alles kann ich nicht begreifen: aber genug, daß es geschehen ist! -- Mir bleibt nun nichts wei- ter übrig, als die kleinen beiden Güter in Hamp- shire, wo ich in dem alten verfallenen Hause freylich noch zum Sterben Raum genug finde. -- Ich sehe es schon voraus, wie sich alle meine Bekannten, die mir bisher schmeichelten, zu- rückziehen werden. Man kümmert sich so wenig um den Unglücklichen, der sich aus der großen Welt verliert, alles ist kalt und empfindungs- los, wie die Lichter am Firmamente, wenn ein Stern heruntersinkt. Dies ist das passendste Bild meines Unglücks.
Burton besuchte mich schadenfroh einige Ta- ge vorher, ehe das Urtheil meines Prozesses ge- sprochen ward. Er war ungewöhnlich freund- lich, er betrachtete das Haus und den Garten aufmerksam, schon als sein Eigenthum, -- und ich will ihm auch mein hiesiges Gut verkaufen, um nicht in der Nähe von London zu leben.
Tröste Dich, mein Sohn, und wenn Du viel- leicht von diesem Schlage weniger getroffen seyn solltest, als ich, so versuche Deinen Vater zu trösten. Ich ziehe in zwey Wochen von hier
alles kann ich nicht begreifen: aber genug, daß es geſchehen iſt! — Mir bleibt nun nichts wei- ter uͤbrig, als die kleinen beiden Guͤter in Hamp- ſhire, wo ich in dem alten verfallenen Hauſe freylich noch zum Sterben Raum genug finde. — Ich ſehe es ſchon voraus, wie ſich alle meine Bekannten, die mir bisher ſchmeichelten, zu- ruͤckziehen werden. Man kuͤmmert ſich ſo wenig um den Ungluͤcklichen, der ſich aus der großen Welt verliert, alles iſt kalt und empfindungs- los, wie die Lichter am Firmamente, wenn ein Stern herunterſinkt. Dies iſt das paſſendſte Bild meines Ungluͤcks.
Burton beſuchte mich ſchadenfroh einige Ta- ge vorher, ehe das Urtheil meines Prozeſſes ge- ſprochen ward. Er war ungewoͤhnlich freund- lich, er betrachtete das Haus und den Garten aufmerkſam, ſchon als ſein Eigenthum, — und ich will ihm auch mein hieſiges Gut verkaufen, um nicht in der Naͤhe von London zu leben.
Troͤſte Dich, mein Sohn, und wenn Du viel- leicht von dieſem Schlage weniger getroffen ſeyn ſollteſt, als ich, ſo verſuche Deinen Vater zu troͤſten. Ich ziehe in zwey Wochen von hier
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0136"n="130"/>
alles kann ich nicht begreifen: aber genug, daß<lb/>
es geſchehen iſt! — Mir bleibt nun nichts wei-<lb/>
ter uͤbrig, als die kleinen beiden Guͤter in Hamp-<lb/>ſhire, wo ich in dem alten verfallenen Hauſe<lb/>
freylich noch zum Sterben Raum genug finde. —<lb/>
Ich ſehe es ſchon voraus, wie ſich alle meine<lb/>
Bekannten, die mir bisher ſchmeichelten, zu-<lb/>
ruͤckziehen werden. Man kuͤmmert ſich ſo wenig<lb/>
um den Ungluͤcklichen, der ſich aus der großen<lb/>
Welt verliert, alles iſt kalt und empfindungs-<lb/>
los, wie die Lichter am Firmamente, wenn ein<lb/>
Stern herunterſinkt. Dies iſt das paſſendſte<lb/>
Bild meines Ungluͤcks.</p><lb/><p>Burton beſuchte mich ſchadenfroh einige Ta-<lb/>
ge vorher, ehe das Urtheil meines Prozeſſes ge-<lb/>ſprochen ward. Er war ungewoͤhnlich freund-<lb/>
lich, er betrachtete das Haus und den Garten<lb/>
aufmerkſam, ſchon als ſein Eigenthum, — und<lb/>
ich will ihm auch mein hieſiges Gut verkaufen,<lb/>
um nicht in der Naͤhe von London zu leben.</p><lb/><p>Troͤſte Dich, mein Sohn, und wenn Du viel-<lb/>
leicht von dieſem Schlage weniger getroffen ſeyn<lb/>ſollteſt, als ich, ſo verſuche Deinen Vater zu<lb/>
troͤſten. Ich ziehe in zwey Wochen von hier<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[130/0136]
alles kann ich nicht begreifen: aber genug, daß
es geſchehen iſt! — Mir bleibt nun nichts wei-
ter uͤbrig, als die kleinen beiden Guͤter in Hamp-
ſhire, wo ich in dem alten verfallenen Hauſe
freylich noch zum Sterben Raum genug finde. —
Ich ſehe es ſchon voraus, wie ſich alle meine
Bekannten, die mir bisher ſchmeichelten, zu-
ruͤckziehen werden. Man kuͤmmert ſich ſo wenig
um den Ungluͤcklichen, der ſich aus der großen
Welt verliert, alles iſt kalt und empfindungs-
los, wie die Lichter am Firmamente, wenn ein
Stern herunterſinkt. Dies iſt das paſſendſte
Bild meines Ungluͤcks.
Burton beſuchte mich ſchadenfroh einige Ta-
ge vorher, ehe das Urtheil meines Prozeſſes ge-
ſprochen ward. Er war ungewoͤhnlich freund-
lich, er betrachtete das Haus und den Garten
aufmerkſam, ſchon als ſein Eigenthum, — und
ich will ihm auch mein hieſiges Gut verkaufen,
um nicht in der Naͤhe von London zu leben.
Troͤſte Dich, mein Sohn, und wenn Du viel-
leicht von dieſem Schlage weniger getroffen ſeyn
ſollteſt, als ich, ſo verſuche Deinen Vater zu
troͤſten. Ich ziehe in zwey Wochen von hier
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/136>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.