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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Der getreue Eckart.
Es schwang sich auf sein Pferd
Eckart, der edle Held,
Und sprach: in aller Welt
Ist mir nun nichts mehr werth.
Die Söhn' hab ich verloren,
So find' ich nirgends Trost,
Der Fürst ist mir erbost,
Hat meinen Tod geschworen.
Da reitet er zu Wald
Und klagt aus vollem Herzen
Die übergroßen Schmerzen,
Daß weit die Stimme schallt:
Die Menschen sind mir todt,
Ich muß mir Freunde suchen
In Eichen, wilden Buchen,
Ihn'n klagen meine Noth.
Kein Kind, das mich ergötzt,
Erwürgt vom schlimmen Leuen
Blieb keiner von den dreien,
Der Liebste starb zuletzt.
Wie Eckart also klagte
Verlor er Sinn und Muth,
Er reit't in Zorneswuth,
Als schon der Morgen tagte.
Das Roß, das treu geblieben
Stürzt hin im wilden Lauf,
Er achtet nicht darauf
Und will nun nichts mehr lieben.
Er thut die Rüstung abe,
Wirft sich zu Boden hin,
Auf Sterben steht sein Sinn,
Sein Wunsch nur nach dem Grabe.

I. [ 14 ]
Der getreue Eckart.
Es ſchwang ſich auf ſein Pferd
Eckart, der edle Held,
Und ſprach: in aller Welt
Iſt mir nun nichts mehr werth.
Die Soͤhn' hab ich verloren,
So find' ich nirgends Troſt,
Der Fuͤrſt iſt mir erboſt,
Hat meinen Tod geſchworen.
Da reitet er zu Wald
Und klagt aus vollem Herzen
Die uͤbergroßen Schmerzen,
Daß weit die Stimme ſchallt:
Die Menſchen ſind mir todt,
Ich muß mir Freunde ſuchen
In Eichen, wilden Buchen,
Ihn'n klagen meine Noth.
Kein Kind, das mich ergoͤtzt,
Erwuͤrgt vom ſchlimmen Leuen
Blieb keiner von den dreien,
Der Liebſte ſtarb zuletzt.
Wie Eckart alſo klagte
Verlor er Sinn und Muth,
Er reit't in Zorneswuth,
Als ſchon der Morgen tagte.
Das Roß, das treu geblieben
Stuͤrzt hin im wilden Lauf,
Er achtet nicht darauf
Und will nun nichts mehr lieben.
Er thut die Ruͤſtung abe,
Wirft ſich zu Boden hin,
Auf Sterben ſteht ſein Sinn,
Sein Wunſch nur nach dem Grabe.

I. [ 14 ]
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[209/0220] Der getreue Eckart. Es ſchwang ſich auf ſein Pferd Eckart, der edle Held, Und ſprach: in aller Welt Iſt mir nun nichts mehr werth. Die Soͤhn' hab ich verloren, So find' ich nirgends Troſt, Der Fuͤrſt iſt mir erboſt, Hat meinen Tod geſchworen. Da reitet er zu Wald Und klagt aus vollem Herzen Die uͤbergroßen Schmerzen, Daß weit die Stimme ſchallt: Die Menſchen ſind mir todt, Ich muß mir Freunde ſuchen In Eichen, wilden Buchen, Ihn'n klagen meine Noth. Kein Kind, das mich ergoͤtzt, Erwuͤrgt vom ſchlimmen Leuen Blieb keiner von den dreien, Der Liebſte ſtarb zuletzt. Wie Eckart alſo klagte Verlor er Sinn und Muth, Er reit't in Zorneswuth, Als ſchon der Morgen tagte. Das Roß, das treu geblieben Stuͤrzt hin im wilden Lauf, Er achtet nicht darauf Und will nun nichts mehr lieben. Er thut die Ruͤſtung abe, Wirft ſich zu Boden hin, Auf Sterben ſteht ſein Sinn, Sein Wunſch nur nach dem Grabe. I. [ 14 ]

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/220>, abgerufen am 17.05.2024.