Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Erste Abtheilung.
den die Waaren gewogen und nach der Stadt gebracht,
wo jene Aufkäufer sie an die Kaufleute im Lande theuer
wieder verkaufen. Dieser öffentliche Verkauf heißt
Kambang, welches ungefähr so viel als bey uns Markt
bedeutet. --

Einhorn wurde dies Jahr auf dem Kambang ziem-
lich theuer verkauft. Vor diesem wurde es gewöhnlich
heimlich herein gebracht, und mit unglaublichem Vortheil
abgesetzt. Die Japaner haben eine übertriebne Mei-
nung von dem medicinischen Nutzen desselben in Verlän-
gerung des Lebens, Stärkung der Lebensgeister und des
Gedächtnisses, und Heilung aller Krämpfe. Dieser
Handelszweig ist den Holländern erst vor einiger Zeit,
und zwar durch einen Zufall bekannt geworden. Ein nach
Europa zurück gegangner Chef des hiesigen Handels schick-
te einem seiner Freunde unter den Dolmetschern nebst an-
dern Seltenheiten ein großes und schön gewundnes Grön-
ländisches Einhorn, und dieser Mann wurde durch den
Verkauf desselben ein ungemein reicher Mann. Seit
dieser Zeit haben die Holländer aus Europa alles nur
aufzutreibende Einhorn verschrieben, und in Japan sehr
viel darauf gewonnen. Im Anfange wurde jedes Katje
oder 5/4 Pfund für 100 Kobang oder 600 Thaler ver-
kauft, hernach ist der Preis allmählig bis 70, 50 und
30 Kobang gefallen. Da dies Jahr der weite Rock des
Capitains abgelegt werden mußte, und nicht heimlich
eingebracht werden konnte, sah man sich genöthigt, alles
auf dem Kambang zu verkaufen, da jedes Katje zu
136 Thaler angebracht wurde, 1 Mas Japanisches Sil-
ber für 8 Mas und 5 Coederyn Einhorn gerechnet. Konn-
te man auf dem Schiffe ein oder andres Einhorn heim-
lich verkaufen, so wurde es mit 15 bis 16 Kobana be-
zahlt. Die 37 Katje, 4 Thail und 6 Mas Einhorn, die

Erſte Abtheilung.
den die Waaren gewogen und nach der Stadt gebracht,
wo jene Aufkaͤufer ſie an die Kaufleute im Lande theuer
wieder verkaufen. Dieſer oͤffentliche Verkauf heißt
Kambang, welches ungefaͤhr ſo viel als bey uns Markt
bedeutet. —

Einhorn wurde dies Jahr auf dem Kambang ziem-
lich theuer verkauft. Vor dieſem wurde es gewoͤhnlich
heimlich herein gebracht, und mit unglaublichem Vortheil
abgeſetzt. Die Japaner haben eine uͤbertriebne Mei-
nung von dem mediciniſchen Nutzen deſſelben in Verlaͤn-
gerung des Lebens, Staͤrkung der Lebensgeiſter und des
Gedaͤchtniſſes, und Heilung aller Kraͤmpfe. Dieſer
Handelszweig iſt den Hollaͤndern erſt vor einiger Zeit,
und zwar durch einen Zufall bekannt geworden. Ein nach
Europa zuruͤck gegangner Chef des hieſigen Handels ſchick-
te einem ſeiner Freunde unter den Dolmetſchern nebſt an-
dern Seltenheiten ein großes und ſchoͤn gewundnes Groͤn-
laͤndiſches Einhorn, und dieſer Mann wurde durch den
Verkauf deſſelben ein ungemein reicher Mann. Seit
dieſer Zeit haben die Hollaͤnder aus Europa alles nur
aufzutreibende Einhorn verſchrieben, und in Japan ſehr
viel darauf gewonnen. Im Anfange wurde jedes Katje
oder 5/4 Pfund fuͤr 100 Kobang oder 600 Thaler ver-
kauft, hernach iſt der Preis allmaͤhlig bis 70, 50 und
30 Kobang gefallen. Da dies Jahr der weite Rock des
Capitains abgelegt werden mußte, und nicht heimlich
eingebracht werden konnte, ſah man ſich genoͤthigt, alles
auf dem Kambang zu verkaufen, da jedes Katje zu
136 Thaler angebracht wurde, 1 Mas Japaniſches Sil-
ber fuͤr 8 Mas und 5 Coederyn Einhorn gerechnet. Konn-
te man auf dem Schiffe ein oder andres Einhorn heim-
lich verkaufen, ſo wurde es mit 15 bis 16 Kobana be-
zahlt. Die 37 Katje, 4 Thail und 6 Mas Einhorn, die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0088" n="54"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;te Abtheilung.</hi></fw><lb/>
den die Waaren gewogen und nach der Stadt gebracht,<lb/>
wo jene Aufka&#x0364;ufer &#x017F;ie an die Kaufleute im Lande theuer<lb/>
wieder verkaufen. Die&#x017F;er o&#x0364;ffentliche Verkauf heißt<lb/>
Kambang, welches ungefa&#x0364;hr &#x017F;o viel als bey uns Markt<lb/>
bedeutet. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Einhorn wurde dies Jahr auf dem Kambang ziem-<lb/>
lich theuer verkauft. Vor die&#x017F;em wurde es gewo&#x0364;hnlich<lb/>
heimlich herein gebracht, und mit unglaublichem Vortheil<lb/>
abge&#x017F;etzt. Die Japaner haben eine u&#x0364;bertriebne Mei-<lb/>
nung von dem medicini&#x017F;chen Nutzen de&#x017F;&#x017F;elben in Verla&#x0364;n-<lb/>
gerung des Lebens, Sta&#x0364;rkung der Lebensgei&#x017F;ter und des<lb/>
Geda&#x0364;chtni&#x017F;&#x017F;es, und Heilung aller Kra&#x0364;mpfe. Die&#x017F;er<lb/>
Handelszweig i&#x017F;t den Holla&#x0364;ndern er&#x017F;t vor einiger Zeit,<lb/>
und zwar durch einen Zufall bekannt geworden. Ein nach<lb/><placeName>Europa</placeName> zuru&#x0364;ck gegangner Chef des hie&#x017F;igen Handels &#x017F;chick-<lb/>
te einem &#x017F;einer Freunde unter den Dolmet&#x017F;chern neb&#x017F;t an-<lb/>
dern Seltenheiten ein großes und &#x017F;cho&#x0364;n gewundnes Gro&#x0364;n-<lb/>
la&#x0364;ndi&#x017F;ches Einhorn, und die&#x017F;er Mann wurde durch den<lb/>
Verkauf de&#x017F;&#x017F;elben ein ungemein reicher Mann. Seit<lb/>
die&#x017F;er Zeit haben die Holla&#x0364;nder aus <placeName>Europa</placeName> alles nur<lb/>
aufzutreibende Einhorn ver&#x017F;chrieben, und in <placeName>Japan</placeName> &#x017F;ehr<lb/>
viel darauf gewonnen. Im Anfange wurde jedes Katje<lb/>
oder 5/4 Pfund fu&#x0364;r 100 Kobang oder 600 Thaler ver-<lb/>
kauft, hernach i&#x017F;t der Preis allma&#x0364;hlig bis 70, 50 und<lb/>
30 Kobang gefallen. Da dies Jahr der weite Rock des<lb/>
Capitains abgelegt werden mußte, und nicht heimlich<lb/>
eingebracht werden konnte, &#x017F;ah man &#x017F;ich geno&#x0364;thigt, alles<lb/>
auf dem Kambang zu verkaufen, da jedes Katje zu<lb/>
136 Thaler angebracht wurde, 1 Mas Japani&#x017F;ches Sil-<lb/>
ber fu&#x0364;r 8 Mas und 5 Coederyn Einhorn gerechnet. Konn-<lb/>
te man auf dem Schiffe ein oder andres Einhorn heim-<lb/>
lich verkaufen, &#x017F;o wurde es mit 15 bis 16 Kobana be-<lb/>
zahlt. Die 37 Katje, 4 Thail und 6 Mas Einhorn, die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[54/0088] Erſte Abtheilung. den die Waaren gewogen und nach der Stadt gebracht, wo jene Aufkaͤufer ſie an die Kaufleute im Lande theuer wieder verkaufen. Dieſer oͤffentliche Verkauf heißt Kambang, welches ungefaͤhr ſo viel als bey uns Markt bedeutet. — Einhorn wurde dies Jahr auf dem Kambang ziem- lich theuer verkauft. Vor dieſem wurde es gewoͤhnlich heimlich herein gebracht, und mit unglaublichem Vortheil abgeſetzt. Die Japaner haben eine uͤbertriebne Mei- nung von dem mediciniſchen Nutzen deſſelben in Verlaͤn- gerung des Lebens, Staͤrkung der Lebensgeiſter und des Gedaͤchtniſſes, und Heilung aller Kraͤmpfe. Dieſer Handelszweig iſt den Hollaͤndern erſt vor einiger Zeit, und zwar durch einen Zufall bekannt geworden. Ein nach Europa zuruͤck gegangner Chef des hieſigen Handels ſchick- te einem ſeiner Freunde unter den Dolmetſchern nebſt an- dern Seltenheiten ein großes und ſchoͤn gewundnes Groͤn- laͤndiſches Einhorn, und dieſer Mann wurde durch den Verkauf deſſelben ein ungemein reicher Mann. Seit dieſer Zeit haben die Hollaͤnder aus Europa alles nur aufzutreibende Einhorn verſchrieben, und in Japan ſehr viel darauf gewonnen. Im Anfange wurde jedes Katje oder 5/4 Pfund fuͤr 100 Kobang oder 600 Thaler ver- kauft, hernach iſt der Preis allmaͤhlig bis 70, 50 und 30 Kobang gefallen. Da dies Jahr der weite Rock des Capitains abgelegt werden mußte, und nicht heimlich eingebracht werden konnte, ſah man ſich genoͤthigt, alles auf dem Kambang zu verkaufen, da jedes Katje zu 136 Thaler angebracht wurde, 1 Mas Japaniſches Sil- ber fuͤr 8 Mas und 5 Coederyn Einhorn gerechnet. Konn- te man auf dem Schiffe ein oder andres Einhorn heim- lich verkaufen, ſo wurde es mit 15 bis 16 Kobana be- zahlt. Die 37 Katje, 4 Thail und 6 Mas Einhorn, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/88
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/88>, abgerufen am 23.11.2024.