Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. Da tritt er wieder auf die Bühne hin. --Wer mir gesagt, ich würde meinen Zustand, Den vorigen trostlosen, bald beneiden -- Geprügelt, lederweich, mit Kieselsteinen Geworfen hätt' ich ihn, mit Fuß und Zähnen Gebissen und zerklopft, -- o, läugne nicht, Es ist zu Zeiten so erfindungsreich, So völlig unerschöpflich das Geschick, Daß noch vielleicht aus jedem dieser Hörner Mir Kirschen, oder Mandelbäume blühen, Auf eignem Grund und Boden mich zu nähren. Ha! irgendwo muß doch ehmalige Vernunft anschießen, sich verkörpern wollen, Und so geschahs in diesen langen Hörnern. So will ich denn auch die Vernunft gebrauchen, Der Kopf soll denken, mir nicht müßig ruhn, An renn' ich wüthend gegen diese Bäume -- Krach! eins! -- das hat noch nichts geholfen -- krach! Krach! wieder! aber nichts, das sitzt so fest, Daß ich mir eh'r den Nacken bräche; -- krach! Vergeblich! unerschütterlich; -- o wehe! Und mehr als weh! und lauter als Geschrei Werf' ich den Ruf hin durch die kahle Wüste, Daß wenn hier irgend eine Furie haußt, Ein Teufel höhnisch im Gebüsche lauert, Das alte schadenfrohe Reich der Nacht Im fernen Wald, in Felsenklumpen brütet, Sie sich der Angst, der Noth erbarmen mögen! O weh mir! weh! o Hülfe! Rettung! Hülfe! Ein Einsiedler kömmt. Einsiedler. Geduldig, Wesen! Was beginnst Du, Wunder? Fortunat. Da tritt er wieder auf die Buͤhne hin. —Wer mir geſagt, ich wuͤrde meinen Zuſtand, Den vorigen troſtloſen, bald beneiden — Gepruͤgelt, lederweich, mit Kieſelſteinen Geworfen haͤtt' ich ihn, mit Fuß und Zaͤhnen Gebiſſen und zerklopft, — o, laͤugne nicht, Es iſt zu Zeiten ſo erfindungsreich, So voͤllig unerſchoͤpflich das Geſchick, Daß noch vielleicht aus jedem dieſer Hoͤrner Mir Kirſchen, oder Mandelbaͤume bluͤhen, Auf eignem Grund und Boden mich zu naͤhren. Ha! irgendwo muß doch ehmalige Vernunft anſchießen, ſich verkoͤrpern wollen, Und ſo geſchahs in dieſen langen Hoͤrnern. So will ich denn auch die Vernunft gebrauchen, Der Kopf ſoll denken, mir nicht muͤßig ruhn, An renn' ich wuͤthend gegen dieſe Baͤume — Krach! eins! — das hat noch nichts geholfen — krach! Krach! wieder! aber nichts, das ſitzt ſo feſt, Daß ich mir eh'r den Nacken braͤche; — krach! Vergeblich! unerſchuͤtterlich; — o wehe! Und mehr als weh! und lauter als Geſchrei Werf' ich den Ruf hin durch die kahle Wuͤſte, Daß wenn hier irgend eine Furie haußt, Ein Teufel hoͤhniſch im Gebuͤſche lauert, Das alte ſchadenfrohe Reich der Nacht Im fernen Wald, in Felſenklumpen bruͤtet, Sie ſich der Angſt, der Noth erbarmen moͤgen! O weh mir! weh! o Huͤlfe! Rettung! Huͤlfe! Ein Einſiedler koͤmmt. Einſiedler. Geduldig, Weſen! Was beginnſt Du, Wunder? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Andaloſia"> <p><pb facs="#f0365" n="355"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fortunat</hi>.</fw><lb/> Da tritt er wieder auf die Buͤhne hin. —<lb/> Wer mir geſagt, ich wuͤrde meinen Zuſtand,<lb/> Den vorigen troſtloſen, bald beneiden —<lb/> Gepruͤgelt, lederweich, mit Kieſelſteinen<lb/> Geworfen haͤtt' ich ihn, mit Fuß und Zaͤhnen<lb/> Gebiſſen und zerklopft, — o, laͤugne nicht,<lb/> Es iſt zu Zeiten ſo erfindungsreich,<lb/> So voͤllig unerſchoͤpflich das Geſchick,<lb/> Daß noch vielleicht aus jedem dieſer Hoͤrner<lb/> Mir Kirſchen, oder Mandelbaͤume bluͤhen,<lb/> Auf eignem Grund und Boden mich zu naͤhren.<lb/> Ha! irgendwo muß doch ehmalige<lb/> Vernunft anſchießen, ſich verkoͤrpern wollen,<lb/> Und ſo geſchahs in dieſen langen Hoͤrnern.<lb/> So will ich denn auch die Vernunft gebrauchen,<lb/> Der Kopf ſoll denken, mir nicht muͤßig ruhn,<lb/> An renn' ich wuͤthend gegen dieſe Baͤume —<lb/> Krach! eins! — das hat noch nichts geholfen — krach!<lb/> Krach! wieder! aber nichts, das ſitzt ſo feſt,<lb/> Daß ich mir eh'r den Nacken braͤche; — krach!<lb/> Vergeblich! unerſchuͤtterlich; — o wehe!<lb/> Und mehr als weh! und lauter als Geſchrei<lb/> Werf' ich den Ruf hin durch die kahle Wuͤſte,<lb/> Daß wenn hier irgend eine Furie haußt,<lb/> Ein Teufel hoͤhniſch im Gebuͤſche lauert,<lb/> Das alte ſchadenfrohe Reich der Nacht<lb/> Im fernen Wald, in Felſenklumpen bruͤtet,<lb/> Sie ſich der Angſt, der Noth erbarmen moͤgen!<lb/> O weh mir! weh! o Huͤlfe! Rettung! Huͤlfe!</p><lb/> <stage> <hi rendition="#c">Ein <hi rendition="#g">Einſiedler</hi> koͤmmt.</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#Einſiedler"> <speaker><hi rendition="#g">Einſiedler</hi>.</speaker><lb/> <p>Geduldig, Weſen! Was beginnſt Du, Wunder?<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [355/0365]
Fortunat.
Da tritt er wieder auf die Buͤhne hin. —
Wer mir geſagt, ich wuͤrde meinen Zuſtand,
Den vorigen troſtloſen, bald beneiden —
Gepruͤgelt, lederweich, mit Kieſelſteinen
Geworfen haͤtt' ich ihn, mit Fuß und Zaͤhnen
Gebiſſen und zerklopft, — o, laͤugne nicht,
Es iſt zu Zeiten ſo erfindungsreich,
So voͤllig unerſchoͤpflich das Geſchick,
Daß noch vielleicht aus jedem dieſer Hoͤrner
Mir Kirſchen, oder Mandelbaͤume bluͤhen,
Auf eignem Grund und Boden mich zu naͤhren.
Ha! irgendwo muß doch ehmalige
Vernunft anſchießen, ſich verkoͤrpern wollen,
Und ſo geſchahs in dieſen langen Hoͤrnern.
So will ich denn auch die Vernunft gebrauchen,
Der Kopf ſoll denken, mir nicht muͤßig ruhn,
An renn' ich wuͤthend gegen dieſe Baͤume —
Krach! eins! — das hat noch nichts geholfen — krach!
Krach! wieder! aber nichts, das ſitzt ſo feſt,
Daß ich mir eh'r den Nacken braͤche; — krach!
Vergeblich! unerſchuͤtterlich; — o wehe!
Und mehr als weh! und lauter als Geſchrei
Werf' ich den Ruf hin durch die kahle Wuͤſte,
Daß wenn hier irgend eine Furie haußt,
Ein Teufel hoͤhniſch im Gebuͤſche lauert,
Das alte ſchadenfrohe Reich der Nacht
Im fernen Wald, in Felſenklumpen bruͤtet,
Sie ſich der Angſt, der Noth erbarmen moͤgen!
O weh mir! weh! o Huͤlfe! Rettung! Huͤlfe!
Ein Einſiedler koͤmmt.
Einſiedler.
Geduldig, Weſen! Was beginnſt Du, Wunder?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/365 |
Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/365>, abgerufen am 16.07.2024. |