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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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waren, als ich, die es übel nahmen, wenn sich
jemand beym Gekreisch ihres Sohnes die Ohren
zuhielt, oder meynte, daß er die Fragen, die
man an ihn that, wohl noch nicht verstehn
möchte. Es giebt nichts Widrigers, als das
Geziere der Eltern mit ihren Kindern, die be-
wundert werden, wenn sie den Mund oder die
Augen aufthun.

Ich bin nicht so lustig, als es neue Väter
gewöhnlich zu seyn pflegen; der Anblick des
Kindes macht mich sehr ernsthaft. Kann ich
wissen, von welchen Zufälligkeiten, die schon
jetzt eintreten und die ich nicht einmal bemerke,
sein künftiges Schicksal abhängt? Die ganze
unendliche Schaar der Gefühle und Erfahrun-
gen wartet auf ihn, um ihn nach und nach in
Empfang zu nehmen. Glück und Unglück wech-
selt, er wird in alle Thorheiten eingeweiht und
glaubt sich in jeder verständig. So treibt er
den Strom des Lebens hinunter, um endlich
wieder, wie wir alle, unterzugehn.

Wenn ich lange über so etwas nachdenke,
kömmt mir das Leben, selbst bey meiner glück-
lichen Situation, unangenehm vor. Es kann
auch nicht das letzte und höchste seyn, da wir

waren, als ich, die es uͤbel nahmen, wenn ſich
jemand beym Gekreiſch ihres Sohnes die Ohren
zuhielt, oder meynte, daß er die Fragen, die
man an ihn that, wohl noch nicht verſtehn
moͤchte. Es giebt nichts Widrigers, als das
Geziere der Eltern mit ihren Kindern, die be-
wundert werden, wenn ſie den Mund oder die
Augen aufthun.

Ich bin nicht ſo luſtig, als es neue Vaͤter
gewoͤhnlich zu ſeyn pflegen; der Anblick des
Kindes macht mich ſehr ernſthaft. Kann ich
wiſſen, von welchen Zufaͤlligkeiten, die ſchon
jetzt eintreten und die ich nicht einmal bemerke,
ſein kuͤnftiges Schickſal abhaͤngt? Die ganze
unendliche Schaar der Gefuͤhle und Erfahrun-
gen wartet auf ihn, um ihn nach und nach in
Empfang zu nehmen. Gluͤck und Ungluͤck wech-
ſelt, er wird in alle Thorheiten eingeweiht und
glaubt ſich in jeder verſtaͤndig. So treibt er
den Strom des Lebens hinunter, um endlich
wieder, wie wir alle, unterzugehn.

Wenn ich lange uͤber ſo etwas nachdenke,
koͤmmt mir das Leben, ſelbſt bey meiner gluͤck-
lichen Situation, unangenehm vor. Es kann
auch nicht das letzte und hoͤchſte ſeyn, da wir

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[210/0217] waren, als ich, die es uͤbel nahmen, wenn ſich jemand beym Gekreiſch ihres Sohnes die Ohren zuhielt, oder meynte, daß er die Fragen, die man an ihn that, wohl noch nicht verſtehn moͤchte. Es giebt nichts Widrigers, als das Geziere der Eltern mit ihren Kindern, die be- wundert werden, wenn ſie den Mund oder die Augen aufthun. Ich bin nicht ſo luſtig, als es neue Vaͤter gewoͤhnlich zu ſeyn pflegen; der Anblick des Kindes macht mich ſehr ernſthaft. Kann ich wiſſen, von welchen Zufaͤlligkeiten, die ſchon jetzt eintreten und die ich nicht einmal bemerke, ſein kuͤnftiges Schickſal abhaͤngt? Die ganze unendliche Schaar der Gefuͤhle und Erfahrun- gen wartet auf ihn, um ihn nach und nach in Empfang zu nehmen. Gluͤck und Ungluͤck wech- ſelt, er wird in alle Thorheiten eingeweiht und glaubt ſich in jeder verſtaͤndig. So treibt er den Strom des Lebens hinunter, um endlich wieder, wie wir alle, unterzugehn. Wenn ich lange uͤber ſo etwas nachdenke, koͤmmt mir das Leben, ſelbſt bey meiner gluͤck- lichen Situation, unangenehm vor. Es kann auch nicht das letzte und hoͤchſte ſeyn, da wir

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/217>, abgerufen am 23.11.2024.