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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Die schöne Magelone.
durch den Garten, und die Bäume rauschten mun-
ter und fröhlich, aber Peter ward dadurch nur
desto betrübter.

O ich Treuloser! ich Undankbarer, rief er aus,
will ich so ihre Liebe belohnen, will ich als ein
Meineidiger in mein Vaterland zurück kehren? Das
wäre mir ein schlechter Ruhm unter meinen Ver-
wandten und der ganze Ritterschaft; und wie sollte
ich gegen Magelonen die Augen aufschlagen dürfen,
wenn sie noch lebt? Und warum sollte sie nicht
leben, da ich so wunderbar erhalten bin? O ich
bin ein feiger Sklave, daß ich für mich selber noch
nichts gewagt habe! Warum überlaß ich mich
nicht dem gütigen Schicksal, und fahre in einem
dieser Nachen in das Meer hinein? Ueberließ ich
mich nicht auf einem zerbrochenen Brette der em-
pörten Fluth, und kam an dies Gestade? Soll ich
nicht auf Gott vertraun, wenn von Vaterland,
wenn von meiner Liebe die Rede ist?

Er stieg beherzt in ein kleines Boot, das er
vom Lande ablöste, dann nahm er ein Ruder und
arbeitete sich in die See hinein. Es war die schönste
Sommernacht; alle Gestirne sahen freundlich in die
mondbeglänzte Welt hinein, das Meer war eine stille
ebene Fläche, und warme Lüfte spielten über dem
ruhigen Spiegel hin. Peters Herz ward groß von
Sehnsucht, er überließ sich dem Zufall und den
Sternen, und ruderte muthig weiter; da hörte
er das verabredete Zeichen, eine Zither erklang
aus dem Garten her, und eine liebliche Stimme
sang dazu:


Die ſchoͤne Magelone.
durch den Garten, und die Baͤume rauſchten mun-
ter und froͤhlich, aber Peter ward dadurch nur
deſto betruͤbter.

O ich Treuloſer! ich Undankbarer, rief er aus,
will ich ſo ihre Liebe belohnen, will ich als ein
Meineidiger in mein Vaterland zuruͤck kehren? Das
waͤre mir ein ſchlechter Ruhm unter meinen Ver-
wandten und der ganze Ritterſchaft; und wie ſollte
ich gegen Magelonen die Augen aufſchlagen duͤrfen,
wenn ſie noch lebt? Und warum ſollte ſie nicht
leben, da ich ſo wunderbar erhalten bin? O ich
bin ein feiger Sklave, daß ich fuͤr mich ſelber noch
nichts gewagt habe! Warum uͤberlaß ich mich
nicht dem guͤtigen Schickſal, und fahre in einem
dieſer Nachen in das Meer hinein? Ueberließ ich
mich nicht auf einem zerbrochenen Brette der em-
poͤrten Fluth, und kam an dies Geſtade? Soll ich
nicht auf Gott vertraun, wenn von Vaterland,
wenn von meiner Liebe die Rede iſt?

Er ſtieg beherzt in ein kleines Boot, das er
vom Lande abloͤſte, dann nahm er ein Ruder und
arbeitete ſich in die See hinein. Es war die ſchoͤnſte
Sommernacht; alle Geſtirne ſahen freundlich in die
mondbeglaͤnzte Welt hinein, das Meer war eine ſtille
ebene Flaͤche, und warme Luͤfte ſpielten uͤber dem
ruhigen Spiegel hin. Peters Herz ward groß von
Sehnſucht, er uͤberließ ſich dem Zufall und den
Sternen, und ruderte muthig weiter; da hoͤrte
er das verabredete Zeichen, eine Zither erklang
aus dem Garten her, und eine liebliche Stimme
ſang dazu:


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[379/0390] Die ſchoͤne Magelone. durch den Garten, und die Baͤume rauſchten mun- ter und froͤhlich, aber Peter ward dadurch nur deſto betruͤbter. O ich Treuloſer! ich Undankbarer, rief er aus, will ich ſo ihre Liebe belohnen, will ich als ein Meineidiger in mein Vaterland zuruͤck kehren? Das waͤre mir ein ſchlechter Ruhm unter meinen Ver- wandten und der ganze Ritterſchaft; und wie ſollte ich gegen Magelonen die Augen aufſchlagen duͤrfen, wenn ſie noch lebt? Und warum ſollte ſie nicht leben, da ich ſo wunderbar erhalten bin? O ich bin ein feiger Sklave, daß ich fuͤr mich ſelber noch nichts gewagt habe! Warum uͤberlaß ich mich nicht dem guͤtigen Schickſal, und fahre in einem dieſer Nachen in das Meer hinein? Ueberließ ich mich nicht auf einem zerbrochenen Brette der em- poͤrten Fluth, und kam an dies Geſtade? Soll ich nicht auf Gott vertraun, wenn von Vaterland, wenn von meiner Liebe die Rede iſt? Er ſtieg beherzt in ein kleines Boot, das er vom Lande abloͤſte, dann nahm er ein Ruder und arbeitete ſich in die See hinein. Es war die ſchoͤnſte Sommernacht; alle Geſtirne ſahen freundlich in die mondbeglaͤnzte Welt hinein, das Meer war eine ſtille ebene Flaͤche, und warme Luͤfte ſpielten uͤber dem ruhigen Spiegel hin. Peters Herz ward groß von Sehnſucht, er uͤberließ ſich dem Zufall und den Sternen, und ruderte muthig weiter; da hoͤrte er das verabredete Zeichen, eine Zither erklang aus dem Garten her, und eine liebliche Stimme ſang dazu:

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/390>, abgerufen am 22.11.2024.