Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. Martin. (heimlich.) Komm, Bertha, ehe der Tumult noch größer wird; wir lassen lieber den Kerl in Stich. (laut.) Seht, wer kommt denn da auf dem hagern lahmen Maulthier angeritten? Leibarzt. Bei Gott, eine wunderbare Figur in dem alten abgetragenen Scharlachmantel! Theodor.. Und die Nase, die ungeheure Nase, die er unter dem niedergekrämpten Filz- hute trägt. Mann. Nun steigt er ab; er geht ins Wirthshaus zum rothen Elephanten. Frau. Das ist der ewige Jude, oder so ein neu aufgelebter alter Dänenkönig. Mann. Er kommt wieder aus der Thür. Leibarzt. Und hieher! (Indeß haben sich Martin und Bertha fortgeschlichen.) Andalosia tritt in wunderlicher Verkleidung auf. Frau. Das ist die Großmutter aller Nasen in der Welt. Mann. Und so schön mit Karfunkeln und Rubinen besetzt! Ein wahres Kabinetsstück. Andalosia. Was giebts, Messieurs? Aben ihr denn noch kein Medecin, kein Doktor gesehn, daß ihr so alle auffesperrt die Maul? Theodor.. Ihr seyd ein Doktor? Andalosia. Le plus grand der jetzigen siocle; komm' von Paris, wo mir die Könik, der allerchristlichste majeste so genannt, er mir in seine Arm genommen, mir geküßt, hier auf der linken Back', ein Fleck, den ick nu und nimmer wieder waschen thu, und ick ihn auferhöht und angestri- Fortunat. Martin. (heimlich.) Komm, Bertha, ehe der Tumult noch groͤßer wird; wir laſſen lieber den Kerl in Stich. (laut.) Seht, wer kommt denn da auf dem hagern lahmen Maulthier angeritten? Leibarzt. Bei Gott, eine wunderbare Figur in dem alten abgetragenen Scharlachmantel! Theodor.. Und die Naſe, die ungeheure Naſe, die er unter dem niedergekraͤmpten Filz- hute traͤgt. Mann. Nun ſteigt er ab; er geht ins Wirthshaus zum rothen Elephanten. Frau. Das iſt der ewige Jude, oder ſo ein neu aufgelebter alter Daͤnenkoͤnig. Mann. Er kommt wieder aus der Thuͤr. Leibarzt. Und hieher! (Indeß haben ſich Martin und Bertha fortgeſchlichen.) Andaloſia tritt in wunderlicher Verkleidung auf. Frau. Das iſt die Großmutter aller Naſen in der Welt. Mann. Und ſo ſchoͤn mit Karfunkeln und Rubinen beſetzt! Ein wahres Kabinetsſtuͤck. Andaloſia. Was giebts, Messieurs? Aben ihr denn noch kein Medecin, kein Doktor geſehn, daß ihr ſo alle auffeſperrt die Maul? Theodor.. Ihr ſeyd ein Doktor? Andaloſia. Le plus grand der jetzigen siòcle; komm' von Paris, wo mir die Koͤnik, der allerchriſtlichſte majesté ſo genannt, er mir in ſeine Arm genommen, mir gekuͤßt, hier auf der linken Back', ein Fleck, den ick nu und nimmer wieder waſchen thu, und ick ihn auferhoͤht und angeſtri- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0423" n="413"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/> <sp who="#Martin"> <speaker><hi rendition="#g">Martin</hi>.</speaker> <stage>(heimlich.)</stage> <p>Komm, Bertha, ehe der<lb/> Tumult noch groͤßer wird; wir laſſen lieber den<lb/> Kerl in Stich. <stage>(laut.)</stage> Seht, wer kommt denn da<lb/> auf dem hagern lahmen Maulthier angeritten?</p> </sp><lb/> <sp who="#Leibarzt"> <speaker><hi rendition="#g">Leibarzt</hi>.</speaker> <p>Bei Gott, eine wunderbare Figur<lb/> in dem alten abgetragenen Scharlachmantel!</p> </sp><lb/> <sp who="#THEO"> <speaker><hi rendition="#g">Theodor</hi>..</speaker> <p>Und die Naſe, die ungeheure<lb/> Naſe, die er unter dem niedergekraͤmpten Filz-<lb/> hute traͤgt.</p> </sp><lb/> <sp who="#Mann"> <speaker><hi rendition="#g">Mann</hi>.</speaker> <p>Nun ſteigt er ab; er geht ins<lb/> Wirthshaus zum rothen Elephanten.</p> </sp><lb/> <sp who="#Frau"> <speaker><hi rendition="#g">Frau</hi>.</speaker> <p>Das iſt der ewige Jude, oder ſo ein<lb/> neu aufgelebter alter Daͤnenkoͤnig.</p> </sp><lb/> <sp who="#Mann"> <speaker><hi rendition="#g">Mann</hi>.</speaker> <p>Er kommt wieder aus der Thuͤr.</p> </sp><lb/> <sp who="#Leibarzt"> <speaker><hi rendition="#g">Leibarzt</hi>.</speaker> <p>Und hieher!</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(Indeß haben ſich <hi rendition="#g">Martin</hi> und <hi rendition="#g">Bertha</hi> fortgeſchlichen.)</hi> </stage><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Andaloſia</hi> tritt in wunderlicher Verkleidung auf.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#Frau"> <speaker><hi rendition="#g">Frau</hi>.</speaker> <p>Das iſt die Großmutter aller Naſen<lb/> in der Welt.</p> </sp><lb/> <sp who="#Mann"> <speaker><hi rendition="#g">Mann</hi>.</speaker> <p>Und ſo ſchoͤn mit Karfunkeln und<lb/> Rubinen beſetzt! 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Fortunat.
Martin. (heimlich.) Komm, Bertha, ehe der
Tumult noch groͤßer wird; wir laſſen lieber den
Kerl in Stich. (laut.) Seht, wer kommt denn da
auf dem hagern lahmen Maulthier angeritten?
Leibarzt. Bei Gott, eine wunderbare Figur
in dem alten abgetragenen Scharlachmantel!
Theodor.. Und die Naſe, die ungeheure
Naſe, die er unter dem niedergekraͤmpten Filz-
hute traͤgt.
Mann. Nun ſteigt er ab; er geht ins
Wirthshaus zum rothen Elephanten.
Frau. Das iſt der ewige Jude, oder ſo ein
neu aufgelebter alter Daͤnenkoͤnig.
Mann. Er kommt wieder aus der Thuͤr.
Leibarzt. Und hieher!
(Indeß haben ſich Martin und Bertha fortgeſchlichen.)
Andaloſia tritt in wunderlicher Verkleidung auf.
Frau. Das iſt die Großmutter aller Naſen
in der Welt.
Mann. Und ſo ſchoͤn mit Karfunkeln und
Rubinen beſetzt! Ein wahres Kabinetsſtuͤck.
Andaloſia. Was giebts, Messieurs? Aben
ihr denn noch kein Medecin, kein Doktor geſehn,
daß ihr ſo alle auffeſperrt die Maul?
Theodor.. Ihr ſeyd ein Doktor?
Andaloſia. Le plus grand der jetzigen
siòcle; komm' von Paris, wo mir die Koͤnik, der
allerchriſtlichſte majesté ſo genannt, er mir in ſeine
Arm genommen, mir gekuͤßt, hier auf der linken
Back', ein Fleck, den ick nu und nimmer wieder
waſchen thu, und ick ihn auferhoͤht und angeſtri-
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