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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.

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Zweite Abtheilung.
Daß ich so glücklich war an seiner Brust,
Dann rauf' ich auch von neuem dieses Haar,
So wie anjezt, dann gieß' ich wieder Thränen,
Wie sie von neuem fließen, schlage stürmend
An diese Brust, und frage drinn das Herz
Ob es noch immer, immer leben kann?
L. Sand.
Nur nicht verzweifeln, nicht so wilden Gram,
Denn Du zerstörst Dich selbst in dieser Trauer.
L. Oldfield.
Und giebt es Schmerz der dem Verlust zu groß,
Ein Weheschrein, das zu gewaltig wäre?
Verdiente nicht der Todte, was die Liebe
Aus vollster Macht zum Opfer bringen kann?
Und will ich leben? -- Leben? -- Was heißt le-
ben?
Wie ich ihn liebte lieb' ich jezt sein Grab,
Der Tod ist mir ein lieber Brautbewerber,
Willkommen also Schmerz, der mich zerstört!
L. Sand.
Geliebte Freundinn, sollte denn kein Glück
Je mehr für Dich auf dieser Erde blühn?
L. Oldfield.
Es ward vom Sturm der Baum zerstört, ent-
wurzelt.
L. Sand.
Ich liebte so wie Du, verlor wie Du,
Und trauerte, und wurde wieder glücklich.
L. Oldfield.
Beglückter Leichtsinn, den ich nimmer tadle,
Doch mir hat die Natur ihn nicht vergönnt.

Zweite Abtheilung.
Daß ich ſo gluͤcklich war an ſeiner Bruſt,
Dann rauf' ich auch von neuem dieſes Haar,
So wie anjezt, dann gieß' ich wieder Thraͤnen,
Wie ſie von neuem fließen, ſchlage ſtuͤrmend
An dieſe Bruſt, und frage drinn das Herz
Ob es noch immer, immer leben kann?
L. Sand.
Nur nicht verzweifeln, nicht ſo wilden Gram,
Denn Du zerſtoͤrſt Dich ſelbſt in dieſer Trauer.
L. Oldfield.
Und giebt es Schmerz der dem Verluſt zu groß,
Ein Weheſchrein, das zu gewaltig waͤre?
Verdiente nicht der Todte, was die Liebe
Aus vollſter Macht zum Opfer bringen kann?
Und will ich leben? — Leben? — Was heißt le-
ben?
Wie ich ihn liebte lieb' ich jezt ſein Grab,
Der Tod iſt mir ein lieber Brautbewerber,
Willkommen alſo Schmerz, der mich zerſtoͤrt!
L. Sand.
Geliebte Freundinn, ſollte denn kein Gluͤck
Je mehr fuͤr Dich auf dieſer Erde bluͤhn?
L. Oldfield.
Es ward vom Sturm der Baum zerſtoͤrt, ent-
wurzelt.
L. Sand.
Ich liebte ſo wie Du, verlor wie Du,
Und trauerte, und wurde wieder gluͤcklich.
L. Oldfield.
Begluͤckter Leichtſinn, den ich nimmer tadle,
Doch mir hat die Natur ihn nicht vergoͤnnt.

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[98/0108] Zweite Abtheilung. Daß ich ſo gluͤcklich war an ſeiner Bruſt, Dann rauf' ich auch von neuem dieſes Haar, So wie anjezt, dann gieß' ich wieder Thraͤnen, Wie ſie von neuem fließen, ſchlage ſtuͤrmend An dieſe Bruſt, und frage drinn das Herz Ob es noch immer, immer leben kann? L. Sand. Nur nicht verzweifeln, nicht ſo wilden Gram, Denn Du zerſtoͤrſt Dich ſelbſt in dieſer Trauer. L. Oldfield. Und giebt es Schmerz der dem Verluſt zu groß, Ein Weheſchrein, das zu gewaltig waͤre? Verdiente nicht der Todte, was die Liebe Aus vollſter Macht zum Opfer bringen kann? Und will ich leben? — Leben? — Was heißt le- ben? Wie ich ihn liebte lieb' ich jezt ſein Grab, Der Tod iſt mir ein lieber Brautbewerber, Willkommen alſo Schmerz, der mich zerſtoͤrt! L. Sand. Geliebte Freundinn, ſollte denn kein Gluͤck Je mehr fuͤr Dich auf dieſer Erde bluͤhn? L. Oldfield. Es ward vom Sturm der Baum zerſtoͤrt, ent- wurzelt. L. Sand. Ich liebte ſo wie Du, verlor wie Du, Und trauerte, und wurde wieder gluͤcklich. L. Oldfield. Begluͤckter Leichtſinn, den ich nimmer tadle, Doch mir hat die Natur ihn nicht vergoͤnnt.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus03_1816/108>, abgerufen am 23.11.2024.