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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Der getreue Eckart.
ihrer Schwester, bei der sie einige Tage verweilt,
auf das Schloß zurück gekommen war. Der Tan-
nenhäuser war stumm und nachdenkend, er beschaute
still die Bildung und das Antlitz der Frau, dann
schüttelte er mit dem Kopfe und sagte: bei Gott,
das ist noch die seltsamste von allen meinen Bege-
benheiten!

Friedrich erzählte ihm im Zusammenhange
alles, was ihm seitdem zugestoßen war, und suchte
seinem Freunde deutlich zu machen, daß ihn ein
seltsamer Wahnsinn nur seit manchem Jahre beäng-
stigt habe. Ich weiß recht gut wie es ist, rief
der Tannenhäuser aus, jetzt bin ich getäuscht und
wahnsinnig, die Hölle will mir dies Blendwerk vor-
gaukeln, damit ich nicht nach Rom gehn und mei-
ner Sünden ledig werden soll.

Emma suchte ihn an seine Kindheit zu erin-
nern, aber der Tannenhäuser ließ sich nicht überre-
den. So reiste er schnell ab, um in kurzer Zeit
in Rom vom Papste Absolution zu erhalten.

Friedrich und Emma sprachen noch oft über
den seltsamen Pilgrim. Einige Monden waren
verflossen, als der Tannenhäuser bleich und abge-
zehrt, in zerrissenen Wallfahrtskleidern und barfuß
in Friedrichs Gemach trat, indem dieser noch schlief.
Er küßte ihn auf den Mund und sagte dann schnell
die Worte: Der heilige Vater will und kann mir
nicht vergeben, ich muß in meinen alten Wohnsitz
zurück. Hierauf entfernte er sich eilig.

Friedrich ermunterte sich, der unglückliche Pil-
ger war schon verschwunden. Er ging nach dem

Der getreue Eckart.
ihrer Schweſter, bei der ſie einige Tage verweilt,
auf das Schloß zuruͤck gekommen war. Der Tan-
nenhaͤuſer war ſtumm und nachdenkend, er beſchaute
ſtill die Bildung und das Antlitz der Frau, dann
ſchuͤttelte er mit dem Kopfe und ſagte: bei Gott,
das iſt noch die ſeltſamſte von allen meinen Bege-
benheiten!

Friedrich erzaͤhlte ihm im Zuſammenhange
alles, was ihm ſeitdem zugeſtoßen war, und ſuchte
ſeinem Freunde deutlich zu machen, daß ihn ein
ſeltſamer Wahnſinn nur ſeit manchem Jahre beaͤng-
ſtigt habe. Ich weiß recht gut wie es iſt, rief
der Tannenhaͤuſer aus, jetzt bin ich getaͤuſcht und
wahnſinnig, die Hoͤlle will mir dies Blendwerk vor-
gaukeln, damit ich nicht nach Rom gehn und mei-
ner Suͤnden ledig werden ſoll.

Emma ſuchte ihn an ſeine Kindheit zu erin-
nern, aber der Tannenhaͤuſer ließ ſich nicht uͤberre-
den. So reiſte er ſchnell ab, um in kurzer Zeit
in Rom vom Papſte Abſolution zu erhalten.

Friedrich und Emma ſprachen noch oft uͤber
den ſeltſamen Pilgrim. Einige Monden waren
verfloſſen, als der Tannenhaͤuſer bleich und abge-
zehrt, in zerriſſenen Wallfahrtskleidern und barfuß
in Friedrichs Gemach trat, indem dieſer noch ſchlief.
Er kuͤßte ihn auf den Mund und ſagte dann ſchnell
die Worte: Der heilige Vater will und kann mir
nicht vergeben, ich muß in meinen alten Wohnſitz
zuruͤck. Hierauf entfernte er ſich eilig.

Friedrich ermunterte ſich, der ungluͤckliche Pil-
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[237/0248] Der getreue Eckart. ihrer Schweſter, bei der ſie einige Tage verweilt, auf das Schloß zuruͤck gekommen war. Der Tan- nenhaͤuſer war ſtumm und nachdenkend, er beſchaute ſtill die Bildung und das Antlitz der Frau, dann ſchuͤttelte er mit dem Kopfe und ſagte: bei Gott, das iſt noch die ſeltſamſte von allen meinen Bege- benheiten! Friedrich erzaͤhlte ihm im Zuſammenhange alles, was ihm ſeitdem zugeſtoßen war, und ſuchte ſeinem Freunde deutlich zu machen, daß ihn ein ſeltſamer Wahnſinn nur ſeit manchem Jahre beaͤng- ſtigt habe. Ich weiß recht gut wie es iſt, rief der Tannenhaͤuſer aus, jetzt bin ich getaͤuſcht und wahnſinnig, die Hoͤlle will mir dies Blendwerk vor- gaukeln, damit ich nicht nach Rom gehn und mei- ner Suͤnden ledig werden ſoll. Emma ſuchte ihn an ſeine Kindheit zu erin- nern, aber der Tannenhaͤuſer ließ ſich nicht uͤberre- den. So reiſte er ſchnell ab, um in kurzer Zeit in Rom vom Papſte Abſolution zu erhalten. Friedrich und Emma ſprachen noch oft uͤber den ſeltſamen Pilgrim. Einige Monden waren verfloſſen, als der Tannenhaͤuſer bleich und abge- zehrt, in zerriſſenen Wallfahrtskleidern und barfuß in Friedrichs Gemach trat, indem dieſer noch ſchlief. Er kuͤßte ihn auf den Mund und ſagte dann ſchnell die Worte: Der heilige Vater will und kann mir nicht vergeben, ich muß in meinen alten Wohnſitz zuruͤck. Hierauf entfernte er ſich eilig. Friedrich ermunterte ſich, der ungluͤckliche Pil- ger war ſchon verſchwunden. Er ging nach dem

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/248>, abgerufen am 22.11.2024.