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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Liebeszauber.
duftende grüne und bunte Kränze schlangen sich
um die Säulen, und reizend war der Anblick, als
die Braut sich jetzt mit holdseliger Bewegung zwi-
schen dem Schimmer der Blumen, neben den Ti-
schen und Säulen wandelnd bewegte, das Ganze
prüfend überschaute, und dann verschwand, und
höher hinauf noch einmal wieder erschien, um ihr
Zimmer zu öffnen. Sie ist das reizendste und
schönste Mädchen, das ich je gekannt habe! rief
Anderson aus: unser Freund ist glücklich!

Selbst ihre Blässe, nahm der Offizier das
Wort, erhöht ihre Schönheit; die braunen Augen
blitzen über den bleichen Wangen und unter den
dunkeln Haaren so mächtiger hervor, und diese
wunderbare, fast brennende Röthe der Lippen macht
ihr Angesicht zu einem wahrhaft zauberischen Bilde.

Der Schein stiller Melankolie, sagte Ander-
son, welcher sie umgiebt, umfließt sie wie mit ho-
her Majestät.

Der Bräutigam trat zu ihnen, und fragte nach
Roderich; sie hatten ihn alle schon längst vermißt
und konnten nicht begreifen, wo er sich aufhalten
möchte. Alle gingen, um ihn zu suchen. Er ist
unten im Saal, sagte endlich ein junger Mensch,
den sie ebenfalls fragten, zwischen allen Bedienten
und Kutschern, denen er Kartenkünste macht, die
sie nicht genug bewundern können. Sie traten
hinein und unterbrachen die schallende Verwunde-
rung der Dienerschaft, indeß sich Roderich nicht
stören ließ, sondern frei in seinen magischen Kunst-
stücken fortfuhr. Als er geendigt hatte ging er

Liebeszauber.
duftende gruͤne und bunte Kraͤnze ſchlangen ſich
um die Saͤulen, und reizend war der Anblick, als
die Braut ſich jetzt mit holdſeliger Bewegung zwi-
ſchen dem Schimmer der Blumen, neben den Ti-
ſchen und Saͤulen wandelnd bewegte, das Ganze
pruͤfend uͤberſchaute, und dann verſchwand, und
hoͤher hinauf noch einmal wieder erſchien, um ihr
Zimmer zu oͤffnen. Sie iſt das reizendſte und
ſchoͤnſte Maͤdchen, das ich je gekannt habe! rief
Anderſon aus: unſer Freund iſt gluͤcklich!

Selbſt ihre Blaͤſſe, nahm der Offizier das
Wort, erhoͤht ihre Schoͤnheit; die braunen Augen
blitzen uͤber den bleichen Wangen und unter den
dunkeln Haaren ſo maͤchtiger hervor, und dieſe
wunderbare, faſt brennende Roͤthe der Lippen macht
ihr Angeſicht zu einem wahrhaft zauberiſchen Bilde.

Der Schein ſtiller Melankolie, ſagte Ander-
ſon, welcher ſie umgiebt, umfließt ſie wie mit ho-
her Majeſtaͤt.

Der Braͤutigam trat zu ihnen, und fragte nach
Roderich; ſie hatten ihn alle ſchon laͤngſt vermißt
und konnten nicht begreifen, wo er ſich aufhalten
moͤchte. Alle gingen, um ihn zu ſuchen. Er iſt
unten im Saal, ſagte endlich ein junger Menſch,
den ſie ebenfalls fragten, zwiſchen allen Bedienten
und Kutſchern, denen er Kartenkuͤnſte macht, die
ſie nicht genug bewundern koͤnnen. Sie traten
hinein und unterbrachen die ſchallende Verwunde-
rung der Dienerſchaft, indeß ſich Roderich nicht
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ſtuͤcken fortfuhr. Als er geendigt hatte ging er

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[301/0312] Liebeszauber. duftende gruͤne und bunte Kraͤnze ſchlangen ſich um die Saͤulen, und reizend war der Anblick, als die Braut ſich jetzt mit holdſeliger Bewegung zwi- ſchen dem Schimmer der Blumen, neben den Ti- ſchen und Saͤulen wandelnd bewegte, das Ganze pruͤfend uͤberſchaute, und dann verſchwand, und hoͤher hinauf noch einmal wieder erſchien, um ihr Zimmer zu oͤffnen. Sie iſt das reizendſte und ſchoͤnſte Maͤdchen, das ich je gekannt habe! rief Anderſon aus: unſer Freund iſt gluͤcklich! Selbſt ihre Blaͤſſe, nahm der Offizier das Wort, erhoͤht ihre Schoͤnheit; die braunen Augen blitzen uͤber den bleichen Wangen und unter den dunkeln Haaren ſo maͤchtiger hervor, und dieſe wunderbare, faſt brennende Roͤthe der Lippen macht ihr Angeſicht zu einem wahrhaft zauberiſchen Bilde. Der Schein ſtiller Melankolie, ſagte Ander- ſon, welcher ſie umgiebt, umfließt ſie wie mit ho- her Majeſtaͤt. Der Braͤutigam trat zu ihnen, und fragte nach Roderich; ſie hatten ihn alle ſchon laͤngſt vermißt und konnten nicht begreifen, wo er ſich aufhalten moͤchte. Alle gingen, um ihn zu ſuchen. Er iſt unten im Saal, ſagte endlich ein junger Menſch, den ſie ebenfalls fragten, zwiſchen allen Bedienten und Kutſchern, denen er Kartenkuͤnſte macht, die ſie nicht genug bewundern koͤnnen. Sie traten hinein und unterbrachen die ſchallende Verwunde- rung der Dienerſchaft, indeß ſich Roderich nicht ſtoͤren ließ, ſondern frei in ſeinen magiſchen Kunſt- ſtuͤcken fortfuhr. Als er geendigt hatte ging er

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/312>, abgerufen am 25.11.2024.