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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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lange ein, aber ich traute mir selber nicht. Ich
hatte Andrea sonst so sehr verehrt, daß ich es
für wahrscheinlicher hielt, daß ich seine Größe
nicht begreifen könne, als daß er nicht ganz
groß seyn sollte: aber seit ich hier in einem
ruhigern Leben und unter einfachern und ein-
fältigern Menschen bin, kömmt mir alles von
Rom aus so seltsam wie ein Traum vor. An-
drea erscheint mir in einem andern Lichte und
alles, was sonst in mir nur ferne, leise Ahn-
dung war, ist nun zur Gewißheit geworden.
Aus diesem Grunde werde ich nicht nach Rom
zurückkehren, um mich nach und nach dem An-
drea und seinen Gesellschaftern fremd zu machen;
denn mögen Sie es Einfalt nennen oder wie sie
wollen, ich habe jetzt vor ihm und seinen Mey-
nungen eine gewisse Scheu; ich möchte mein
Herz und meinen Verstand beruhigen, und er
würde alles anwenden um beides zu zerstören.
Ich könnte leicht durch neue Wendungen zu
einer vielleicht noch schlimmern Verehrung hin-
gerissen werden, wer weiß, welche Schwächen
er noch in mir entdeckte, die er zu seinem Vor-
theile nützen könnte! -- Freilich ist es etwas
Thörichtes, sich vor sich selber und vor etwas,

lange ein, aber ich traute mir ſelber nicht. Ich
hatte Andrea ſonſt ſo ſehr verehrt, daß ich es
fuͤr wahrſcheinlicher hielt, daß ich ſeine Groͤße
nicht begreifen koͤnne, als daß er nicht ganz
groß ſeyn ſollte: aber ſeit ich hier in einem
ruhigern Leben und unter einfachern und ein-
faͤltigern Menſchen bin, koͤmmt mir alles von
Rom aus ſo ſeltſam wie ein Traum vor. An-
drea erſcheint mir in einem andern Lichte und
alles, was ſonſt in mir nur ferne, leiſe Ahn-
dung war, iſt nun zur Gewißheit geworden.
Aus dieſem Grunde werde ich nicht nach Rom
zuruͤckkehren, um mich nach und nach dem An-
drea und ſeinen Geſellſchaftern fremd zu machen;
denn moͤgen Sie es Einfalt nennen oder wie ſie
wollen, ich habe jetzt vor ihm und ſeinen Mey-
nungen eine gewiſſe Scheu; ich moͤchte mein
Herz und meinen Verſtand beruhigen, und er
wuͤrde alles anwenden um beides zu zerſtoͤren.
Ich koͤnnte leicht durch neue Wendungen zu
einer vielleicht noch ſchlimmern Verehrung hin-
geriſſen werden, wer weiß, welche Schwaͤchen
er noch in mir entdeckte, die er zu ſeinem Vor-
theile nuͤtzen koͤnnte! — Freilich iſt es etwas
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[171/0178] lange ein, aber ich traute mir ſelber nicht. Ich hatte Andrea ſonſt ſo ſehr verehrt, daß ich es fuͤr wahrſcheinlicher hielt, daß ich ſeine Groͤße nicht begreifen koͤnne, als daß er nicht ganz groß ſeyn ſollte: aber ſeit ich hier in einem ruhigern Leben und unter einfachern und ein- faͤltigern Menſchen bin, koͤmmt mir alles von Rom aus ſo ſeltſam wie ein Traum vor. An- drea erſcheint mir in einem andern Lichte und alles, was ſonſt in mir nur ferne, leiſe Ahn- dung war, iſt nun zur Gewißheit geworden. Aus dieſem Grunde werde ich nicht nach Rom zuruͤckkehren, um mich nach und nach dem An- drea und ſeinen Geſellſchaftern fremd zu machen; denn moͤgen Sie es Einfalt nennen oder wie ſie wollen, ich habe jetzt vor ihm und ſeinen Mey- nungen eine gewiſſe Scheu; ich moͤchte mein Herz und meinen Verſtand beruhigen, und er wuͤrde alles anwenden um beides zu zerſtoͤren. Ich koͤnnte leicht durch neue Wendungen zu einer vielleicht noch ſchlimmern Verehrung hin- geriſſen werden, wer weiß, welche Schwaͤchen er noch in mir entdeckte, die er zu ſeinem Vor- theile nuͤtzen koͤnnte! — Freilich iſt es etwas Thoͤrichtes, ſich vor ſich ſelber und vor etwas,

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/178>, abgerufen am 23.11.2024.