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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.

Ja Tantalus wird wohl den Apfel noch erschnappen,
Und Sisyphus den Stein in seinem Fall ertappen,
Eh' es dem Menschengeist nach seinem Wunsch ge-
lingt,
Daß er Dein ganzes Lob aus voller Kehle singt.
Wohl mag sich Pegasus im höchsten Aether baden,
Doch wenn er will dein Lob auf seinen Rücken
laden,
Ja Herkules dazu, das glaubt mir auf mein Wort,
Sie werden beide lahm, sie bringen es nicht fort:
Und doch ist dieser Mann der Stärkst' im Land
gewesen,
Und hatte Kraft genug den Atlas abzulösen;
Auch wenn die Musen neun sich alle fügen sollten,
Daß sie Dein Lob im Chor poetisch singen wollten:
So bist Du Musengott, die Musen dienen Dir,
Und Dichtkunst hat durch Dich erst ihre wahre
Zier.
Darum versuchen wir, im stummberedten Schweigen,
Wie wir Dir huldigen, am besten noch zu zeigen.
Drum, wer nur schweigen kann, erhebe heut Dich
laut,
Bis nach Monduntergang die Morgendämmrung
graut.
Sieh denn auf unser Herz und nicht auf unser
Maul,
So mehr jens thätig ist, so mehr erscheint dies faul.

(Verbeugung, geht ab.)
Skaramuz. Das war gut. Man hat mich
lange nicht so zweckmäßig gelobt. -- Wer hat das
gemacht?

Zweite Abtheilung.

Ja Tantalus wird wohl den Apfel noch erſchnappen,
Und Siſyphus den Stein in ſeinem Fall ertappen,
Eh' es dem Menſchengeiſt nach ſeinem Wunſch ge-
lingt,
Daß er Dein ganzes Lob aus voller Kehle ſingt.
Wohl mag ſich Pegaſus im hoͤchſten Aether baden,
Doch wenn er will dein Lob auf ſeinen Ruͤcken
laden,
Ja Herkules dazu, das glaubt mir auf mein Wort,
Sie werden beide lahm, ſie bringen es nicht fort:
Und doch iſt dieſer Mann der Staͤrkſt' im Land
geweſen,
Und hatte Kraft genug den Atlas abzuloͤſen;
Auch wenn die Muſen neun ſich alle fuͤgen ſollten,
Daß ſie Dein Lob im Chor poetiſch ſingen wollten:
So biſt Du Muſengott, die Muſen dienen Dir,
Und Dichtkunſt hat durch Dich erſt ihre wahre
Zier.
Darum verſuchen wir, im ſtummberedten Schweigen,
Wie wir Dir huldigen, am beſten noch zu zeigen.
Drum, wer nur ſchweigen kann, erhebe heut Dich
laut,
Bis nach Monduntergang die Morgendaͤmmrung
graut.
Sieh denn auf unſer Herz und nicht auf unſer
Maul,
So mehr jens thaͤtig iſt, ſo mehr erſcheint dies faul.

(Verbeugung, geht ab.)
Skaramuz. Das war gut. Man hat mich
lange nicht ſo zweckmaͤßig gelobt. — Wer hat das
gemacht?

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[314/0323] Zweite Abtheilung. Ja Tantalus wird wohl den Apfel noch erſchnappen, Und Siſyphus den Stein in ſeinem Fall ertappen, Eh' es dem Menſchengeiſt nach ſeinem Wunſch ge- lingt, Daß er Dein ganzes Lob aus voller Kehle ſingt. Wohl mag ſich Pegaſus im hoͤchſten Aether baden, Doch wenn er will dein Lob auf ſeinen Ruͤcken laden, Ja Herkules dazu, das glaubt mir auf mein Wort, Sie werden beide lahm, ſie bringen es nicht fort: Und doch iſt dieſer Mann der Staͤrkſt' im Land geweſen, Und hatte Kraft genug den Atlas abzuloͤſen; Auch wenn die Muſen neun ſich alle fuͤgen ſollten, Daß ſie Dein Lob im Chor poetiſch ſingen wollten: So biſt Du Muſengott, die Muſen dienen Dir, Und Dichtkunſt hat durch Dich erſt ihre wahre Zier. Darum verſuchen wir, im ſtummberedten Schweigen, Wie wir Dir huldigen, am beſten noch zu zeigen. Drum, wer nur ſchweigen kann, erhebe heut Dich laut, Bis nach Monduntergang die Morgendaͤmmrung graut. Sieh denn auf unſer Herz und nicht auf unſer Maul, So mehr jens thaͤtig iſt, ſo mehr erſcheint dies faul. (Verbeugung, geht ab.) Skaramuz. Das war gut. Man hat mich lange nicht ſo zweckmaͤßig gelobt. — Wer hat das gemacht?

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/323>, abgerufen am 22.11.2024.