Caspar. Da sind wir immer denselben Weg vom Thurm um den Wall gegangen, da haben wir mal im Forst einem Haasen aufgelauert, da hat Euch das Fräulein von den Römischen Bur- gemeistern und von Troja vorgelesen, und so einen Tag wie alle Tage, und damit seid Ihr gleichsam hier ganz eingerostet, Herr.
Hans. Und du glaubst an keine bösen Ahn- dungen, Caspar?
Caspar. Man kann eben nicht wissen, wie es damit ist, und darum glaub ich halt nicht daran, Herr: seht, das ist so mein Grundsatz darüber.
Hans. Hast recht, Caspar, wenn man es sich genau überlegt. -- Nun, so lebt wohl! -- Ade, meine Tochter, denk fleißig an meine Leh- ren. -- Komm, Caspar, hilf mir zu Pferd. (beide gehn ab.)
Brigitte. (allein) Vor Leopold soll ich mich hüten? -- Dann muß man sich gewiß vor allen Menschen hüten, auch vor den allerbesten, denn er ist doch die Liebe und Unschuld selbst. Aber das Alter sieht alles mit andern Augen an, und die Jugend weiß darüber nicht, was sie denken soll. (geht ab.)
Zweite Abtheilung.
Caspar. Da ſind wir immer denſelben Weg vom Thurm um den Wall gegangen, da haben wir mal im Forſt einem Haaſen aufgelauert, da hat Euch das Fraͤulein von den Roͤmiſchen Bur- gemeiſtern und von Troja vorgeleſen, und ſo einen Tag wie alle Tage, und damit ſeid Ihr gleichſam hier ganz eingeroſtet, Herr.
Hans. Und du glaubſt an keine boͤſen Ahn- dungen, Caspar?
Caspar. Man kann eben nicht wiſſen, wie es damit iſt, und darum glaub ich halt nicht daran, Herr: ſeht, das iſt ſo mein Grundſatz daruͤber.
Hans. Haſt recht, Caspar, wenn man es ſich genau uͤberlegt. — Nun, ſo lebt wohl! — Ade, meine Tochter, denk fleißig an meine Leh- ren. — Komm, Caspar, hilf mir zu Pferd. (beide gehn ab.)
Brigitte. (allein) Vor Leopold ſoll ich mich huͤten? — Dann muß man ſich gewiß vor allen Menſchen huͤten, auch vor den allerbeſten, denn er iſt doch die Liebe und Unſchuld ſelbſt. Aber das Alter ſieht alles mit andern Augen an, und die Jugend weiß daruͤber nicht, was ſie denken ſoll. (geht ab.)
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Zweite Abtheilung.
Caspar. Da ſind wir immer denſelben Weg
vom Thurm um den Wall gegangen, da haben
wir mal im Forſt einem Haaſen aufgelauert, da
hat Euch das Fraͤulein von den Roͤmiſchen Bur-
gemeiſtern und von Troja vorgeleſen, und ſo einen
Tag wie alle Tage, und damit ſeid Ihr gleichſam
hier ganz eingeroſtet, Herr.
Hans. Und du glaubſt an keine boͤſen Ahn-
dungen, Caspar?
Caspar. Man kann eben nicht wiſſen, wie
es damit iſt, und darum glaub ich halt nicht daran,
Herr: ſeht, das iſt ſo mein Grundſatz daruͤber.
Hans. Haſt recht, Caspar, wenn man es
ſich genau uͤberlegt. — Nun, ſo lebt wohl! —
Ade, meine Tochter, denk fleißig an meine Leh-
ren. — Komm, Caspar, hilf mir zu Pferd. (beide
gehn ab.)
Brigitte. (allein) Vor Leopold ſoll ich mich
huͤten? — Dann muß man ſich gewiß vor allen
Menſchen huͤten, auch vor den allerbeſten, denn
er iſt doch die Liebe und Unſchuld ſelbſt. Aber
das Alter ſieht alles mit andern Augen an, und
die Jugend weiß daruͤber nicht, was ſie denken
ſoll. (geht ab.)
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/61>, abgerufen am 16.02.2025.
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