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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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mes flimmerte, grosse Schatten vom Pallaste
her und Lichter in der Ferne, Horatio in der
höchsten Spannung, der der seltsamen Erzäh-
lung seines Freundes zuhört, -- und nun tritt
plötzlich der Geist auf, langsam und leise
schwebt er her, ein schwarzer Schatten, um den
ein bleicher Schimmer fließt, matt wie das
blaue Licht einer auslöschenden Lampe. -- Ich
fühlte, wie mir ein Grauen mit kalter Hand
über den Nacken hinab zum Rücken fuhr, die
Stille um mich her ward immer todter, ich
selber ging immer weiter in meinem Innern zu-
rück, und betrachtete in meiner innersten Phan-
tasie mit grauendem Wohlbehagen die Erschei-
nung, aus der umgebenden Welt verlohren.

Plötzlich hört' ich einen langen, leise gezo-
genen Schritt durch das Zimmer, ich blickte
wieder auf, -- und ein Mann ging hinter mir,
nach der Thür meines Schlafzimmers zu, sein
Auge begegnete mir, als ich mich umsah; ein
unwillkührlicher Ausruf entfuhr mir, -- er
gieng unbefangen in mein Schlafzimmer, ich
sah ganz deutlich die weissen Haare auf seinem
Kopfe; der Schatten an der Wand folgte ihm
nach, auf eine fürchterliche Art verzogen. --


mes flimmerte, groſſe Schatten vom Pallaſte
her und Lichter in der Ferne, Horatio in der
hoͤchſten Spannung, der der ſeltſamen Erzaͤh-
lung ſeines Freundes zuhoͤrt, — und nun tritt
ploͤtzlich der Geiſt auf, langſam und leiſe
ſchwebt er her, ein ſchwarzer Schatten, um den
ein bleicher Schimmer fließt, matt wie das
blaue Licht einer ausloͤſchenden Lampe. — Ich
fuͤhlte, wie mir ein Grauen mit kalter Hand
uͤber den Nacken hinab zum Ruͤcken fuhr, die
Stille um mich her ward immer todter, ich
ſelber ging immer weiter in meinem Innern zu-
ruͤck, und betrachtete in meiner innerſten Phan-
taſie mit grauendem Wohlbehagen die Erſchei-
nung, aus der umgebenden Welt verlohren.

Ploͤtzlich hoͤrt’ ich einen langen, leiſe gezo-
genen Schritt durch das Zimmer, ich blickte
wieder auf, — und ein Mann ging hinter mir,
nach der Thuͤr meines Schlafzimmers zu, ſein
Auge begegnete mir, als ich mich umſah; ein
unwillkuͤhrlicher Ausruf entfuhr mir, — er
gieng unbefangen in mein Schlafzimmer, ich
ſah ganz deutlich die weiſſen Haare auf ſeinem
Kopfe; der Schatten an der Wand folgte ihm
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[310[308]/0318] mes flimmerte, groſſe Schatten vom Pallaſte her und Lichter in der Ferne, Horatio in der hoͤchſten Spannung, der der ſeltſamen Erzaͤh- lung ſeines Freundes zuhoͤrt, — und nun tritt ploͤtzlich der Geiſt auf, langſam und leiſe ſchwebt er her, ein ſchwarzer Schatten, um den ein bleicher Schimmer fließt, matt wie das blaue Licht einer ausloͤſchenden Lampe. — Ich fuͤhlte, wie mir ein Grauen mit kalter Hand uͤber den Nacken hinab zum Ruͤcken fuhr, die Stille um mich her ward immer todter, ich ſelber ging immer weiter in meinem Innern zu- ruͤck, und betrachtete in meiner innerſten Phan- taſie mit grauendem Wohlbehagen die Erſchei- nung, aus der umgebenden Welt verlohren. Ploͤtzlich hoͤrt’ ich einen langen, leiſe gezo- genen Schritt durch das Zimmer, ich blickte wieder auf, — und ein Mann ging hinter mir, nach der Thuͤr meines Schlafzimmers zu, ſein Auge begegnete mir, als ich mich umſah; ein unwillkuͤhrlicher Ausruf entfuhr mir, — er gieng unbefangen in mein Schlafzimmer, ich ſah ganz deutlich die weiſſen Haare auf ſeinem Kopfe; der Schatten an der Wand folgte ihm nach, auf eine fuͤrchterliche Art verzogen. —

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 310[308]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/318>, abgerufen am 10.05.2024.