doktor ist drau- ßen, und will vorgelassen werden. König. So geht ihm geschwind entgegen, mein Freund, laßt ihn schwören, dann unterrich- tet ihn von dem Zustand der Krankheit, und führt ihn herein. (Raymund geht ab.) -- Wie? Einen Narren hält Dein Herr, wie die gemeinen Quack- salber? Dietrich. Ja, er will es nicht anders Er sagt, so gehörte sichs, so brauchten die Doktoren nicht selbst die Narren zu spielen, und seine Ein- richtung sey eine gute alte Sitte, da hat er mich dazu genommen, -- und ich, -- ach, du lieber Himmel -- ich -- König. Warum weinst Du? Dietrich. Mir gehn immer die Augen über, daß ich soll den lustigen Patron vorstellen, ich war dazu nicht geboren, Majestät, mein Schicksal war ein besseres, da ich noch die Ehre hatte, Eur Majestät einen Becher vorzusetzen, als ich beim Herrn Andalosia in Diensten war. -- Seitdem -- (weinend) ach! habe ich große und sonderbare Schick- sale erlebt -- ich war indeß -- doch, davon hat mich mein jetziger Herr, der berühmte Doktor, kurirt, -- nun muß ich mit Pritsche und Jacke drunten auf den Markt Späße machen, indessen der große Laborant seine Medikamente prä[ - 1 Zeichen fehlt]parirt -- und, habe ich nicht genug Leute herbei gelockt, lachen sie nicht brav und kaufen tüchtig, bin ich Fortunat. Koͤnig, die Leute draußen haben wenig Ceremo-niel, daß ſie unſer eins nicht durchlaſſen wollen. Koͤnig. Welche Erſcheinung! Welche Tracht! Was willſt Du? Dietrich. Mein Herr, der Doktor iſt drau- ßen, und will vorgelaſſen werden. Koͤnig. So geht ihm geſchwind entgegen, mein Freund, laßt ihn ſchwoͤren, dann unterrich- tet ihn von dem Zuſtand der Krankheit, und fuͤhrt ihn herein. (Raymund geht ab.) — Wie? Einen Narren haͤlt Dein Herr, wie die gemeinen Quack- ſalber? Dietrich. Ja, er will es nicht anders Er ſagt, ſo gehoͤrte ſichs, ſo brauchten die Doktoren nicht ſelbſt die Narren zu ſpielen, und ſeine Ein- richtung ſey eine gute alte Sitte, da hat er mich dazu genommen, — und ich, — ach, du lieber Himmel — ich — Koͤnig. Warum weinſt Du? Dietrich. Mir gehn immer die Augen uͤber, daß ich ſoll den luſtigen Patron vorſtellen, ich war dazu nicht geboren, Majeſtaͤt, mein Schickſal war ein beſſeres, da ich noch die Ehre hatte, Eur Majeſtaͤt einen Becher vorzuſetzen, als ich beim Herrn Andaloſia in Dienſten war. — Seitdem — (weinend) ach! habe ich große und ſonderbare Schick- ſale erlebt — ich war indeß — doch, davon hat mich mein jetziger Herr, der beruͤhmte Doktor, kurirt, — nun muß ich mit Pritſche und Jacke drunten auf den Markt Spaͤße machen, indeſſen der große Laborant ſeine Medikamente praͤ[ – 1 Zeichen fehlt]parirt — und, habe ich nicht genug Leute herbei gelockt, lachen ſie nicht brav und kaufen tuͤchtig, bin ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Dietrich"> <p><pb facs="#f0441" n="431"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/> Koͤnig, die Leute draußen haben wenig Ceremo-<lb/> niel, daß ſie unſer eins nicht durchlaſſen wollen.</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>Welche Erſcheinung! Welche Tracht!<lb/> Was willſt Du?</p> </sp><lb/> <sp who="#Dietrich"> <speaker><hi rendition="#g">Dietrich</hi>.</speaker> <p>Mein Herr, der Doktor iſt drau-<lb/> ßen, und will vorgelaſſen werden.</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>So geht ihm geſchwind entgegen,<lb/> mein Freund, laßt ihn ſchwoͤren, dann unterrich-<lb/> tet ihn von dem Zuſtand der Krankheit, und fuͤhrt<lb/> ihn herein. <stage>(<hi rendition="#g">Raymund</hi> geht ab.)</stage> — Wie? Einen<lb/> Narren haͤlt Dein Herr, wie die gemeinen Quack-<lb/> ſalber?</p> </sp><lb/> <sp who="#Dietrich"> <speaker><hi rendition="#g">Dietrich</hi>.</speaker> <p>Ja, er will es nicht anders Er<lb/> ſagt, ſo gehoͤrte ſichs, ſo brauchten die Doktoren<lb/> nicht ſelbſt die Narren zu ſpielen, und ſeine Ein-<lb/> richtung ſey eine gute alte Sitte, da hat er mich<lb/> dazu genommen, — und ich, — ach, du lieber<lb/> Himmel — ich —</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker> <p>Warum weinſt Du?</p> </sp><lb/> <sp who="#Dietrich"> <speaker><hi rendition="#g">Dietrich</hi>.</speaker> <p>Mir gehn immer die Augen uͤber,<lb/> daß ich ſoll den luſtigen Patron vorſtellen, ich<lb/> war dazu nicht geboren, Majeſtaͤt, mein Schickſal<lb/> war ein beſſeres, da ich noch die Ehre hatte, Eur<lb/> Majeſtaͤt einen Becher vorzuſetzen, als ich beim<lb/> Herrn Andaloſia in Dienſten war. — Seitdem —<lb/><stage>(weinend)</stage> ach! habe ich große und ſonderbare Schick-<lb/> ſale erlebt — ich war indeß — doch, davon hat<lb/> mich mein jetziger Herr, der beruͤhmte Doktor,<lb/> kurirt, — nun muß ich mit Pritſche und Jacke<lb/> drunten auf den Markt Spaͤße machen, indeſſen<lb/> der große Laborant ſeine Medikamente praͤ<gap unit="chars" quantity="1"/>parirt —<lb/> und, habe ich nicht genug Leute herbei gelockt,<lb/> lachen ſie nicht brav und kaufen tuͤchtig, bin ich<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [431/0441]
Fortunat.
Koͤnig, die Leute draußen haben wenig Ceremo-
niel, daß ſie unſer eins nicht durchlaſſen wollen.
Koͤnig. Welche Erſcheinung! Welche Tracht!
Was willſt Du?
Dietrich. Mein Herr, der Doktor iſt drau-
ßen, und will vorgelaſſen werden.
Koͤnig. So geht ihm geſchwind entgegen,
mein Freund, laßt ihn ſchwoͤren, dann unterrich-
tet ihn von dem Zuſtand der Krankheit, und fuͤhrt
ihn herein. (Raymund geht ab.) — Wie? Einen
Narren haͤlt Dein Herr, wie die gemeinen Quack-
ſalber?
Dietrich. Ja, er will es nicht anders Er
ſagt, ſo gehoͤrte ſichs, ſo brauchten die Doktoren
nicht ſelbſt die Narren zu ſpielen, und ſeine Ein-
richtung ſey eine gute alte Sitte, da hat er mich
dazu genommen, — und ich, — ach, du lieber
Himmel — ich —
Koͤnig. Warum weinſt Du?
Dietrich. Mir gehn immer die Augen uͤber,
daß ich ſoll den luſtigen Patron vorſtellen, ich
war dazu nicht geboren, Majeſtaͤt, mein Schickſal
war ein beſſeres, da ich noch die Ehre hatte, Eur
Majeſtaͤt einen Becher vorzuſetzen, als ich beim
Herrn Andaloſia in Dienſten war. — Seitdem —
(weinend) ach! habe ich große und ſonderbare Schick-
ſale erlebt — ich war indeß — doch, davon hat
mich mein jetziger Herr, der beruͤhmte Doktor,
kurirt, — nun muß ich mit Pritſche und Jacke
drunten auf den Markt Spaͤße machen, indeſſen
der große Laborant ſeine Medikamente praͤ_parirt —
und, habe ich nicht genug Leute herbei gelockt,
lachen ſie nicht brav und kaufen tuͤchtig, bin ich
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |