Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Fortunat. Daniel. Aber es ist eine Noth, bald will er das, bald das, er macht einem mehr Unruhe als zehn andre Gäste; und was ist er denn am Ende? Ein Roßtäuscher! Wirth. Mausgehirn, unser eins steht nie auf Rang und Stand, sondern was die Leute verzeh- ren; wer die größten Rechnungen vertragen kann, der ist für den Wirth der vornehmste. Unser Wald- graf, der tagtäglich jezt hierher reitet und sich nichts als ein Glas Wasser reichen läßt, und dem man noch fußfällig danken muß, daß er einem die Gnade erzeigt zur Last zu fallen, um nichts und wieder nichts, der ist mir der Rechte! Drinnen: Daniel. Daniel. Gleich, Herr! -- da schreit er schon wieder. Drinnen: Daniel! ins Teufels Nahmen! Daniel. Nun, hört nur. Wirth. Aber warum läufst Du denn nicht auch, Tagedieb? Daniel. Es hört sich mitunter so hübsch an, wenn die Gäste sich aus der Ferne den Hals ab- schreien möchten. Wirth. (schlägt ihn.) Ich werde Dir Beine machen! Matthias kömmt. Matthias. (giebt Daniel einen Tritt.) Bären- häuter! Daniel. Heut wird ja mit doppelter Kreide angeschrieben. Ich gehe ja schon. III. [ 8 ]
Fortunat. Daniel. Aber es iſt eine Noth, bald will er das, bald das, er macht einem mehr Unruhe als zehn andre Gaͤſte; und was iſt er denn am Ende? Ein Roßtaͤuſcher! Wirth. Mausgehirn, unſer eins ſteht nie auf Rang und Stand, ſondern was die Leute verzeh- ren; wer die groͤßten Rechnungen vertragen kann, der iſt fuͤr den Wirth der vornehmſte. Unſer Wald- graf, der tagtaͤglich jezt hierher reitet und ſich nichts als ein Glas Waſſer reichen laͤßt, und dem man noch fußfaͤllig danken muß, daß er einem die Gnade erzeigt zur Laſt zu fallen, um nichts und wieder nichts, der iſt mir der Rechte! Drinnen: Daniel. Daniel. Gleich, Herr! — da ſchreit er ſchon wieder. Drinnen: Daniel! ins Teufels Nahmen! Daniel. Nun, hoͤrt nur. Wirth. Aber warum laͤufſt Du denn nicht auch, Tagedieb? Daniel. Es hoͤrt ſich mitunter ſo huͤbſch an, wenn die Gaͤſte ſich aus der Ferne den Hals ab- ſchreien moͤchten. Wirth. (ſchlaͤgt ihn.) Ich werde Dir Beine machen! Matthias koͤmmt. Matthias. (giebt Daniel einen Tritt.) Baͤren- haͤuter! Daniel. Heut wird ja mit doppelter Kreide angeſchrieben. Ich gehe ja ſchon. III. [ 8 ]
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Fortunat.
Daniel. Aber es iſt eine Noth, bald will er
das, bald das, er macht einem mehr Unruhe als
zehn andre Gaͤſte; und was iſt er denn am Ende?
Ein Roßtaͤuſcher!
Wirth. Mausgehirn, unſer eins ſteht nie auf
Rang und Stand, ſondern was die Leute verzeh-
ren; wer die groͤßten Rechnungen vertragen kann,
der iſt fuͤr den Wirth der vornehmſte. Unſer Wald-
graf, der tagtaͤglich jezt hierher reitet und ſich nichts
als ein Glas Waſſer reichen laͤßt, und dem man
noch fußfaͤllig danken muß, daß er einem die Gnade
erzeigt zur Laſt zu fallen, um nichts und wieder
nichts, der iſt mir der Rechte!
Drinnen: Daniel.
Daniel. Gleich, Herr! — da ſchreit er ſchon
wieder.
Drinnen: Daniel! ins Teufels Nahmen!
Daniel. Nun, hoͤrt nur.
Wirth. Aber warum laͤufſt Du denn nicht
auch, Tagedieb?
Daniel. Es hoͤrt ſich mitunter ſo huͤbſch an,
wenn die Gaͤſte ſich aus der Ferne den Hals ab-
ſchreien moͤchten.
Wirth. (ſchlaͤgt ihn.) Ich werde Dir Beine
machen!
Matthias koͤmmt.
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haͤuter!
Daniel. Heut wird ja mit doppelter Kreide
angeſchrieben. Ich gehe ja ſchon.
III. [ 8 ]
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/123>, abgerufen am 16.07.2024. |