daß ich eben in Versuchung war, Dir damit Langeweile zu machen.
Ich werde also vielleicht meine Liebe bald aufgeben müssen; hintergehn mag ich den Vater nicht; sie von ihm geschenkt haben, eben so wenig, -- ja, ich würde mich selbst be- denken, sie von ihm auf irgend eine Art zu ver- dienen. Er ist ein gemeiner Mensch. -- Ich mache mir oft einen Vorwurf daraus, daß ich noch hier und noch so oft in seiner Gesellschaft bin. -- Manche Menschen, die alles entweder aus einem guten oder schlechten Gesichtspunkte ansehn müssen, könnten es gar für die niedrig- ste, schleichendste Art von Schmeichelei halten; doch, diese Insekten müssen einem im Leben nie viel bekümmern, am wenigsten muß man sich ihrentwegen geniren. Der Sohn, der der edel- ste junge Mann ist, kennt mich, er ist mein inni- ger Freund geworden und er ist itzt die größte von allen Ursachen, die mich noch hier in Bon- street zurückhalten. Ich glaube, daß Emilie mich nicht haßt, -- wenn einst nach dem Tode -- doch pfui! wie leicht man doch in der Schwä- che von unedeln Gedanken überrascht wird! -- Genug, ich traue mir Stärke genug zu, mei-
daß ich eben in Verſuchung war, Dir damit Langeweile zu machen.
Ich werde alſo vielleicht meine Liebe bald aufgeben muͤſſen; hintergehn mag ich den Vater nicht; ſie von ihm geſchenkt haben, eben ſo wenig, — ja, ich wuͤrde mich ſelbſt be- denken, ſie von ihm auf irgend eine Art zu ver- dienen. Er iſt ein gemeiner Menſch. — Ich mache mir oft einen Vorwurf daraus, daß ich noch hier und noch ſo oft in ſeiner Geſellſchaft bin. — Manche Menſchen, die alles entweder aus einem guten oder ſchlechten Geſichtspunkte anſehn muͤſſen, koͤnnten es gar fuͤr die niedrig- ſte, ſchleichendſte Art von Schmeichelei halten; doch, dieſe Inſekten muͤſſen einem im Leben nie viel bekuͤmmern, am wenigſten muß man ſich ihrentwegen geniren. Der Sohn, der der edel- ſte junge Mann iſt, kennt mich, er iſt mein inni- ger Freund geworden und er iſt itzt die groͤßte von allen Urſachen, die mich noch hier in Bon- ſtreet zuruͤckhalten. Ich glaube, daß Emilie mich nicht haßt, — wenn einſt nach dem Tode — doch pfui! wie leicht man doch in der Schwaͤ- che von unedeln Gedanken uͤberraſcht wird! — Genug, ich traue mir Staͤrke genug zu, mei-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0141"n="133[131]"/>
daß ich eben in Verſuchung war, Dir damit<lb/>
Langeweile zu machen.</p><lb/><p>Ich werde alſo vielleicht meine Liebe bald<lb/>
aufgeben muͤſſen; <hirendition="#g">hintergehn</hi> mag ich den<lb/>
Vater nicht; ſie von ihm <hirendition="#g">geſchenkt</hi> haben,<lb/>
eben ſo wenig, — ja, ich wuͤrde mich ſelbſt be-<lb/>
denken, ſie von ihm auf irgend eine Art zu <hirendition="#g">ver-<lb/>
dienen</hi>. Er iſt ein gemeiner Menſch. — Ich<lb/>
mache mir oft einen Vorwurf daraus, daß ich<lb/>
noch hier und noch ſo oft in ſeiner Geſellſchaft<lb/>
bin. — Manche Menſchen, die alles entweder<lb/>
aus einem guten oder ſchlechten Geſichtspunkte<lb/>
anſehn muͤſſen, koͤnnten es gar fuͤr die niedrig-<lb/>ſte, ſchleichendſte Art von Schmeichelei halten;<lb/>
doch, dieſe Inſekten muͤſſen einem im Leben nie<lb/>
viel bekuͤmmern, am wenigſten muß man ſich<lb/>
ihrentwegen geniren. Der Sohn, der der edel-<lb/>ſte junge Mann iſt, kennt mich, er iſt mein inni-<lb/>
ger Freund geworden und er iſt itzt die groͤßte<lb/>
von allen Urſachen, die mich noch hier in Bon-<lb/>ſtreet zuruͤckhalten. Ich glaube, daß Emilie<lb/>
mich nicht haßt, — wenn einſt nach dem Tode —<lb/>
doch pfui! wie leicht man doch in der Schwaͤ-<lb/>
che von unedeln Gedanken uͤberraſcht wird! —<lb/>
Genug, ich traue mir Staͤrke genug zu, mei-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[133[131]/0141]
daß ich eben in Verſuchung war, Dir damit
Langeweile zu machen.
Ich werde alſo vielleicht meine Liebe bald
aufgeben muͤſſen; hintergehn mag ich den
Vater nicht; ſie von ihm geſchenkt haben,
eben ſo wenig, — ja, ich wuͤrde mich ſelbſt be-
denken, ſie von ihm auf irgend eine Art zu ver-
dienen. Er iſt ein gemeiner Menſch. — Ich
mache mir oft einen Vorwurf daraus, daß ich
noch hier und noch ſo oft in ſeiner Geſellſchaft
bin. — Manche Menſchen, die alles entweder
aus einem guten oder ſchlechten Geſichtspunkte
anſehn muͤſſen, koͤnnten es gar fuͤr die niedrig-
ſte, ſchleichendſte Art von Schmeichelei halten;
doch, dieſe Inſekten muͤſſen einem im Leben nie
viel bekuͤmmern, am wenigſten muß man ſich
ihrentwegen geniren. Der Sohn, der der edel-
ſte junge Mann iſt, kennt mich, er iſt mein inni-
ger Freund geworden und er iſt itzt die groͤßte
von allen Urſachen, die mich noch hier in Bon-
ſtreet zuruͤckhalten. Ich glaube, daß Emilie
mich nicht haßt, — wenn einſt nach dem Tode —
doch pfui! wie leicht man doch in der Schwaͤ-
che von unedeln Gedanken uͤberraſcht wird! —
Genug, ich traue mir Staͤrke genug zu, mei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 133[131]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/141>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.