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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

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verdächtig werden, und so kämest Du denn viel-
leicht auf einem mühseligern Wege zu demselben
Punkte, auf welchem ich stehe: daß sich der blöd-
sichtige Mensch gewissen Gesetzen, die ihm sein
Genius aus dem Herzen zurnft, blind unterwer-
fen müsse. Glaube wenigstens, daß der Mensch
unmöglich so seyn könne, wie er Dir erscheint,
wenn Du ihn mit Deinen Sophismen anato-
mirst, Du siehst dann zwar lauter wirkliche Be-
standtheile, aber eben deswegen, weil Du ein
Ganzes in Theile zerlegt hast, ist es nicht das
Ganze mehr. Daher sind alle Deine Folgerun-
gen gar nicht auf den Menschen anwendbar, er
ist nicht so, trotz dem, das Du behauptest, er
müsse so seyn, und darum kann ich mich von
Deinem neulichen scharfsinnigen Beweise so we-
nig überzeugen, daß ich Dich vielmehr vom
Gegentheile überzeugen möchte.

Vergieb mir meine Weitschweifigkeit, und
daß ich, um Dich zu überführen, selbst in den
spitzen getadelten Ton Deiner Briefe falle: ich
weiß, alles, was ich sage, ist unnöthig, denn
Du glaubst Deine Behauptung nicht, ich sage
alles dies blos, weil mich eben Dein neulicher
Brief von der Sache überzeugt hat, die er wi-

verdaͤchtig werden, und ſo kaͤmeſt Du denn viel-
leicht auf einem muͤhſeligern Wege zu demſelben
Punkte, auf welchem ich ſtehe: daß ſich der bloͤd-
ſichtige Menſch gewiſſen Geſetzen, die ihm ſein
Genius aus dem Herzen zurnft, blind unterwer-
fen muͤſſe. Glaube wenigſtens, daß der Menſch
unmoͤglich ſo ſeyn koͤnne, wie er Dir erſcheint,
wenn Du ihn mit Deinen Sophismen anato-
mirſt, Du ſiehſt dann zwar lauter wirkliche Be-
ſtandtheile, aber eben deswegen, weil Du ein
Ganzes in Theile zerlegt haſt, iſt es nicht das
Ganze mehr. Daher ſind alle Deine Folgerun-
gen gar nicht auf den Menſchen anwendbar, er
iſt nicht ſo, trotz dem, das Du behaupteſt, er
muͤſſe ſo ſeyn, und darum kann ich mich von
Deinem neulichen ſcharfſinnigen Beweiſe ſo we-
nig uͤberzeugen, daß ich Dich vielmehr vom
Gegentheile uͤberzeugen moͤchte.

Vergieb mir meine Weitſchweifigkeit, und
daß ich, um Dich zu uͤberfuͤhren, ſelbſt in den
ſpitzen getadelten Ton Deiner Briefe falle: ich
weiß, alles, was ich ſage, iſt unnoͤthig, denn
Du glaubſt Deine Behauptung nicht, ich ſage
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[218/0224] verdaͤchtig werden, und ſo kaͤmeſt Du denn viel- leicht auf einem muͤhſeligern Wege zu demſelben Punkte, auf welchem ich ſtehe: daß ſich der bloͤd- ſichtige Menſch gewiſſen Geſetzen, die ihm ſein Genius aus dem Herzen zurnft, blind unterwer- fen muͤſſe. Glaube wenigſtens, daß der Menſch unmoͤglich ſo ſeyn koͤnne, wie er Dir erſcheint, wenn Du ihn mit Deinen Sophismen anato- mirſt, Du ſiehſt dann zwar lauter wirkliche Be- ſtandtheile, aber eben deswegen, weil Du ein Ganzes in Theile zerlegt haſt, iſt es nicht das Ganze mehr. Daher ſind alle Deine Folgerun- gen gar nicht auf den Menſchen anwendbar, er iſt nicht ſo, trotz dem, das Du behaupteſt, er muͤſſe ſo ſeyn, und darum kann ich mich von Deinem neulichen ſcharfſinnigen Beweiſe ſo we- nig uͤberzeugen, daß ich Dich vielmehr vom Gegentheile uͤberzeugen moͤchte. Vergieb mir meine Weitſchweifigkeit, und daß ich, um Dich zu uͤberfuͤhren, ſelbſt in den ſpitzen getadelten Ton Deiner Briefe falle: ich weiß, alles, was ich ſage, iſt unnoͤthig, denn Du glaubſt Deine Behauptung nicht, ich ſage alles dies blos, weil mich eben Dein neulicher Brief von der Sache uͤberzeugt hat, die er wi-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/224>, abgerufen am 24.11.2024.