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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

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Zweite Abtheilung.
den. So vergingen die Stunden. Nach Tische
sagte Clara: in diesem kalten, herbstähnlichen
Wetter, könnte man melankolisch werden; Frie-
drich sitzt tiefsinnig auf seinem Zimmer und
schreibt, Lothar hat sich in seiner Leidenschaft
fürs Theater zu Pferde aufgemacht, um im Städt-
chen ein Schauspiel aufführen zu sehn; was fan-
gen wir übrigen nur heut an? Heut sollten uns
die Herren etwas recht Lustiges, Seltsames vor-
tragen, dergleichen Zeug, wie ich immer mit
Wohlgefallen in Gherardis Italiänischem Thea-
ter gelesen habe, das in seinen Possen die ganze
Welt nach meiner Meinung anmuthig parodirt.

Eben so, sagte Theodor, ist mir der Ulys-
ses von Ithaka von Holberg erschienen. Ich
biete Ihnen heut an, so viel ich von dieser
Art besitze, eine lustige Composition, die ganz
Schaum und leichter Scherz ist, und die Sie
nicht ernsthafter nehmen müssen, als sie gemeint
ist; doch kann man wohl nicht leicht über das
Theater scherzen, ohne zugleich über die Welt
zu scherzen, denn beides fließt, vorzüglich in un-
sern Tagen, sehr in einander. Unser Manfred
wird an dieses Gewebe, welches ich Ihnen vor-
lege, und das ehemals meinen Freunden unter-
haltend dünkte, ein ähnliches fügen, denn heut,
so scheint es, behalten wir für unsre Vorlesun-
gen Zeit genug übrig.

Er nahm sein Manuskript und fing an:

Der
Zweite Abtheilung.
den. So vergingen die Stunden. Nach Tiſche
ſagte Clara: in dieſem kalten, herbſtaͤhnlichen
Wetter, koͤnnte man melankoliſch werden; Frie-
drich ſitzt tiefſinnig auf ſeinem Zimmer und
ſchreibt, Lothar hat ſich in ſeiner Leidenſchaft
fuͤrs Theater zu Pferde aufgemacht, um im Staͤdt-
chen ein Schauſpiel auffuͤhren zu ſehn; was fan-
gen wir uͤbrigen nur heut an? Heut ſollten uns
die Herren etwas recht Luſtiges, Seltſames vor-
tragen, dergleichen Zeug, wie ich immer mit
Wohlgefallen in Gherardis Italiaͤniſchem Thea-
ter geleſen habe, das in ſeinen Poſſen die ganze
Welt nach meiner Meinung anmuthig parodirt.

Eben ſo, ſagte Theodor, iſt mir der Ulyſ-
ſes von Ithaka von Holberg erſchienen. Ich
biete Ihnen heut an, ſo viel ich von dieſer
Art beſitze, eine luſtige Compoſition, die ganz
Schaum und leichter Scherz iſt, und die Sie
nicht ernſthafter nehmen muͤſſen, als ſie gemeint
iſt; doch kann man wohl nicht leicht uͤber das
Theater ſcherzen, ohne zugleich uͤber die Welt
zu ſcherzen, denn beides fließt, vorzuͤglich in un-
ſern Tagen, ſehr in einander. Unſer Manfred
wird an dieſes Gewebe, welches ich Ihnen vor-
lege, und das ehemals meinen Freunden unter-
haltend duͤnkte, ein aͤhnliches fuͤgen, denn heut,
ſo ſcheint es, behalten wir fuͤr unſre Vorleſun-
gen Zeit genug uͤbrig.

Er nahm ſein Manuſkript und fing an:

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[144/0153] Zweite Abtheilung. den. So vergingen die Stunden. Nach Tiſche ſagte Clara: in dieſem kalten, herbſtaͤhnlichen Wetter, koͤnnte man melankoliſch werden; Frie- drich ſitzt tiefſinnig auf ſeinem Zimmer und ſchreibt, Lothar hat ſich in ſeiner Leidenſchaft fuͤrs Theater zu Pferde aufgemacht, um im Staͤdt- chen ein Schauſpiel auffuͤhren zu ſehn; was fan- gen wir uͤbrigen nur heut an? Heut ſollten uns die Herren etwas recht Luſtiges, Seltſames vor- tragen, dergleichen Zeug, wie ich immer mit Wohlgefallen in Gherardis Italiaͤniſchem Thea- ter geleſen habe, das in ſeinen Poſſen die ganze Welt nach meiner Meinung anmuthig parodirt. Eben ſo, ſagte Theodor, iſt mir der Ulyſ- ſes von Ithaka von Holberg erſchienen. Ich biete Ihnen heut an, ſo viel ich von dieſer Art beſitze, eine luſtige Compoſition, die ganz Schaum und leichter Scherz iſt, und die Sie nicht ernſthafter nehmen muͤſſen, als ſie gemeint iſt; doch kann man wohl nicht leicht uͤber das Theater ſcherzen, ohne zugleich uͤber die Welt zu ſcherzen, denn beides fließt, vorzuͤglich in un- ſern Tagen, ſehr in einander. Unſer Manfred wird an dieſes Gewebe, welches ich Ihnen vor- lege, und das ehemals meinen Freunden unter- haltend duͤnkte, ein aͤhnliches fuͤgen, denn heut, ſo ſcheint es, behalten wir fuͤr unſre Vorleſun- gen Zeit genug uͤbrig. Er nahm ſein Manuſkript und fing an: Der

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/153>, abgerufen am 25.11.2024.