Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.Die verkehrte Welt. Ich will mein altes Königreich besitzen,Wo nicht, auf edle Art dem Feind erliegen. (geht ab.) Sechste Scene. (Einsamer Felsen im Meer. Nacht.) Seelmann, ein Soldat, oben auf dem Felsen. Wie furchtbar hohl das Meer tief unten wallt, Die dunkle Einsamkeit ertönt vom Klange Der Meereswogen, die der Wind bewegt. Warum bin ich allein zurück geblieben, Da alle Rettung fanden aus der Schlacht? Nun harr ich lange schon auf diesem Felsen, Ob meine Augen nicht ein Schiff erspähn, Das von der öden Klippe mich erlöse. Du hellgestirnter Himmel, der mein Leid Schon oft gesehn, oft mein Gebet gehört, Laß endlich der Befreiung Stunde nahn. Das wilde Meer ist taub und unerbittlich, Es sendet keinen Menschen mir zur Hülfe, Kein Fischernachen schwimmt herbei, ach kein Zerbrechlich Fahrzeug! ja, ich möchte mich Dem Brett, der schwachen Stange gern vertraun. Ach, wer noch nie die Einsamkeit empfand, Wen seine Freunde niemals noch verließen, Ja wer auch ohne Freund nur lebt bei Menschen, Die verkehrte Welt. Ich will mein altes Koͤnigreich beſitzen,Wo nicht, auf edle Art dem Feind erliegen. (geht ab.) Sechſte Scene. (Einſamer Felſen im Meer. Nacht.) Seelmann, ein Soldat, oben auf dem Felſen. Wie furchtbar hohl das Meer tief unten wallt, Die dunkle Einſamkeit ertoͤnt vom Klange Der Meereswogen, die der Wind bewegt. Warum bin ich allein zuruͤck geblieben, Da alle Rettung fanden aus der Schlacht? Nun harr ich lange ſchon auf dieſem Felſen, Ob meine Augen nicht ein Schiff erſpaͤhn, Das von der oͤden Klippe mich erloͤſe. Du hellgeſtirnter Himmel, der mein Leid Schon oft geſehn, oft mein Gebet gehoͤrt, Laß endlich der Befreiung Stunde nahn. Das wilde Meer iſt taub und unerbittlich, Es ſendet keinen Menſchen mir zur Huͤlfe, Kein Fiſchernachen ſchwimmt herbei, ach kein Zerbrechlich Fahrzeug! ja, ich moͤchte mich Dem Brett, der ſchwachen Stange gern vertraun. Ach, wer noch nie die Einſamkeit empfand, Wen ſeine Freunde niemals noch verließen, Ja wer auch ohne Freund nur lebt bei Menſchen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#APO"> <p><pb facs="#f0364" n="355"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die verkehrte Welt</hi>.</fw><lb/> Ich will mein altes Koͤnigreich beſitzen,<lb/> Wo nicht, auf edle Art dem Feind erliegen.</p><lb/> <stage> <hi rendition="#et">(geht ab.)</hi> </stage> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sechſte Scene</hi>.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(<hi rendition="#g">Einſamer Felſen im Meer. Nacht</hi>.)</hi> </stage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <sp who="#SEELM"> <speaker><hi rendition="#g">Seelmann</hi>,</speaker> <stage>ein Soldat, oben auf dem Felſen.</stage><lb/> <p>Wie furchtbar hohl das Meer tief unten wallt,<lb/> Die dunkle Einſamkeit ertoͤnt vom Klange<lb/> Der Meereswogen, die der Wind bewegt.<lb/> Warum bin ich allein zuruͤck geblieben,<lb/> Da alle Rettung fanden aus der Schlacht?<lb/> Nun harr ich lange ſchon auf dieſem Felſen,<lb/> Ob meine Augen nicht ein Schiff erſpaͤhn,<lb/> Das von der oͤden Klippe mich erloͤſe.<lb/> Du hellgeſtirnter Himmel, der mein Leid<lb/> Schon oft geſehn, oft mein Gebet gehoͤrt,<lb/> Laß endlich der Befreiung Stunde nahn.<lb/> Das wilde Meer iſt taub und unerbittlich,<lb/> Es ſendet keinen Menſchen mir zur Huͤlfe,<lb/> Kein Fiſchernachen ſchwimmt herbei, ach kein<lb/> Zerbrechlich Fahrzeug! ja, ich moͤchte mich<lb/> Dem Brett, der ſchwachen Stange gern vertraun.<lb/> Ach, wer noch nie die Einſamkeit empfand,<lb/> Wen ſeine Freunde niemals noch verließen,<lb/> Ja wer auch ohne Freund nur lebt bei Menſchen,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [355/0364]
Die verkehrte Welt.
Ich will mein altes Koͤnigreich beſitzen,
Wo nicht, auf edle Art dem Feind erliegen.
(geht ab.)
Sechſte Scene.
(Einſamer Felſen im Meer. Nacht.)
Seelmann, ein Soldat, oben auf dem Felſen.
Wie furchtbar hohl das Meer tief unten wallt,
Die dunkle Einſamkeit ertoͤnt vom Klange
Der Meereswogen, die der Wind bewegt.
Warum bin ich allein zuruͤck geblieben,
Da alle Rettung fanden aus der Schlacht?
Nun harr ich lange ſchon auf dieſem Felſen,
Ob meine Augen nicht ein Schiff erſpaͤhn,
Das von der oͤden Klippe mich erloͤſe.
Du hellgeſtirnter Himmel, der mein Leid
Schon oft geſehn, oft mein Gebet gehoͤrt,
Laß endlich der Befreiung Stunde nahn.
Das wilde Meer iſt taub und unerbittlich,
Es ſendet keinen Menſchen mir zur Huͤlfe,
Kein Fiſchernachen ſchwimmt herbei, ach kein
Zerbrechlich Fahrzeug! ja, ich moͤchte mich
Dem Brett, der ſchwachen Stange gern vertraun.
Ach, wer noch nie die Einſamkeit empfand,
Wen ſeine Freunde niemals noch verließen,
Ja wer auch ohne Freund nur lebt bei Menſchen,
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