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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Erste Abtheilung.
Froh und lustig zwischen Steinen
Geht der Jüngling auf die Jagd,
Seine Beute muß erscheinen
In den grünlebendgen Hainen,
Sucht' er auch bis in die Nacht.
Seine treuen Hunde bellen
Durch die schöne Einsamkeit,
Durch den Wald die Hörner gellen,
Daß die Herzen muthig schwellen:
O du schöne Jägerzeit!
Seine Heimath sind die Klüfte,
Alle Bäume grüßen ihn,
Rauschen strenge Herbsteslüfte
Find't er Hirsch und Reh, die Schlüfte
Muß er jauchzend dann durchziehn.
Laß dem Landmann seine Mühen
Und dem Schiffer nur sein Meer
Keiner sieht in Morgens Frühen
So Aurora's Augen glühn,
Hängt der Thau am Grase schwer,
Als wer Jagd, Wild, Wälder kennet
Und Diana lacht ihn an,
Einst das schönste Bild entbrennet
Die er seine Liebste nennet:
O beglückter Jägersmann!

Während dieses Gesanges war die Sonne tie-
fer gesunken und breite Schatten fielen durch das
enge Thal. Eine kühlende Dämmerung schlich über
den Boden weg, und nur noch die Wipfel der
Bäume, wie die runden Bergspitzen waren vom
Schein des Abends vergoldet. Christians Gemüth

ward
Erſte Abtheilung.
Froh und luſtig zwiſchen Steinen
Geht der Juͤngling auf die Jagd,
Seine Beute muß erſcheinen
In den gruͤnlebendgen Hainen,
Sucht' er auch bis in die Nacht.
Seine treuen Hunde bellen
Durch die ſchoͤne Einſamkeit,
Durch den Wald die Hoͤrner gellen,
Daß die Herzen muthig ſchwellen:
O du ſchoͤne Jaͤgerzeit!
Seine Heimath ſind die Kluͤfte,
Alle Baͤume gruͤßen ihn,
Rauſchen ſtrenge Herbſtesluͤfte
Find't er Hirſch und Reh, die Schluͤfte
Muß er jauchzend dann durchziehn.
Laß dem Landmann ſeine Muͤhen
Und dem Schiffer nur ſein Meer
Keiner ſieht in Morgens Fruͤhen
So Aurora's Augen gluͤhn,
Haͤngt der Thau am Graſe ſchwer,
Als wer Jagd, Wild, Waͤlder kennet
Und Diana lacht ihn an,
Einſt das ſchoͤnſte Bild entbrennet
Die er ſeine Liebſte nennet:
O begluͤckter Jaͤgersmann!

Waͤhrend dieſes Geſanges war die Sonne tie-
fer geſunken und breite Schatten fielen durch das
enge Thal. Eine kuͤhlende Daͤmmerung ſchlich uͤber
den Boden weg, und nur noch die Wipfel der
Baͤume, wie die runden Bergſpitzen waren vom
Schein des Abends vergoldet. Chriſtians Gemuͤth

ward
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[240/0251] Erſte Abtheilung. Froh und luſtig zwiſchen Steinen Geht der Juͤngling auf die Jagd, Seine Beute muß erſcheinen In den gruͤnlebendgen Hainen, Sucht' er auch bis in die Nacht. Seine treuen Hunde bellen Durch die ſchoͤne Einſamkeit, Durch den Wald die Hoͤrner gellen, Daß die Herzen muthig ſchwellen: O du ſchoͤne Jaͤgerzeit! Seine Heimath ſind die Kluͤfte, Alle Baͤume gruͤßen ihn, Rauſchen ſtrenge Herbſtesluͤfte Find't er Hirſch und Reh, die Schluͤfte Muß er jauchzend dann durchziehn. Laß dem Landmann ſeine Muͤhen Und dem Schiffer nur ſein Meer Keiner ſieht in Morgens Fruͤhen So Aurora's Augen gluͤhn, Haͤngt der Thau am Graſe ſchwer, Als wer Jagd, Wild, Waͤlder kennet Und Diana lacht ihn an, Einſt das ſchoͤnſte Bild entbrennet Die er ſeine Liebſte nennet: O begluͤckter Jaͤgersmann! Waͤhrend dieſes Geſanges war die Sonne tie- fer geſunken und breite Schatten fielen durch das enge Thal. Eine kuͤhlende Daͤmmerung ſchlich uͤber den Boden weg, und nur noch die Wipfel der Baͤume, wie die runden Bergſpitzen waren vom Schein des Abends vergoldet. Chriſtians Gemuͤth ward

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/251>, abgerufen am 22.11.2024.