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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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Shakspeares, -- o vergieb mir meinen Alexan-
derstolz, -- wenn ich nicht Mortimer wäre,
möcht' ich wohl William Lovell seyn. -- Es
thut mir aber dennoch weh, ihn oft so tief in
Träumen verlohren zu sehn, -- er seegelt über
einen Strom, wo er eine göttliche Aussicht hat,
er fühlt sich seelig, indem er sein Auge an die
Schönheit der Landschaft weidet; aber das Fähr-
geld hinüber ist zu theuer und er wird es ge-
wiß selbst bemerken, wenn die Fahrt geendigt
ist und er den Fuß an's Ufer setzt. -- Er schreibt
ihr, so viel ich bemerkt habe, und ich möchte
mit mir selber zanken, daß ich zuweilen eine
Art von Eifersucht empfinde.

Der alte Willy ist gegen ihn der seltsamste
Kontrast, er ist schon itzt mehr unser Freund,
als Diener, und William hat ihn selbst aus ei-
ner gewissen Vorliebe mitgenommen. -- Es ist
eins von den geliebten Wesen Rousseau's, von
keinen Wissenschaften veredelt und verdorben,
von keiner Gelehrsamkeit klüger und dummer ge-
macht, von Schüchternheit und Prätension gleich
weit entfernt: ein Wesen, so natürlich und un-
gekünstelt, als wenn es die mütterliche Natur
nur so eben hätte in die Welt hineinlaufen las-

Shakſpeares, — o vergieb mir meinen Alexan-
derſtolz, — wenn ich nicht Mortimer waͤre,
moͤcht’ ich wohl William Lovell ſeyn. — Es
thut mir aber dennoch weh, ihn oft ſo tief in
Traͤumen verlohren zu ſehn, — er ſeegelt uͤber
einen Strom, wo er eine goͤttliche Ausſicht hat,
er fuͤhlt ſich ſeelig, indem er ſein Auge an die
Schoͤnheit der Landſchaft weidet; aber das Faͤhr-
geld hinuͤber iſt zu theuer und er wird es ge-
wiß ſelbſt bemerken, wenn die Fahrt geendigt
iſt und er den Fuß an’s Ufer ſetzt. — Er ſchreibt
ihr, ſo viel ich bemerkt habe, und ich moͤchte
mit mir ſelber zanken, daß ich zuweilen eine
Art von Eiferſucht empfinde.

Der alte Willy iſt gegen ihn der ſeltſamſte
Kontraſt, er iſt ſchon itzt mehr unſer Freund,
als Diener, und William hat ihn ſelbſt aus ei-
ner gewiſſen Vorliebe mitgenommen. — Es iſt
eins von den geliebten Weſen Rouſſeau’s, von
keinen Wiſſenſchaften veredelt und verdorben,
von keiner Gelehrſamkeit kluͤger und dummer ge-
macht, von Schuͤchternheit und Praͤtenſion gleich
weit entfernt: ein Weſen, ſo natuͤrlich und un-
gekuͤnſtelt, als wenn es die muͤtterliche Natur
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[75[73]/0083] Shakſpeares, — o vergieb mir meinen Alexan- derſtolz, — wenn ich nicht Mortimer waͤre, moͤcht’ ich wohl William Lovell ſeyn. — Es thut mir aber dennoch weh, ihn oft ſo tief in Traͤumen verlohren zu ſehn, — er ſeegelt uͤber einen Strom, wo er eine goͤttliche Ausſicht hat, er fuͤhlt ſich ſeelig, indem er ſein Auge an die Schoͤnheit der Landſchaft weidet; aber das Faͤhr- geld hinuͤber iſt zu theuer und er wird es ge- wiß ſelbſt bemerken, wenn die Fahrt geendigt iſt und er den Fuß an’s Ufer ſetzt. — Er ſchreibt ihr, ſo viel ich bemerkt habe, und ich moͤchte mit mir ſelber zanken, daß ich zuweilen eine Art von Eiferſucht empfinde. Der alte Willy iſt gegen ihn der ſeltſamſte Kontraſt, er iſt ſchon itzt mehr unſer Freund, als Diener, und William hat ihn ſelbſt aus ei- ner gewiſſen Vorliebe mitgenommen. — Es iſt eins von den geliebten Weſen Rouſſeau’s, von keinen Wiſſenſchaften veredelt und verdorben, von keiner Gelehrſamkeit kluͤger und dummer ge- macht, von Schuͤchternheit und Praͤtenſion gleich weit entfernt: ein Weſen, ſo natuͤrlich und un- gekuͤnſtelt, als wenn es die muͤtterliche Natur nur ſo eben haͤtte in die Welt hineinlaufen laſ-

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 75[73]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/83>, abgerufen am 22.11.2024.