ner beständigen liebenswürdigen Verwirrung ge- wesen, so heimlich vertraulich und dann wieder so plötzlich zurückgezogen, so entgegenkommend und freundlich, -- aber ich reise dennoch, ich reise eben deswegen. Arme Emilie! und armer Karl!
Doch, was helfen alle Klagen? Die Welt wird darum doch nicht anders, unsre Verhält- nisse werden von dem Wehen unsrer Seufzer nicht umgeworfen. So wenig Laune mir auch übrig geblieben seyn mag, so wollen wir doch beide versuchen, uns gegenseitig zu trösten; die Freundschaft hat über das Gemüth eine sehr große Gewalt, in Gesprächen, in hundert klei- nen Zerstreuungen verlieren sich endlich jene trüben Empfindungen, eine Freude wäscht nach der andern den Gram aus unserm Herzen, -- ja, wir wollen dennoch froh mit einander seyn. Man kann sich gegenseitig tausendfaches Ver- gnügen erschaffen und die gewöhnlichen Freuden erhöhen; in des Freundes Gesellschaft sprießen auch Blumen aus dem dürrsten Boden, man lacht und freut sich über tausend Kleinigkeiten, die man in der Einsamkeit kaum bemerken wür- de. -- O, ich fange wieder an, aufzuleben, wenn
ich
ner beſtaͤndigen liebenswuͤrdigen Verwirrung ge- weſen, ſo heimlich vertraulich und dann wieder ſo ploͤtzlich zuruͤckgezogen, ſo entgegenkommend und freundlich, — aber ich reiſe dennoch, ich reiſe eben deswegen. Arme Emilie! und armer Karl!
Doch, was helfen alle Klagen? Die Welt wird darum doch nicht anders, unſre Verhaͤlt- niſſe werden von dem Wehen unſrer Seufzer nicht umgeworfen. So wenig Laune mir auch uͤbrig geblieben ſeyn mag, ſo wollen wir doch beide verſuchen, uns gegenſeitig zu troͤſten; die Freundſchaft hat uͤber das Gemuͤth eine ſehr große Gewalt, in Geſpraͤchen, in hundert klei- nen Zerſtreuungen verlieren ſich endlich jene truͤben Empfindungen, eine Freude waͤſcht nach der andern den Gram aus unſerm Herzen, — ja, wir wollen dennoch froh mit einander ſeyn. Man kann ſich gegenſeitig tauſendfaches Ver- gnuͤgen erſchaffen und die gewoͤhnlichen Freuden erhoͤhen; in des Freundes Geſellſchaft ſprießen auch Blumen aus dem duͤrrſten Boden, man lacht und freut ſich uͤber tauſend Kleinigkeiten, die man in der Einſamkeit kaum bemerken wuͤr- de. — O, ich fange wieder an, aufzuleben, wenn
ich
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[208[206]/0216]
ner beſtaͤndigen liebenswuͤrdigen Verwirrung ge-
weſen, ſo heimlich vertraulich und dann wieder
ſo ploͤtzlich zuruͤckgezogen, ſo entgegenkommend
und freundlich, — aber ich reiſe dennoch, ich
reiſe eben deswegen. Arme Emilie! und armer
Karl!
Doch, was helfen alle Klagen? Die Welt
wird darum doch nicht anders, unſre Verhaͤlt-
niſſe werden von dem Wehen unſrer Seufzer
nicht umgeworfen. So wenig Laune mir auch
uͤbrig geblieben ſeyn mag, ſo wollen wir doch
beide verſuchen, uns gegenſeitig zu troͤſten; die
Freundſchaft hat uͤber das Gemuͤth eine ſehr
große Gewalt, in Geſpraͤchen, in hundert klei-
nen Zerſtreuungen verlieren ſich endlich jene
truͤben Empfindungen, eine Freude waͤſcht nach
der andern den Gram aus unſerm Herzen, —
ja, wir wollen dennoch froh mit einander ſeyn.
Man kann ſich gegenſeitig tauſendfaches Ver-
gnuͤgen erſchaffen und die gewoͤhnlichen Freuden
erhoͤhen; in des Freundes Geſellſchaft ſprießen
auch Blumen aus dem duͤrrſten Boden, man
lacht und freut ſich uͤber tauſend Kleinigkeiten,
die man in der Einſamkeit kaum bemerken wuͤr-
de. — O, ich fange wieder an, aufzuleben, wenn
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 208[206]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/216>, abgerufen am 23.11.2024.
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