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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Der gestiefelte Kater.
Fischer. Ja, Euer Dichter ist der rechte Kerl.
Hanswurst. Nicht wahr, er ist nichts werth?
Müller. Gar nichts, Hanswurst, es ist mir
lieb, daß Sie die Einsicht haben.
Hanswurst. Nun, das freut mich von Her-
zen, daß noch jemand anders meinen Geschmack hat.
Das Parterr. O wir alle, wir alle, kei-
ner denkt anders.
Hanswurst. Gehorsamer Diener, gar zu
viele Ehre. -- Ja, es ist, weiß Gott, ein elender
Dichter, -- nur, um ein schlechtes Beispiel zu ge-
ben: welche armselige Rolle hat er mir zugetheilt?
Wo bin ich denn witzig und spaßhaft? Ich komme
in so wenigen Scenen vor, und ich glaube, wenn
ich nicht noch jetzt durch einen glücklichen Zufall
heraus getreten wäre, ich erschiene gar nicht wieder.
Dichter (hervorstürzend) Unverschämter Mensch
--
Hanswurst. Sehn Sie? Sogar auf die
kleine Rolle, die ich jetzt spiele, ist er neidisch.
Dichter. (auf der andern Seite des Theaters, mit
einer Verbeugung).
Verehrungswürdige! ich hätte es
nie wagen dürfen, diesem Manne eine größere Rolle
zu geben, da ich Ihren Geschmack kenne --
Hanswurst (auf der andern Seite). Ihren
Ge-
schmack! -- Nun sehn Sie den Neid. -- Und so
eben haben Sie erklärt, daß mein Geschmack und
der Ihrige in Einer Form gegossen seyen.
Dichter. Ich wollte Sie durch gegenwärti-
ges Stück nur vorerst zu noch ausschweifenderen
Geburten der Phantasie vorbereiten.
Alle im Parterr. Wie? -- Was?

Der geſtiefelte Kater.
Fiſcher. Ja, Euer Dichter iſt der rechte Kerl.
Hanswurſt. Nicht wahr, er iſt nichts werth?
Muͤller. Gar nichts, Hanswurſt, es iſt mir
lieb, daß Sie die Einſicht haben.
Hanswurſt. Nun, das freut mich von Her-
zen, daß noch jemand anders meinen Geſchmack hat.
Das Parterr. O wir alle, wir alle, kei-
ner denkt anders.
Hanswurſt. Gehorſamer Diener, gar zu
viele Ehre. — Ja, es iſt, weiß Gott, ein elender
Dichter, — nur, um ein ſchlechtes Beiſpiel zu ge-
ben: welche armſelige Rolle hat er mir zugetheilt?
Wo bin ich denn witzig und ſpaßhaft? Ich komme
in ſo wenigen Scenen vor, und ich glaube, wenn
ich nicht noch jetzt durch einen gluͤcklichen Zufall
heraus getreten waͤre, ich erſchiene gar nicht wieder.
Dichter (hervorſtuͤrzend) Unverſchaͤmter Menſch
Hanswurſt. Sehn Sie? Sogar auf die
kleine Rolle, die ich jetzt ſpiele, iſt er neidiſch.
Dichter. (auf der andern Seite des Theaters, mit
einer Verbeugung).
Verehrungswuͤrdige! ich haͤtte es
nie wagen duͤrfen, dieſem Manne eine groͤßere Rolle
zu geben, da ich Ihren Geſchmack kenne —
Hanswurſt (auf der andern Seite). Ihren
Ge-
ſchmack! — Nun ſehn Sie den Neid. — Und ſo
eben haben Sie erklaͤrt, daß mein Geſchmack und
der Ihrige in Einer Form gegoſſen ſeyen.
Dichter. Ich wollte Sie durch gegenwaͤrti-
ges Stuͤck nur vorerſt zu noch ausſchweifenderen
Geburten der Phantaſie vorbereiten.
Alle im Parterr. Wie? — Was?

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[215/0224] Der geſtiefelte Kater. Fiſcher. Ja, Euer Dichter iſt der rechte Kerl. Hanswurſt. Nicht wahr, er iſt nichts werth? Muͤller. Gar nichts, Hanswurſt, es iſt mir lieb, daß Sie die Einſicht haben. Hanswurſt. Nun, das freut mich von Her- zen, daß noch jemand anders meinen Geſchmack hat. Das Parterr. O wir alle, wir alle, kei- ner denkt anders. Hanswurſt. Gehorſamer Diener, gar zu viele Ehre. — Ja, es iſt, weiß Gott, ein elender Dichter, — nur, um ein ſchlechtes Beiſpiel zu ge- ben: welche armſelige Rolle hat er mir zugetheilt? Wo bin ich denn witzig und ſpaßhaft? Ich komme in ſo wenigen Scenen vor, und ich glaube, wenn ich nicht noch jetzt durch einen gluͤcklichen Zufall heraus getreten waͤre, ich erſchiene gar nicht wieder. Dichter (hervorſtuͤrzend) Unverſchaͤmter Menſch — Hanswurſt. Sehn Sie? Sogar auf die kleine Rolle, die ich jetzt ſpiele, iſt er neidiſch. Dichter. (auf der andern Seite des Theaters, mit einer Verbeugung). Verehrungswuͤrdige! ich haͤtte es nie wagen duͤrfen, dieſem Manne eine groͤßere Rolle zu geben, da ich Ihren Geſchmack kenne — Hanswurſt (auf der andern Seite). Ihren Ge- ſchmack! — Nun ſehn Sie den Neid. — Und ſo eben haben Sie erklaͤrt, daß mein Geſchmack und der Ihrige in Einer Form gegoſſen ſeyen. Dichter. Ich wollte Sie durch gegenwaͤrti- ges Stuͤck nur vorerſt zu noch ausſchweifenderen Geburten der Phantaſie vorbereiten. Alle im Parterr. Wie? — Was?

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/224>, abgerufen am 07.05.2024.