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Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812.

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Erste Abtheilung.

Ein Schauer flog durch meinen Sinn.
Nun wars, als hört' ich Kinder plaudern,
Hin lief ich ohne länger Zaudern,
Und als ich nach dem Ort gekommen
Von wo ich erst den Ton vernommen
Da that sich auf des Waldes Dunkel,
Und vor mir lag ein hell Gefunkel,
Roth sah ich wilde Nelken blühn,
Sammt lichten Sternen von Jasmin,
Und duftend Kraut Je länger lieber,
Das rankte eine Grott' hinüber,
An die sich hoch die Epheu schlang,
Und aus der Höhle kam Gesang.
Da schaut ich in den Fels hinein,
Da saß ein Bild mit lichtem Schein,
Güldnes Gewand den Leib umfloß,
An den sich Spang' und Gürtel schloß,
Das Antlitz bleich, entfärbt die Wange,
Sie schien in Furcht und Zittern bange
Und schloß sich an ein Mannsgebild,
Das schaute aus den Augen wild,
Doch lächelt' er mit Freundlichkeit,
Er war in schwarz Gewand gekleidt,
Ein dunkles Haar hing um das Haupt,
Er trug von wildem Wein umlaubt
Den güldnen Stab in seiner Hand,
Geflochten war um sein Gewand
Epheu und Tannenzweig' in Kränzen,
Wozwischen rothe Rosen glänzen;
Er sprach und sang der Schönen vor,
Und flüsterte ihr oft ins Ohr.

Erſte Abtheilung.

Ein Schauer flog durch meinen Sinn.
Nun wars, als hoͤrt' ich Kinder plaudern,
Hin lief ich ohne laͤnger Zaudern,
Und als ich nach dem Ort gekommen
Von wo ich erſt den Ton vernommen
Da that ſich auf des Waldes Dunkel,
Und vor mir lag ein hell Gefunkel,
Roth ſah ich wilde Nelken bluͤhn,
Sammt lichten Sternen von Jasmin,
Und duftend Kraut Je laͤnger lieber,
Das rankte eine Grott' hinuͤber,
An die ſich hoch die Epheu ſchlang,
Und aus der Hoͤhle kam Geſang.
Da ſchaut ich in den Fels hinein,
Da ſaß ein Bild mit lichtem Schein,
Guͤldnes Gewand den Leib umfloß,
An den ſich Spang' und Guͤrtel ſchloß,
Das Antlitz bleich, entfaͤrbt die Wange,
Sie ſchien in Furcht und Zittern bange
Und ſchloß ſich an ein Mannsgebild,
Das ſchaute aus den Augen wild,
Doch laͤchelt' er mit Freundlichkeit,
Er war in ſchwarz Gewand gekleidt,
Ein dunkles Haar hing um das Haupt,
Er trug von wildem Wein umlaubt
Den guͤldnen Stab in ſeiner Hand,
Geflochten war um ſein Gewand
Epheu und Tannenzweig' in Kraͤnzen,
Wozwiſchen rothe Roſen glaͤnzen;
Er ſprach und ſang der Schoͤnen vor,
Und fluͤſterte ihr oft ins Ohr.

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[158/0169] Erſte Abtheilung. Ein Schauer flog durch meinen Sinn. Nun wars, als hoͤrt' ich Kinder plaudern, Hin lief ich ohne laͤnger Zaudern, Und als ich nach dem Ort gekommen Von wo ich erſt den Ton vernommen Da that ſich auf des Waldes Dunkel, Und vor mir lag ein hell Gefunkel, Roth ſah ich wilde Nelken bluͤhn, Sammt lichten Sternen von Jasmin, Und duftend Kraut Je laͤnger lieber, Das rankte eine Grott' hinuͤber, An die ſich hoch die Epheu ſchlang, Und aus der Hoͤhle kam Geſang. Da ſchaut ich in den Fels hinein, Da ſaß ein Bild mit lichtem Schein, Guͤldnes Gewand den Leib umfloß, An den ſich Spang' und Guͤrtel ſchloß, Das Antlitz bleich, entfaͤrbt die Wange, Sie ſchien in Furcht und Zittern bange Und ſchloß ſich an ein Mannsgebild, Das ſchaute aus den Augen wild, Doch laͤchelt' er mit Freundlichkeit, Er war in ſchwarz Gewand gekleidt, Ein dunkles Haar hing um das Haupt, Er trug von wildem Wein umlaubt Den guͤldnen Stab in ſeiner Hand, Geflochten war um ſein Gewand Epheu und Tannenzweig' in Kraͤnzen, Wozwiſchen rothe Roſen glaͤnzen; Er ſprach und ſang der Schoͤnen vor, Und fluͤſterte ihr oft ins Ohr.

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/169>, abgerufen am 24.11.2024.