sie verachten mich, indem ich verliere. Ich lerne jetzt zuerst den Werth des Geldes empfin- den, und kann doch nicht zurück, wenn ich die verdammten Bilder sehe. -- Rathen Sie mir, was ich thun soll. Und weiß ich nicht alles im voraus, was Sie sagen werden? O, es ist um toll zu werden, daß man so närrisch ist!
Der Begriff von Zeit ist mir jetzt fürchter- lich. Wenn ich einen Tag vor mir habe, ohne zu wissen, was ich mit ihm anfangen soll, -- o, und dann den Blick über die leere Wüste von langweiligen Wochen hinaus! Und wieder eine Stunde nach der andern von der Zeit zu betteln, sich vor dem Gedanken des Todes zu entsetzen! Wie elend ist der Mensch, daß er sterben muß und wie höchst unglückseelig müßte er seyn, wenn er ewig lebte! Wie toll und un- sinnig ist unser Leben durch diese unaufhörlichen Widersprüche!
Sie kennen die Menschen auch, Rosa, und Sie verachten sie eben so, wie ich. O, ich möchte in manchen Stunden ein Komplott ge- gen diese Thiere machen, schwarze Verrätherey, daß keiner auf der Erde zurückbliebe.
Wie verächtlich ist alles um mich her,
ſie verachten mich, indem ich verliere. Ich lerne jetzt zuerſt den Werth des Geldes empfin- den, und kann doch nicht zuruͤck, wenn ich die verdammten Bilder ſehe. — Rathen Sie mir, was ich thun ſoll. Und weiß ich nicht alles im voraus, was Sie ſagen werden? O, es iſt um toll zu werden, daß man ſo naͤrriſch iſt!
Der Begriff von Zeit iſt mir jetzt fuͤrchter- lich. Wenn ich einen Tag vor mir habe, ohne zu wiſſen, was ich mit ihm anfangen ſoll, — o, und dann den Blick uͤber die leere Wuͤſte von langweiligen Wochen hinaus! Und wieder eine Stunde nach der andern von der Zeit zu betteln, ſich vor dem Gedanken des Todes zu entſetzen! Wie elend iſt der Menſch, daß er ſterben muß und wie hoͤchſt ungluͤckſeelig muͤßte er ſeyn, wenn er ewig lebte! Wie toll und un- ſinnig iſt unſer Leben durch dieſe unaufhoͤrlichen Widerſpruͤche!
Sie kennen die Menſchen auch, Roſa, und Sie verachten ſie eben ſo, wie ich. O, ich moͤchte in manchen Stunden ein Komplott ge- gen dieſe Thiere machen, ſchwarze Verraͤtherey, daß keiner auf der Erde zuruͤckbliebe.
Wie veraͤchtlich iſt alles um mich her,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0237"n="230"/>ſie verachten mich, indem ich verliere. Ich<lb/>
lerne jetzt zuerſt den Werth des Geldes empfin-<lb/>
den, und kann doch nicht zuruͤck, wenn ich die<lb/>
verdammten Bilder ſehe. — Rathen Sie mir,<lb/>
was ich thun ſoll. Und weiß ich nicht alles im<lb/>
voraus, was Sie ſagen werden? O, es iſt um<lb/>
toll zu werden, daß man ſo naͤrriſch iſt!</p><lb/><p>Der Begriff von Zeit iſt mir jetzt fuͤrchter-<lb/>
lich. Wenn ich einen Tag vor mir habe,<lb/>
ohne zu wiſſen, was ich mit ihm anfangen ſoll,<lb/>— o, und dann den Blick uͤber die leere Wuͤſte<lb/>
von langweiligen Wochen hinaus! Und wieder<lb/>
eine Stunde nach der andern von der Zeit zu<lb/>
betteln, ſich vor dem Gedanken des Todes zu<lb/>
entſetzen! Wie elend iſt der Menſch, daß er<lb/>ſterben muß und wie hoͤchſt ungluͤckſeelig muͤßte<lb/>
er ſeyn, wenn er ewig lebte! Wie toll und un-<lb/>ſinnig iſt unſer Leben durch dieſe unaufhoͤrlichen<lb/>
Widerſpruͤche!</p><lb/><p>Sie kennen die Menſchen auch, Roſa, und<lb/>
Sie verachten ſie eben ſo, wie ich. O, ich<lb/>
moͤchte in manchen Stunden ein Komplott ge-<lb/>
gen dieſe Thiere machen, ſchwarze Verraͤtherey,<lb/>
daß keiner auf der Erde zuruͤckbliebe.</p><lb/><p>Wie veraͤchtlich iſt alles um mich her,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[230/0237]
ſie verachten mich, indem ich verliere. Ich
lerne jetzt zuerſt den Werth des Geldes empfin-
den, und kann doch nicht zuruͤck, wenn ich die
verdammten Bilder ſehe. — Rathen Sie mir,
was ich thun ſoll. Und weiß ich nicht alles im
voraus, was Sie ſagen werden? O, es iſt um
toll zu werden, daß man ſo naͤrriſch iſt!
Der Begriff von Zeit iſt mir jetzt fuͤrchter-
lich. Wenn ich einen Tag vor mir habe,
ohne zu wiſſen, was ich mit ihm anfangen ſoll,
— o, und dann den Blick uͤber die leere Wuͤſte
von langweiligen Wochen hinaus! Und wieder
eine Stunde nach der andern von der Zeit zu
betteln, ſich vor dem Gedanken des Todes zu
entſetzen! Wie elend iſt der Menſch, daß er
ſterben muß und wie hoͤchſt ungluͤckſeelig muͤßte
er ſeyn, wenn er ewig lebte! Wie toll und un-
ſinnig iſt unſer Leben durch dieſe unaufhoͤrlichen
Widerſpruͤche!
Sie kennen die Menſchen auch, Roſa, und
Sie verachten ſie eben ſo, wie ich. O, ich
moͤchte in manchen Stunden ein Komplott ge-
gen dieſe Thiere machen, ſchwarze Verraͤtherey,
daß keiner auf der Erde zuruͤckbliebe.
Wie veraͤchtlich iſt alles um mich her,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/237>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.