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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

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der größten Geschwindigkeit vor das Schloß
Milfords fahren.

Schon in einer Entfernung weckten mich
Trompeten und lärmende Musik aus meiner Be-
täubung. Ich sprang aus dem Wagen, die be-
schäftigten Bedienten bemerkten mich kaum; ich
stürze wie wahnsinnig die Treppen hinauf, reiße
die Thür auf und stehe im Saale, unter einer
Menge von bekannten und unbekannten Men-
schen; Marie stößt einen Schrei aus und fliegt
unwillkührlich in meine Arme.

Alle waren erstaunt, Waterloo und der alte
Milford warfen sich zwischen uns, sie trennen
uns mit Gewalt. Marie wird fast ohnmächtig
auf ihr Zimmer geführt, Waterloo folgt ihr,
endlich bin ich mit dem Vater allein.

Sie wagen es, fährt er auf, hier zu erschei-
nen? So zu erscheinen? Haben Sie mein
strenges Verbot vergessen?

Ja, ich wage es, rief ich aus, ich wage dies
und noch mehr. Waterloo ist ein Verräther,
er soll mir seine Niederträchtigkeit mit seinem
Leben büßen!

Ich weiß nicht mehr, was ich alles sagte,
aber eine heftige Wuth hatte sich meiner be-

Lovell, I. Bd. R

der groͤßten Geſchwindigkeit vor das Schloß
Milfords fahren.

Schon in einer Entfernung weckten mich
Trompeten und laͤrmende Muſik aus meiner Be-
taͤubung. Ich ſprang aus dem Wagen, die be-
ſchaͤftigten Bedienten bemerkten mich kaum; ich
ſtuͤrze wie wahnſinnig die Treppen hinauf, reiße
die Thuͤr auf und ſtehe im Saale, unter einer
Menge von bekannten und unbekannten Men-
ſchen; Marie ſtoͤßt einen Schrei aus und fliegt
unwillkuͤhrlich in meine Arme.

Alle waren erſtaunt, Waterloo und der alte
Milford warfen ſich zwiſchen uns, ſie trennen
uns mit Gewalt. Marie wird faſt ohnmaͤchtig
auf ihr Zimmer gefuͤhrt, Waterloo folgt ihr,
endlich bin ich mit dem Vater allein.

Sie wagen es, faͤhrt er auf, hier zu erſchei-
nen? So zu erſcheinen? Haben Sie mein
ſtrenges Verbot vergeſſen?

Ja, ich wage es, rief ich aus, ich wage dies
und noch mehr. Waterloo iſt ein Verraͤther,
er ſoll mir ſeine Niedertraͤchtigkeit mit ſeinem
Leben buͤßen!

Ich weiß nicht mehr, was ich alles ſagte,
aber eine heftige Wuth hatte ſich meiner be-

Lovell, I. Bd. R
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[257[255]/0265] der groͤßten Geſchwindigkeit vor das Schloß Milfords fahren. Schon in einer Entfernung weckten mich Trompeten und laͤrmende Muſik aus meiner Be- taͤubung. Ich ſprang aus dem Wagen, die be- ſchaͤftigten Bedienten bemerkten mich kaum; ich ſtuͤrze wie wahnſinnig die Treppen hinauf, reiße die Thuͤr auf und ſtehe im Saale, unter einer Menge von bekannten und unbekannten Men- ſchen; Marie ſtoͤßt einen Schrei aus und fliegt unwillkuͤhrlich in meine Arme. Alle waren erſtaunt, Waterloo und der alte Milford warfen ſich zwiſchen uns, ſie trennen uns mit Gewalt. Marie wird faſt ohnmaͤchtig auf ihr Zimmer gefuͤhrt, Waterloo folgt ihr, endlich bin ich mit dem Vater allein. Sie wagen es, faͤhrt er auf, hier zu erſchei- nen? So zu erſcheinen? Haben Sie mein ſtrenges Verbot vergeſſen? Ja, ich wage es, rief ich aus, ich wage dies und noch mehr. Waterloo iſt ein Verraͤther, er ſoll mir ſeine Niedertraͤchtigkeit mit ſeinem Leben buͤßen! Ich weiß nicht mehr, was ich alles ſagte, aber eine heftige Wuth hatte ſich meiner be- Lovell, I. Bd. R

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 257[255]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/265>, abgerufen am 22.11.2024.