Jetzt zeigen sich die Folgen, lieber Francesko, von Andrea's Groll. Er muß auch hier viele Freunde haben, die seinem Winke gehorchen, denn ganz gegen alle Erwartung habe ich die Rathsstelle nicht bekommen, um die ich mich bewarb. Alle Wahrscheinlichkeiten waren für mich, denn die meisten Leute, die Einfluß haben konnten, waren meine Freunde oder Verwand- ten, und dennoch fiel ich durch. Es ist am klüg- sten, wenn ich mich nicht sehr dieses mißlunge- nen Versuchs wegen kümmere; ich werde jetzt mit meinen Eltern auf einem Landhause in der Nähe der Stadt leben. Im Grunde ist mir eine Wohlthat geschehn, denn ich habe nun alle Zeit für mich, und habe nicht nöthig, mich mit unangenehmen Geschäften zu quälen. Nur meinem Vater thut es leid, der mich gern in Thätigkeit sehn möchte, und weil er darüber ver- drußlich ist, bin ich es auch. --
16. Adriano an Francesko.
Florenz.
Jetzt zeigen ſich die Folgen, lieber Francesko, von Andrea's Groll. Er muß auch hier viele Freunde haben, die ſeinem Winke gehorchen, denn ganz gegen alle Erwartung habe ich die Rathsſtelle nicht bekommen, um die ich mich bewarb. Alle Wahrſcheinlichkeiten waren fuͤr mich, denn die meiſten Leute, die Einfluß haben konnten, waren meine Freunde oder Verwand- ten, und dennoch fiel ich durch. Es iſt am kluͤg- ſten, wenn ich mich nicht ſehr dieſes mißlunge- nen Verſuchs wegen kuͤmmere; ich werde jetzt mit meinen Eltern auf einem Landhauſe in der Naͤhe der Stadt leben. Im Grunde iſt mir eine Wohlthat geſchehn, denn ich habe nun alle Zeit fuͤr mich, und habe nicht noͤthig, mich mit unangenehmen Geſchaͤften zu quaͤlen. Nur meinem Vater thut es leid, der mich gern in Thaͤtigkeit ſehn moͤchte, und weil er daruͤber ver- drußlich iſt, bin ich es auch. —
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16.
Adriano an Francesko.
Florenz.
Jetzt zeigen ſich die Folgen, lieber Francesko,
von Andrea's Groll. Er muß auch hier viele
Freunde haben, die ſeinem Winke gehorchen,
denn ganz gegen alle Erwartung habe ich die
Rathsſtelle nicht bekommen, um die ich mich
bewarb. Alle Wahrſcheinlichkeiten waren fuͤr
mich, denn die meiſten Leute, die Einfluß haben
konnten, waren meine Freunde oder Verwand-
ten, und dennoch fiel ich durch. Es iſt am kluͤg-
ſten, wenn ich mich nicht ſehr dieſes mißlunge-
nen Verſuchs wegen kuͤmmere; ich werde jetzt
mit meinen Eltern auf einem Landhauſe in der
Naͤhe der Stadt leben. Im Grunde iſt mir
eine Wohlthat geſchehn, denn ich habe nun
alle Zeit fuͤr mich, und habe nicht noͤthig, mich
mit unangenehmen Geſchaͤften zu quaͤlen. Nur
meinem Vater thut es leid, der mich gern in
Thaͤtigkeit ſehn moͤchte, und weil er daruͤber ver-
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/219>, abgerufen am 23.11.2024.
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