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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Däumchen.
Mit Blitzeshast durch Herz mir und Gedanken,
Die alte Prophezeiung geht mir auf,
Vom Merlin selbst, dem Weisen, uns gegeben:
Ein Zwerg, -- steht er nicht hier vor meinen Augen?
Die Stiefeln, die so oft ich nennen hörte,
Er spricht davon, -- sprich, Kobold, Geist, Gespenst,
Was deuten deine Wort', und wer bist du?
Thoms.
Ein armer Bauernknabe, hoher König,
Der nimmermehr gewagt vor dich zu treten,
Wenn nicht ein seltsam märchenhafter Zufall
Ihm wundervolle Zauberstiefeln gab,
Mit denen er in jedem Schritt zurück mißt
Vollständig sieben Meilen. Schwerbedrängt
Ist unser Land, die Heeresmacht getrennt,
Vielleicht kann jetzt ein klug gesprochnes Wort,
Blitzschnelle Nachricht und Vereinigung
Die gute Sache fördern, darum sprich,
Absende mich, gleich bin ich wieder hier,
Und der Erfolg bewährt dir meine Rede.
Artus.
Ja, könntest du wahr machen, was du sagst!
Mein Neffe Gawein steht im Westgebirge;
Ich weiß nicht siegt er, ist er wohl geschlagen.
Thoms.
Gleich bring ich dir die sichre Kunde, Fürst. (ab.)
Artus.
Wie sollt es möglich seyn? Ist es kein Traum?
Doch leben wir ja in der Zeit der Wunder,
Wir lesen ja in Chronik und Gedicht,
Daͤumchen.
Mit Blitzeshaſt durch Herz mir und Gedanken,
Die alte Prophezeiung geht mir auf,
Vom Merlin ſelbſt, dem Weiſen, uns gegeben:
Ein Zwerg, — ſteht er nicht hier vor meinen Augen?
Die Stiefeln, die ſo oft ich nennen hoͤrte,
Er ſpricht davon, — ſprich, Kobold, Geiſt, Geſpenſt,
Was deuten deine Wort', und wer biſt du?
Thoms.
Ein armer Bauernknabe, hoher Koͤnig,
Der nimmermehr gewagt vor dich zu treten,
Wenn nicht ein ſeltſam maͤrchenhafter Zufall
Ihm wundervolle Zauberſtiefeln gab,
Mit denen er in jedem Schritt zuruͤck mißt
Vollſtaͤndig ſieben Meilen. Schwerbedraͤngt
Iſt unſer Land, die Heeresmacht getrennt,
Vielleicht kann jetzt ein klug geſprochnes Wort,
Blitzſchnelle Nachricht und Vereinigung
Die gute Sache foͤrdern, darum ſprich,
Abſende mich, gleich bin ich wieder hier,
Und der Erfolg bewaͤhrt dir meine Rede.
Artus.
Ja, koͤnnteſt du wahr machen, was du ſagſt!
Mein Neffe Gawein ſteht im Weſtgebirge;
Ich weiß nicht ſiegt er, iſt er wohl geſchlagen.
Thoms.
Gleich bring ich dir die ſichre Kunde, Fuͤrſt. (ab.)
Artus.
Wie ſollt es moͤglich ſeyn? Iſt es kein Traum?
Doch leben wir ja in der Zeit der Wunder,
Wir leſen ja in Chronik und Gedicht,
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[523/0532] Daͤumchen. Mit Blitzeshaſt durch Herz mir und Gedanken, Die alte Prophezeiung geht mir auf, Vom Merlin ſelbſt, dem Weiſen, uns gegeben: Ein Zwerg, — ſteht er nicht hier vor meinen Augen? Die Stiefeln, die ſo oft ich nennen hoͤrte, Er ſpricht davon, — ſprich, Kobold, Geiſt, Geſpenſt, Was deuten deine Wort', und wer biſt du? Thoms. Ein armer Bauernknabe, hoher Koͤnig, Der nimmermehr gewagt vor dich zu treten, Wenn nicht ein ſeltſam maͤrchenhafter Zufall Ihm wundervolle Zauberſtiefeln gab, Mit denen er in jedem Schritt zuruͤck mißt Vollſtaͤndig ſieben Meilen. Schwerbedraͤngt Iſt unſer Land, die Heeresmacht getrennt, Vielleicht kann jetzt ein klug geſprochnes Wort, Blitzſchnelle Nachricht und Vereinigung Die gute Sache foͤrdern, darum ſprich, Abſende mich, gleich bin ich wieder hier, Und der Erfolg bewaͤhrt dir meine Rede. Artus. Ja, koͤnnteſt du wahr machen, was du ſagſt! Mein Neffe Gawein ſteht im Weſtgebirge; Ich weiß nicht ſiegt er, iſt er wohl geſchlagen. Thoms. Gleich bring ich dir die ſichre Kunde, Fuͤrſt. (ab.) Artus. Wie ſollt es moͤglich ſeyn? Iſt es kein Traum? Doch leben wir ja in der Zeit der Wunder, Wir leſen ja in Chronik und Gedicht,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/532>, abgerufen am 28.11.2024.