Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und Diesen wohl am wenigsten, der zu allen Dingen in der Welt besser als zu einem Ehemanne paßt. Halb schmerzhaft und doch lächelnd warf sie dem Jüngling einen scheidenden Blick zu und verließ den Saal. Sophie! rief Eduard aus und wollte ihr nacheilen: wie kannst du diese Worte sprechen? Der Alte hielt ihn am Kleide fest und machte Miene, ihm noch eine lange Ermahnung zu halten; doch Eduard, der nun die Geduld völlig verloren hatte, nahm seinen Hut, stellte sich vor den Vater und sagte mit einer Stimme, die von Zorn und Schluchzen unterdrückt war: ich gehe, alter Herr, und komme nicht, merken Sie sich das! in Ihr Haus zurück, bis Sie mich rufen lassen! bis Sie mich selber wieder hieher zurück rufen! Ja, bis Sie mich inständig bitten, Ihre Wohnung nicht zu verschmähen! Es kann mir nicht fehlen; Talente, gute Aufführung, Kenntnisse, sie bahnen mir den Weg zu den höchsten Ehrenstellen. Dem Prinzen bin ich schon empfohlen. Das ist aber nur die erste und kleinste Staffel meines Glücks! Ganz andre Wege müssen sich mir eröffnen. Und wenn dann die Stadt es sich zur Ehre rechnet, mich geboren zu haben, wenn ich diese jetzige Stunde ganz vergessen habe, dann sende ich irgend einen Vertrauten von Ansehen zu Ihnen und lasse unter der Hand anfragen, wie es um Ihre Tochter steht: dann fallen Sie aus den Wolken, daß ich noch an Sie denke, Sie falten andächtig die Hände, daß sich Ihnen die Möglichkeit zeigt, einen solchen Schwiegersohn zu erhalten, -- und so, gerade so wird es kommen, und Diesen wohl am wenigsten, der zu allen Dingen in der Welt besser als zu einem Ehemanne paßt. Halb schmerzhaft und doch lächelnd warf sie dem Jüngling einen scheidenden Blick zu und verließ den Saal. Sophie! rief Eduard aus und wollte ihr nacheilen: wie kannst du diese Worte sprechen? Der Alte hielt ihn am Kleide fest und machte Miene, ihm noch eine lange Ermahnung zu halten; doch Eduard, der nun die Geduld völlig verloren hatte, nahm seinen Hut, stellte sich vor den Vater und sagte mit einer Stimme, die von Zorn und Schluchzen unterdrückt war: ich gehe, alter Herr, und komme nicht, merken Sie sich das! in Ihr Haus zurück, bis Sie mich rufen lassen! bis Sie mich selber wieder hieher zurück rufen! Ja, bis Sie mich inständig bitten, Ihre Wohnung nicht zu verschmähen! Es kann mir nicht fehlen; Talente, gute Aufführung, Kenntnisse, sie bahnen mir den Weg zu den höchsten Ehrenstellen. Dem Prinzen bin ich schon empfohlen. Das ist aber nur die erste und kleinste Staffel meines Glücks! Ganz andre Wege müssen sich mir eröffnen. Und wenn dann die Stadt es sich zur Ehre rechnet, mich geboren zu haben, wenn ich diese jetzige Stunde ganz vergessen habe, dann sende ich irgend einen Vertrauten von Ansehen zu Ihnen und lasse unter der Hand anfragen, wie es um Ihre Tochter steht: dann fallen Sie aus den Wolken, daß ich noch an Sie denke, Sie falten andächtig die Hände, daß sich Ihnen die Möglichkeit zeigt, einen solchen Schwiegersohn zu erhalten, — und so, gerade so wird es kommen, <TEI> <text> <body> <div n="5"> <p><pb facs="#f0081"/> und Diesen wohl am wenigsten, der zu allen Dingen in der Welt besser als zu einem Ehemanne paßt. Halb schmerzhaft und doch lächelnd warf sie dem Jüngling einen scheidenden Blick zu und verließ den Saal. Sophie! rief Eduard aus und wollte ihr nacheilen: wie kannst du diese Worte sprechen? Der Alte hielt ihn am Kleide fest und machte Miene, ihm noch eine lange Ermahnung zu halten; doch Eduard, der nun die Geduld völlig verloren hatte, nahm seinen Hut, stellte sich vor den Vater und sagte mit einer Stimme, die von Zorn und Schluchzen unterdrückt war: ich gehe, alter Herr, und komme nicht, merken Sie sich das! in Ihr Haus zurück, bis Sie mich rufen lassen! bis Sie mich selber wieder hieher zurück rufen! Ja, bis Sie mich inständig bitten, Ihre Wohnung nicht zu verschmähen! Es kann mir nicht fehlen; Talente, gute Aufführung, Kenntnisse, sie bahnen mir den Weg zu den höchsten Ehrenstellen. Dem Prinzen bin ich schon empfohlen. Das ist aber nur die erste und kleinste Staffel meines Glücks! Ganz andre Wege müssen sich mir eröffnen. Und wenn dann die Stadt es sich zur Ehre rechnet, mich geboren zu haben, wenn ich diese jetzige Stunde ganz vergessen habe, dann sende ich irgend einen Vertrauten von Ansehen zu Ihnen und lasse unter der Hand anfragen, wie es um Ihre Tochter steht: dann fallen Sie aus den Wolken, daß ich noch an Sie denke, Sie falten andächtig die Hände, daß sich Ihnen die Möglichkeit zeigt, einen solchen Schwiegersohn zu erhalten, — und so, gerade so wird es kommen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0081]
und Diesen wohl am wenigsten, der zu allen Dingen in der Welt besser als zu einem Ehemanne paßt. Halb schmerzhaft und doch lächelnd warf sie dem Jüngling einen scheidenden Blick zu und verließ den Saal. Sophie! rief Eduard aus und wollte ihr nacheilen: wie kannst du diese Worte sprechen? Der Alte hielt ihn am Kleide fest und machte Miene, ihm noch eine lange Ermahnung zu halten; doch Eduard, der nun die Geduld völlig verloren hatte, nahm seinen Hut, stellte sich vor den Vater und sagte mit einer Stimme, die von Zorn und Schluchzen unterdrückt war: ich gehe, alter Herr, und komme nicht, merken Sie sich das! in Ihr Haus zurück, bis Sie mich rufen lassen! bis Sie mich selber wieder hieher zurück rufen! Ja, bis Sie mich inständig bitten, Ihre Wohnung nicht zu verschmähen! Es kann mir nicht fehlen; Talente, gute Aufführung, Kenntnisse, sie bahnen mir den Weg zu den höchsten Ehrenstellen. Dem Prinzen bin ich schon empfohlen. Das ist aber nur die erste und kleinste Staffel meines Glücks! Ganz andre Wege müssen sich mir eröffnen. Und wenn dann die Stadt es sich zur Ehre rechnet, mich geboren zu haben, wenn ich diese jetzige Stunde ganz vergessen habe, dann sende ich irgend einen Vertrauten von Ansehen zu Ihnen und lasse unter der Hand anfragen, wie es um Ihre Tochter steht: dann fallen Sie aus den Wolken, daß ich noch an Sie denke, Sie falten andächtig die Hände, daß sich Ihnen die Möglichkeit zeigt, einen solchen Schwiegersohn zu erhalten, — und so, gerade so wird es kommen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T12:27:02Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T12:27:02Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |