nen Kummer zu trösten. Er antwortete und jedes Wort enthielt ein tiefes Gefühl seines Unglücks, mit jeder Antwort ward meine Rüh- rung größer und ich konnte am Ende meine Thränen nicht verbergen.
Was ist es doch, was unser Herz oft so ge- waltsam zusammenzieht? Wer kann jene Gefüh- le beschreiben, die wir Rührung nennen, und wer kann ihre Entstehung begreifen? -- Wenn das Mitleid in unser Herz eintritt, o Freun- dinn, dann breitet es sich gewaltsam wie mit Engelschwingen darinn aus, daß unser armes irdisches Herz erzittert und sich zu klein für den göttlichen Fremdling fühlt, dann möchten wir in diesem schönen Augenblicke sterben, weil wir empfinden, daß unser voriges Leben kalt und dürr dagegen war, weil wir es wissen, daß die Zukunft nach diesem schönen Augenblicke nur leer und nüchtern seyn wird: wir möchten ganz in wollüstigen Thränen zerfließen, wir kön- nen uns nicht darüber zufrieden geben, daß wir nach dieser Seeligkeit noch leben sollen. Ach das Herz begehrt zu brechen, und die Seele den Flug aufwärts zu nehmen, -- nein, ich kann keine Worte für diese Gefühle finden, ob
nen Kummer zu troͤſten. Er antwortete und jedes Wort enthielt ein tiefes Gefuͤhl ſeines Ungluͤcks, mit jeder Antwort ward meine Ruͤh- rung groͤßer und ich konnte am Ende meine Thraͤnen nicht verbergen.
Was iſt es doch, was unſer Herz oft ſo ge- waltſam zuſammenzieht? Wer kann jene Gefuͤh- le beſchreiben, die wir Ruͤhrung nennen, und wer kann ihre Entſtehung begreifen? — Wenn das Mitleid in unſer Herz eintritt, o Freun- dinn, dann breitet es ſich gewaltſam wie mit Engelſchwingen darinn aus, daß unſer armes irdiſches Herz erzittert und ſich zu klein fuͤr den goͤttlichen Fremdling fuͤhlt, dann moͤchten wir in dieſem ſchoͤnen Augenblicke ſterben, weil wir empfinden, daß unſer voriges Leben kalt und duͤrr dagegen war, weil wir es wiſſen, daß die Zukunft nach dieſem ſchoͤnen Augenblicke nur leer und nuͤchtern ſeyn wird: wir moͤchten ganz in wolluͤſtigen Thraͤnen zerfließen, wir koͤn- nen uns nicht daruͤber zufrieden geben, daß wir nach dieſer Seeligkeit noch leben ſollen. Ach das Herz begehrt zu brechen, und die Seele den Flug aufwaͤrts zu nehmen, — nein, ich kann keine Worte fuͤr dieſe Gefuͤhle finden, ob
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nen Kummer zu troͤſten. Er antwortete und
jedes Wort enthielt ein tiefes Gefuͤhl ſeines
Ungluͤcks, mit jeder Antwort ward meine Ruͤh-
rung groͤßer und ich konnte am Ende meine
Thraͤnen nicht verbergen.
Was iſt es doch, was unſer Herz oft ſo ge-
waltſam zuſammenzieht? Wer kann jene Gefuͤh-
le beſchreiben, die wir Ruͤhrung nennen, und
wer kann ihre Entſtehung begreifen? — Wenn
das Mitleid in unſer Herz eintritt, o Freun-
dinn, dann breitet es ſich gewaltſam wie mit
Engelſchwingen darinn aus, daß unſer armes
irdiſches Herz erzittert und ſich zu klein fuͤr
den goͤttlichen Fremdling fuͤhlt, dann moͤchten
wir in dieſem ſchoͤnen Augenblicke ſterben, weil
wir empfinden, daß unſer voriges Leben kalt
und duͤrr dagegen war, weil wir es wiſſen, daß
die Zukunft nach dieſem ſchoͤnen Augenblicke
nur leer und nuͤchtern ſeyn wird: wir moͤchten
ganz in wolluͤſtigen Thraͤnen zerfließen, wir koͤn-
nen uns nicht daruͤber zufrieden geben, daß wir
nach dieſer Seeligkeit noch leben ſollen. Ach
das Herz begehrt zu brechen, und die Seele
den Flug aufwaͤrts zu nehmen, — nein, ich
kann keine Worte fuͤr dieſe Gefuͤhle finden, ob
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/35>, abgerufen am 22.11.2024.
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