Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Zweite Abtheilung. Puppen an im Gegentheil zu vernünftig und re-gelmäßig zu werden. Eine Ankündigung, welche den Doktor Faust versprach, lockte mich einst nebst zwei meiner Bekannten in ein Wirthshaus. Wir hörten aber beim Eintritt, daß das Spiel nicht vor sich gehen werde, weil der Entrepren- neur versäumt habe, die Erlaubniß einzuholen, auch war der Saal leer und nur im Hinter- grunde wandelte, unzufrieden wie es schien, ein Mann auf und ab, den wir für den Direkteur hielten, wofür er sich auch gleich zu erkennen gab, als er sich zu uns gesellte. Er schalt über die verweigerte Erlaubniß, wir beklagten sein Schauspiel entbehren zu müssen, worauf er uns nach einigen prüfenden Blicken fragte: ob wir nicht ebenfalls Puppenspieler wären? Wir ver- neinten es, er aber, gegen den einen meiner Be- gleiter gewandt, welcher ein Philosoph war, rief aus: ei! ei! Sie erkenn ich ja wieder, ich habe Sie in Regensburg spielen sehn! Der launige Mann, welcher zur Fröhlichkeit gestimmt war, läugnete nicht länger, worauf der Künstler zu- traulicher fortfuhr: ich, meine Herren, habe mich in meinen Puppenspielen immer von dem gemei- nen Haufen auszuzeichnen gesucht, und das Werk mit Verstand und Ueberlegung geführt; ich ge- stehe gern, ich bin kein Feind vom Hanswurst, o nein, aber wo er hingehört. In lustigen Sa- chen, in Geschichten, die einen frölichen Aus- gang haben, da mag der gute Mensch immerhin Zweite Abtheilung. Puppen an im Gegentheil zu vernuͤnftig und re-gelmaͤßig zu werden. Eine Ankuͤndigung, welche den Doktor Fauſt verſprach, lockte mich einſt nebſt zwei meiner Bekannten in ein Wirthshaus. Wir hoͤrten aber beim Eintritt, daß das Spiel nicht vor ſich gehen werde, weil der Entrepren- neur verſaͤumt habe, die Erlaubniß einzuholen, auch war der Saal leer und nur im Hinter- grunde wandelte, unzufrieden wie es ſchien, ein Mann auf und ab, den wir fuͤr den Direkteur hielten, wofuͤr er ſich auch gleich zu erkennen gab, als er ſich zu uns geſellte. Er ſchalt uͤber die verweigerte Erlaubniß, wir beklagten ſein Schauſpiel entbehren zu muͤſſen, worauf er uns nach einigen pruͤfenden Blicken fragte: ob wir nicht ebenfalls Puppenſpieler waͤren? Wir ver- neinten es, er aber, gegen den einen meiner Be- gleiter gewandt, welcher ein Philoſoph war, rief aus: ei! ei! Sie erkenn ich ja wieder, ich habe Sie in Regensburg ſpielen ſehn! Der launige Mann, welcher zur Froͤhlichkeit geſtimmt war, laͤugnete nicht laͤnger, worauf der Kuͤnſtler zu- traulicher fortfuhr: ich, meine Herren, habe mich in meinen Puppenſpielen immer von dem gemei- nen Haufen auszuzeichnen geſucht, und das Werk mit Verſtand und Ueberlegung gefuͤhrt; ich ge- ſtehe gern, ich bin kein Feind vom Hanswurſt, o nein, aber wo er hingehoͤrt. In luſtigen Sa- chen, in Geſchichten, die einen froͤlichen Aus- gang haben, da mag der gute Menſch immerhin <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0431" n="422"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweite Abtheilung</hi>.</fw><lb/> Puppen an im Gegentheil zu vernuͤnftig und re-<lb/> gelmaͤßig zu werden. Eine Ankuͤndigung, welche<lb/> den Doktor Fauſt verſprach, lockte mich einſt<lb/> nebſt zwei meiner Bekannten in ein Wirthshaus.<lb/> Wir hoͤrten aber beim Eintritt, daß das Spiel<lb/> nicht vor ſich gehen werde, weil der Entrepren-<lb/> neur verſaͤumt habe, die Erlaubniß einzuholen,<lb/> auch war der Saal leer und nur im Hinter-<lb/> grunde wandelte, unzufrieden wie es ſchien, ein<lb/> Mann auf und ab, den wir fuͤr den Direkteur<lb/> hielten, wofuͤr er ſich auch gleich zu erkennen<lb/> gab, als er ſich zu uns geſellte. Er ſchalt uͤber<lb/> die verweigerte Erlaubniß, wir beklagten ſein<lb/> Schauſpiel entbehren zu muͤſſen, worauf er uns<lb/> nach einigen pruͤfenden Blicken fragte: ob wir<lb/> nicht ebenfalls Puppenſpieler waͤren? Wir ver-<lb/> neinten es, er aber, gegen den einen meiner Be-<lb/> gleiter gewandt, welcher ein Philoſoph war, rief<lb/> aus: ei! ei! Sie erkenn ich ja wieder, ich habe<lb/> Sie in Regensburg ſpielen ſehn! Der launige<lb/> Mann, welcher zur Froͤhlichkeit geſtimmt war,<lb/> laͤugnete nicht laͤnger, worauf der Kuͤnſtler zu-<lb/> traulicher fortfuhr: ich, meine Herren, habe mich<lb/> in meinen Puppenſpielen immer von dem gemei-<lb/> nen Haufen auszuzeichnen geſucht, und das Werk<lb/> mit Verſtand und Ueberlegung gefuͤhrt; ich ge-<lb/> ſtehe gern, ich bin kein Feind vom Hanswurſt,<lb/> o nein, aber wo er hingehoͤrt. In luſtigen Sa-<lb/> chen, in Geſchichten, die einen froͤlichen Aus-<lb/> gang haben, da mag der gute Menſch immerhin<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [422/0431]
Zweite Abtheilung.
Puppen an im Gegentheil zu vernuͤnftig und re-
gelmaͤßig zu werden. Eine Ankuͤndigung, welche
den Doktor Fauſt verſprach, lockte mich einſt
nebſt zwei meiner Bekannten in ein Wirthshaus.
Wir hoͤrten aber beim Eintritt, daß das Spiel
nicht vor ſich gehen werde, weil der Entrepren-
neur verſaͤumt habe, die Erlaubniß einzuholen,
auch war der Saal leer und nur im Hinter-
grunde wandelte, unzufrieden wie es ſchien, ein
Mann auf und ab, den wir fuͤr den Direkteur
hielten, wofuͤr er ſich auch gleich zu erkennen
gab, als er ſich zu uns geſellte. Er ſchalt uͤber
die verweigerte Erlaubniß, wir beklagten ſein
Schauſpiel entbehren zu muͤſſen, worauf er uns
nach einigen pruͤfenden Blicken fragte: ob wir
nicht ebenfalls Puppenſpieler waͤren? Wir ver-
neinten es, er aber, gegen den einen meiner Be-
gleiter gewandt, welcher ein Philoſoph war, rief
aus: ei! ei! Sie erkenn ich ja wieder, ich habe
Sie in Regensburg ſpielen ſehn! Der launige
Mann, welcher zur Froͤhlichkeit geſtimmt war,
laͤugnete nicht laͤnger, worauf der Kuͤnſtler zu-
traulicher fortfuhr: ich, meine Herren, habe mich
in meinen Puppenſpielen immer von dem gemei-
nen Haufen auszuzeichnen geſucht, und das Werk
mit Verſtand und Ueberlegung gefuͤhrt; ich ge-
ſtehe gern, ich bin kein Feind vom Hanswurſt,
o nein, aber wo er hingehoͤrt. In luſtigen Sa-
chen, in Geſchichten, die einen froͤlichen Aus-
gang haben, da mag der gute Menſch immerhin
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