Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.allerlei säuerlicher Zuthat verkocht; die Menschen unreal, wie er denn so selten ein lebendiges Wesen auf zwei gesunde Beine zu stellen vermocht habe" : allein wenn man mit solchem Maße messen wollte, so müßte man das Unerhörte begehen, aus einer Novellensammlung, die zwar nicht unter literargeschichtlichen Gesichtspunkten angelegt, aber doch auf unsere Literaturgrößen möglichste Rücksicht zu nehmen verpflichtet ist, einen Tieck, und dazu den Vater der modernen Novelle, völlig auszuschließen. Lassen wir uns daher durch keine Schattenseite den unverwüstlichen liebenswürdigen Humor dieser Novelle verderben, zu dessen Empfehlung nichts weiter beizufügen nöthig ist. Das aber möchte noch hervorzuheben sein, daß er, der einst das Wesen der Novelle so scharf definirt hatte, gegen das Ende seines Lebens den merkwürdigen Ausspruch thut: "Es ist nicht leicht zu sagen, was eigentlich die Novelle sei, und wie sie sich von den verwandten Gattungen, Roman und Erzählung, unterscheide. -- Es ist sehr schwer, hier einen allgemeinen Begriff zu finden, auf den sich alle Erscheinungen dieser Art zurückbringen ließen." allerlei säuerlicher Zuthat verkocht; die Menschen unreal, wie er denn so selten ein lebendiges Wesen auf zwei gesunde Beine zu stellen vermocht habe“ : allein wenn man mit solchem Maße messen wollte, so müßte man das Unerhörte begehen, aus einer Novellensammlung, die zwar nicht unter literargeschichtlichen Gesichtspunkten angelegt, aber doch auf unsere Literaturgrößen möglichste Rücksicht zu nehmen verpflichtet ist, einen Tieck, und dazu den Vater der modernen Novelle, völlig auszuschließen. Lassen wir uns daher durch keine Schattenseite den unverwüstlichen liebenswürdigen Humor dieser Novelle verderben, zu dessen Empfehlung nichts weiter beizufügen nöthig ist. Das aber möchte noch hervorzuheben sein, daß er, der einst das Wesen der Novelle so scharf definirt hatte, gegen das Ende seines Lebens den merkwürdigen Ausspruch thut: „Es ist nicht leicht zu sagen, was eigentlich die Novelle sei, und wie sie sich von den verwandten Gattungen, Roman und Erzählung, unterscheide. — Es ist sehr schwer, hier einen allgemeinen Begriff zu finden, auf den sich alle Erscheinungen dieser Art zurückbringen ließen.“ <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0012"/> allerlei säuerlicher Zuthat verkocht; die Menschen unreal, wie er denn so selten ein lebendiges Wesen auf zwei gesunde Beine zu stellen vermocht habe“ : allein wenn man mit solchem Maße messen wollte, so müßte man das Unerhörte begehen, aus einer Novellensammlung, die zwar nicht unter literargeschichtlichen Gesichtspunkten angelegt, aber doch auf unsere Literaturgrößen möglichste Rücksicht zu nehmen verpflichtet ist, einen Tieck, und dazu den Vater der modernen Novelle, völlig auszuschließen. Lassen wir uns daher durch keine Schattenseite den unverwüstlichen liebenswürdigen Humor dieser Novelle verderben, zu dessen Empfehlung nichts weiter beizufügen nöthig ist.</p><lb/> <p>Das aber möchte noch hervorzuheben sein, daß er, der einst das Wesen der Novelle so scharf definirt hatte, gegen das Ende seines Lebens den merkwürdigen Ausspruch thut: „Es ist nicht leicht zu sagen, was eigentlich die Novelle sei, und wie sie sich von den verwandten Gattungen, Roman und Erzählung, unterscheide. — Es ist sehr schwer, hier einen allgemeinen Begriff zu finden, auf den sich alle Erscheinungen dieser Art zurückbringen ließen.“</p><lb/> <byline> <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118778277">K.</persName> </byline><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [0012]
allerlei säuerlicher Zuthat verkocht; die Menschen unreal, wie er denn so selten ein lebendiges Wesen auf zwei gesunde Beine zu stellen vermocht habe“ : allein wenn man mit solchem Maße messen wollte, so müßte man das Unerhörte begehen, aus einer Novellensammlung, die zwar nicht unter literargeschichtlichen Gesichtspunkten angelegt, aber doch auf unsere Literaturgrößen möglichste Rücksicht zu nehmen verpflichtet ist, einen Tieck, und dazu den Vater der modernen Novelle, völlig auszuschließen. Lassen wir uns daher durch keine Schattenseite den unverwüstlichen liebenswürdigen Humor dieser Novelle verderben, zu dessen Empfehlung nichts weiter beizufügen nöthig ist.
Das aber möchte noch hervorzuheben sein, daß er, der einst das Wesen der Novelle so scharf definirt hatte, gegen das Ende seines Lebens den merkwürdigen Ausspruch thut: „Es ist nicht leicht zu sagen, was eigentlich die Novelle sei, und wie sie sich von den verwandten Gattungen, Roman und Erzählung, unterscheide. — Es ist sehr schwer, hier einen allgemeinen Begriff zu finden, auf den sich alle Erscheinungen dieser Art zurückbringen ließen.“
K.
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: Die Gemälde. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–123. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_gemaelde_1910/12>, abgerufen am 27.07.2024. |