Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Zweite Abtheilung. Ich mit Verdruß verloren achten muste?Wie dank' ich Euch der Gabe, schöne Frau? Lady. Gar wunderlich hat es sich zugetragen, Im festen Schrank, verwahrt mit vielen Schlössern War das Geschmeide sicher sonst bewahrt, Dort fand es nicht der tücksche Mordgeselle, Wir suchten nach, und nirgend ward's entdeckt: Zufällig nur, als ich die Tisch' und Schränke Mir anders ordne, in ein heller Zimmer Ein groß altfränkisch Bett mir lasse stellen, Da findet sich ein kleiner Wandschrank unter Dem Bettgestell, den ich sonst nie gekannt, Der kaum bemerkbar war, und künstlich nur Von angedrückter Feder sich eröffnet, Dahin war dieser Schmuck verborgen worden Von meinem übervorsichtigen Mann. Erschreckt, erstaunt, in Rührung und in Freude Nahm ich die Stein' und eilte her zum Thron, Beglückt, den lezten, fernsten Argwohn so Von meines Mannes Grabmal zu vertilgen. König. O lebt' er, seine Treue zu belohnen! Doch schöne Frau, mit Worten nur allein Dankt nie ein König, Eure Tugend, Schönheit, Eu'r Unglück in so früher blüh'nder Jugend Verdient Mitleid, Belohnung: nehmt von mir Den edlen Ritter Herbert zum Gemahl, Der Euch schon längst gekannt, geehrt, geliebt, So weit sein edles Herz Euch lieben durfte; Zweite Abtheilung. Ich mit Verdruß verloren achten muſte?Wie dank' ich Euch der Gabe, ſchoͤne Frau? Lady. Gar wunderlich hat es ſich zugetragen, Im feſten Schrank, verwahrt mit vielen Schloͤſſern War das Geſchmeide ſicher ſonſt bewahrt, Dort fand es nicht der tuͤckſche Mordgeſelle, Wir ſuchten nach, und nirgend ward's entdeckt: Zufaͤllig nur, als ich die Tiſch' und Schraͤnke Mir anders ordne, in ein heller Zimmer Ein groß altfraͤnkiſch Bett mir laſſe ſtellen, Da findet ſich ein kleiner Wandſchrank unter Dem Bettgeſtell, den ich ſonſt nie gekannt, Der kaum bemerkbar war, und kuͤnſtlich nur Von angedruͤckter Feder ſich eroͤffnet, Dahin war dieſer Schmuck verborgen worden Von meinem uͤbervorſichtigen Mann. Erſchreckt, erſtaunt, in Ruͤhrung und in Freude Nahm ich die Stein' und eilte her zum Thron, Begluͤckt, den lezten, fernſten Argwohn ſo Von meines Mannes Grabmal zu vertilgen. Koͤnig. O lebt' er, ſeine Treue zu belohnen! Doch ſchoͤne Frau, mit Worten nur allein Dankt nie ein Koͤnig, Eure Tugend, Schoͤnheit, Eu'r Ungluͤck in ſo fruͤher bluͤh'nder Jugend Verdient Mitleid, Belohnung: nehmt von mir Den edlen Ritter Herbert zum Gemahl, Der Euch ſchon laͤngſt gekannt, geehrt, geliebt, So weit ſein edles Herz Euch lieben durfte; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#Koͤnig"> <p><pb facs="#f0116" n="106"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Ich mit Verdruß verloren achten muſte?<lb/> Wie dank' ich Euch der Gabe, ſchoͤne Frau?</p> </sp><lb/> <sp who="#Lady"> <speaker><hi rendition="#g">Lady</hi>.</speaker><lb/> <p>Gar wunderlich hat es ſich zugetragen,<lb/> Im feſten Schrank, verwahrt mit vielen Schloͤſſern<lb/> War das Geſchmeide ſicher ſonſt bewahrt,<lb/> Dort fand es nicht der tuͤckſche Mordgeſelle,<lb/> Wir ſuchten nach, und nirgend ward's entdeckt:<lb/> Zufaͤllig nur, als ich die Tiſch' und Schraͤnke<lb/> Mir anders ordne, in ein heller Zimmer<lb/> Ein groß altfraͤnkiſch Bett mir laſſe ſtellen,<lb/> Da findet ſich ein kleiner Wandſchrank unter<lb/> Dem Bettgeſtell, den ich ſonſt nie gekannt,<lb/> Der kaum bemerkbar war, und kuͤnſtlich nur<lb/> Von angedruͤckter Feder ſich eroͤffnet,<lb/> Dahin war dieſer Schmuck verborgen worden<lb/> Von meinem uͤbervorſichtigen Mann.<lb/> Erſchreckt, erſtaunt, in Ruͤhrung und in Freude<lb/> Nahm ich die Stein' und eilte her zum Thron,<lb/> Begluͤckt, den lezten, fernſten Argwohn ſo<lb/> Von meines Mannes Grabmal zu vertilgen.</p> </sp><lb/> <sp who="#Koͤnig"> <speaker><hi rendition="#g">Koͤnig</hi>.</speaker><lb/> <p>O lebt' er, ſeine Treue zu belohnen!<lb/> Doch ſchoͤne Frau, mit Worten nur allein<lb/> Dankt nie ein Koͤnig, Eure Tugend, Schoͤnheit,<lb/> Eu'r Ungluͤck in ſo fruͤher bluͤh'nder Jugend<lb/> Verdient Mitleid, Belohnung: nehmt von mir<lb/> Den edlen Ritter Herbert zum Gemahl,<lb/> Der Euch ſchon laͤngſt gekannt, geehrt, geliebt,<lb/> So weit ſein edles Herz Euch lieben durfte;<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [106/0116]
Zweite Abtheilung.
Ich mit Verdruß verloren achten muſte?
Wie dank' ich Euch der Gabe, ſchoͤne Frau?
Lady.
Gar wunderlich hat es ſich zugetragen,
Im feſten Schrank, verwahrt mit vielen Schloͤſſern
War das Geſchmeide ſicher ſonſt bewahrt,
Dort fand es nicht der tuͤckſche Mordgeſelle,
Wir ſuchten nach, und nirgend ward's entdeckt:
Zufaͤllig nur, als ich die Tiſch' und Schraͤnke
Mir anders ordne, in ein heller Zimmer
Ein groß altfraͤnkiſch Bett mir laſſe ſtellen,
Da findet ſich ein kleiner Wandſchrank unter
Dem Bettgeſtell, den ich ſonſt nie gekannt,
Der kaum bemerkbar war, und kuͤnſtlich nur
Von angedruͤckter Feder ſich eroͤffnet,
Dahin war dieſer Schmuck verborgen worden
Von meinem uͤbervorſichtigen Mann.
Erſchreckt, erſtaunt, in Ruͤhrung und in Freude
Nahm ich die Stein' und eilte her zum Thron,
Begluͤckt, den lezten, fernſten Argwohn ſo
Von meines Mannes Grabmal zu vertilgen.
Koͤnig.
O lebt' er, ſeine Treue zu belohnen!
Doch ſchoͤne Frau, mit Worten nur allein
Dankt nie ein Koͤnig, Eure Tugend, Schoͤnheit,
Eu'r Ungluͤck in ſo fruͤher bluͤh'nder Jugend
Verdient Mitleid, Belohnung: nehmt von mir
Den edlen Ritter Herbert zum Gemahl,
Der Euch ſchon laͤngſt gekannt, geehrt, geliebt,
So weit ſein edles Herz Euch lieben durfte;
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