das Hohle und Leere, die gespannte Empfind- samkeit, Unglück und mißverstandne Tugend, Kummer und Hunger, die Rührung in den Spielenden wie in den Zuhörern hervor brin- gen: diese Dinge, welche niemals auf das Thea- ter hätten kommen sollen, sind Ursach, daß die darstellenden Talente immer mehr verschwinden.
Auf der andern Seite, sagte Friedrich, die Pracht der Dekorationen und Schaugepränge, oder wollüstige Tänze, welche immer mehr die staunende und grobe Sinnlichkeit des Menschen in Anspruch nehmen, unsre Theater in wahre kindische Kuckkasten verwandeln, und bald die letzte Spur von Kunst auslöschen werden.
Diese Sucht nach Armseligkeiten, fuhr Ernst fort, hat sich in allen Ländern verbreitet, und verdrängt immer mehr das Theater vom Thea- ter. Die unglückliche Form und Einrichtung unsrer Bühne hat die Sache möglich und leicht gemacht, und bald wird sie nur zu Krönungs- Aufzügen, Sonnentempeln und widersinnigen Tänzen gebraucht werden. Es ist gewiß lächer- lich, daß in manchen Städten die Kleidungen der Theater-Fürsten in der Kostbarkeit die der wirklichen erreichen, daß diese Prachtgewänder im Kreise zwischen bemahlter Leinwand herum geschleppt werden, welche wieder ansehnliche Sum- men kostet, um ein Gemählde darzustellen, wel- ches nur aus einem einzigen Punkte richtig und täuschend seyn kann, indessen die Logen zwischen
II. [ 27 ]
Zweite Abtheilung.
das Hohle und Leere, die geſpannte Empfind- ſamkeit, Ungluͤck und mißverſtandne Tugend, Kummer und Hunger, die Ruͤhrung in den Spielenden wie in den Zuhoͤrern hervor brin- gen: dieſe Dinge, welche niemals auf das Thea- ter haͤtten kommen ſollen, ſind Urſach, daß die darſtellenden Talente immer mehr verſchwinden.
Auf der andern Seite, ſagte Friedrich, die Pracht der Dekorationen und Schaugepraͤnge, oder wolluͤſtige Taͤnze, welche immer mehr die ſtaunende und grobe Sinnlichkeit des Menſchen in Anſpruch nehmen, unſre Theater in wahre kindiſche Kuckkaſten verwandeln, und bald die letzte Spur von Kunſt ausloͤſchen werden.
Dieſe Sucht nach Armſeligkeiten, fuhr Ernſt fort, hat ſich in allen Laͤndern verbreitet, und verdraͤngt immer mehr das Theater vom Thea- ter. Die ungluͤckliche Form und Einrichtung unſrer Buͤhne hat die Sache moͤglich und leicht gemacht, und bald wird ſie nur zu Kroͤnungs- Aufzuͤgen, Sonnentempeln und widerſinnigen Taͤnzen gebraucht werden. Es iſt gewiß laͤcher- lich, daß in manchen Staͤdten die Kleidungen der Theater-Fuͤrſten in der Koſtbarkeit die der wirklichen erreichen, daß dieſe Prachtgewaͤnder im Kreiſe zwiſchen bemahlter Leinwand herum geſchleppt werden, welche wieder anſehnliche Sum- men koſtet, um ein Gemaͤhlde darzuſtellen, wel- ches nur aus einem einzigen Punkte richtig und taͤuſchend ſeyn kann, indeſſen die Logen zwiſchen
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Zweite Abtheilung.
das Hohle und Leere, die geſpannte Empfind-
ſamkeit, Ungluͤck und mißverſtandne Tugend,
Kummer und Hunger, die Ruͤhrung in den
Spielenden wie in den Zuhoͤrern hervor brin-
gen: dieſe Dinge, welche niemals auf das Thea-
ter haͤtten kommen ſollen, ſind Urſach, daß die
darſtellenden Talente immer mehr verſchwinden.
Auf der andern Seite, ſagte Friedrich, die
Pracht der Dekorationen und Schaugepraͤnge,
oder wolluͤſtige Taͤnze, welche immer mehr die
ſtaunende und grobe Sinnlichkeit des Menſchen
in Anſpruch nehmen, unſre Theater in wahre
kindiſche Kuckkaſten verwandeln, und bald die
letzte Spur von Kunſt ausloͤſchen werden.
Dieſe Sucht nach Armſeligkeiten, fuhr Ernſt
fort, hat ſich in allen Laͤndern verbreitet, und
verdraͤngt immer mehr das Theater vom Thea-
ter. Die ungluͤckliche Form und Einrichtung
unſrer Buͤhne hat die Sache moͤglich und leicht
gemacht, und bald wird ſie nur zu Kroͤnungs-
Aufzuͤgen, Sonnentempeln und widerſinnigen
Taͤnzen gebraucht werden. Es iſt gewiß laͤcher-
lich, daß in manchen Staͤdten die Kleidungen
der Theater-Fuͤrſten in der Koſtbarkeit die der
wirklichen erreichen, daß dieſe Prachtgewaͤnder
im Kreiſe zwiſchen bemahlter Leinwand herum
geſchleppt werden, welche wieder anſehnliche Sum-
men koſtet, um ein Gemaͤhlde darzuſtellen, wel-
ches nur aus einem einzigen Punkte richtig und
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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/426>, abgerufen am 25.11.2024.
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