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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Der getreue Eckart.
den jungen Tannenhäuser. Sie waren mit einan-
der erwachsen und ihre gegenseitige Freundschaft
schien jedem ein Bedürfniß seines Lebens geworden
zu sein. Tannenhäusers alter Vater war gestor-
ben, Friedrich vermählte sich nach einigen Jahren,
schon umgab ihn ein Kreis von frölichen Kindern,
und immer noch hatte er keine Nachricht von sei-
nem Jugendfreunde vernommen, so daß er ihn auch
für gestorben halten mußte.

Er stand eines Abends unter dem Thor seiner
Burg, als er aus der Ferne einen Pilgrim daher
kommen sah, der sich seinem Schlosse näherte. Der
fremde Mann war in seltsame Tracht gekleidet,
und sein Gang wie seine Geberden erschienen dem
Ritter wunderlich. Als jener näher gekommen,
glaubte er ihn zu kennen, und endlich war er mit
sich einig, daß der Fremde kein anderer als sein
ehemaliger Freund der Tannenhäuser sein könne.
Er erstaunte und ein heimlicher Schauer bemäch-
tigte sich seiner, als er die durchaus veränderten
Züge deutlich gewahr wurde.

Die beiden Freunde umarmten sich, und erschra-
ken dann einer vor dem andern, sie staunten sich
an, wie fremde Wesen. Der Fragen, der verwor-
renen Antworten gab es viele; Friedrich erbebte oft
vor dem wilden Blicke seines Freundes, in dem ein
unverständliches Feuer brannte. Nachdem sich der
Tannenhäuser einige Tage erholt hatte, erfuhr
Friedrich, daß er auf einer Wallfahrt nach Rom
begriffen sey.

Die beiden Freunde erneuerten bald ihre ehe-

Der getreue Eckart.
den jungen Tannenhaͤuſer. Sie waren mit einan-
der erwachſen und ihre gegenſeitige Freundſchaft
ſchien jedem ein Beduͤrfniß ſeines Lebens geworden
zu ſein. Tannenhaͤuſers alter Vater war geſtor-
ben, Friedrich vermaͤhlte ſich nach einigen Jahren,
ſchon umgab ihn ein Kreis von froͤlichen Kindern,
und immer noch hatte er keine Nachricht von ſei-
nem Jugendfreunde vernommen, ſo daß er ihn auch
fuͤr geſtorben halten mußte.

Er ſtand eines Abends unter dem Thor ſeiner
Burg, als er aus der Ferne einen Pilgrim daher
kommen ſah, der ſich ſeinem Schloſſe naͤherte. Der
fremde Mann war in ſeltſame Tracht gekleidet,
und ſein Gang wie ſeine Geberden erſchienen dem
Ritter wunderlich. Als jener naͤher gekommen,
glaubte er ihn zu kennen, und endlich war er mit
ſich einig, daß der Fremde kein anderer als ſein
ehemaliger Freund der Tannenhaͤuſer ſein koͤnne.
Er erſtaunte und ein heimlicher Schauer bemaͤch-
tigte ſich ſeiner, als er die durchaus veraͤnderten
Zuͤge deutlich gewahr wurde.

Die beiden Freunde umarmten ſich, und erſchra-
ken dann einer vor dem andern, ſie ſtaunten ſich
an, wie fremde Weſen. Der Fragen, der verwor-
renen Antworten gab es viele; Friedrich erbebte oft
vor dem wilden Blicke ſeines Freundes, in dem ein
unverſtaͤndliches Feuer brannte. Nachdem ſich der
Tannenhaͤuſer einige Tage erholt hatte, erfuhr
Friedrich, daß er auf einer Wallfahrt nach Rom
begriffen ſey.

Die beiden Freunde erneuerten bald ihre ehe-

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[223/0234] Der getreue Eckart. den jungen Tannenhaͤuſer. Sie waren mit einan- der erwachſen und ihre gegenſeitige Freundſchaft ſchien jedem ein Beduͤrfniß ſeines Lebens geworden zu ſein. Tannenhaͤuſers alter Vater war geſtor- ben, Friedrich vermaͤhlte ſich nach einigen Jahren, ſchon umgab ihn ein Kreis von froͤlichen Kindern, und immer noch hatte er keine Nachricht von ſei- nem Jugendfreunde vernommen, ſo daß er ihn auch fuͤr geſtorben halten mußte. Er ſtand eines Abends unter dem Thor ſeiner Burg, als er aus der Ferne einen Pilgrim daher kommen ſah, der ſich ſeinem Schloſſe naͤherte. Der fremde Mann war in ſeltſame Tracht gekleidet, und ſein Gang wie ſeine Geberden erſchienen dem Ritter wunderlich. Als jener naͤher gekommen, glaubte er ihn zu kennen, und endlich war er mit ſich einig, daß der Fremde kein anderer als ſein ehemaliger Freund der Tannenhaͤuſer ſein koͤnne. Er erſtaunte und ein heimlicher Schauer bemaͤch- tigte ſich ſeiner, als er die durchaus veraͤnderten Zuͤge deutlich gewahr wurde. Die beiden Freunde umarmten ſich, und erſchra- ken dann einer vor dem andern, ſie ſtaunten ſich an, wie fremde Weſen. Der Fragen, der verwor- renen Antworten gab es viele; Friedrich erbebte oft vor dem wilden Blicke ſeines Freundes, in dem ein unverſtaͤndliches Feuer brannte. Nachdem ſich der Tannenhaͤuſer einige Tage erholt hatte, erfuhr Friedrich, daß er auf einer Wallfahrt nach Rom begriffen ſey. Die beiden Freunde erneuerten bald ihre ehe-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/234>, abgerufen am 23.11.2024.