es für Fischrogen, den man eingesalzen, etwas gepreßt und hernach gedörret hatte. -- Vor der Seeflasche (Tetrodon hispidus) muß man sich hier in Acht neh- men. Er ist so giftig, daß er denen, welche davon essen, nicht selten den Tod zuzieht. Die Japaner haben ihm deswegen auch einen Nahmen gegeben, welcher so viel sagt, als dieser Fisch mache Norden dem Menschen zum Kopf- kissen, weil unter ihnen der Gebrauch allgemein ist, daß, wenn jemand mit dem Tode ringt, der Kopf allezeit nach Norden gekehrt seyn muß.
Die Officiere, nämlich der Secretair, der Doctor und die Assistenten bewohnen jeder zwey oder drey schöne Zimmer, und zwar umsonst, außer daß sie Tapeten, Meublen und Hausgeräth selbst anschaffen müssen. In den Packhäusern haben sie ihre Sachen liegen. Die Of- ficiere speisen auch Mittags und Abends unentgeldlich beym Chef am Tische der Compagnie. Ihre gewöhnlichen Ausgaben betragen daher wenig, wenn sie nicht unter einander oft kostbare Gesellschaften halten und zu Abend tractiren, oder auch Geld an das schöne Geschlecht wenden.
Hiezu hat man hier so viele und bequeme Gelegen- heit, als irgendwo in Europa. In den meisten Japani- schen Städten sind in einer gewissen Straße mehrere Wei- berhäuser eingerichtet. Nangasaki ist hievon nicht aus- genommen. Selbst die Holländer und Chineser können Antheil an diesen Anstalten nehmen. Wünscht man sich in seiner Einsamkeit weibliche Gesellschaft, so giebt man es einem gewissen Manne zu erkennen, der zu diesem Ende alle Tage auf die Insel kommt. Gegen Abend schafft dieser ein Mädchen her, die eine kleine Aufwärterin bey sich hat, welche Kabro heißt, und täglich aus der Stadt alles hohlt, was ihre Herrschaft zum Essen und Trinken
Erſte Abtheilung.
es fuͤr Fiſchrogen, den man eingeſalzen, etwas gepreßt und hernach gedoͤrret hatte. — Vor der Seeflaſche (Tetrodon hiſpidus) muß man ſich hier in Acht neh- men. Er iſt ſo giftig, daß er denen, welche davon eſſen, nicht ſelten den Tod zuzieht. Die Japaner haben ihm deswegen auch einen Nahmen gegeben, welcher ſo viel ſagt, als dieſer Fiſch mache Norden dem Menſchen zum Kopf- kiſſen, weil unter ihnen der Gebrauch allgemein iſt, daß, wenn jemand mit dem Tode ringt, der Kopf allezeit nach Norden gekehrt ſeyn muß.
Die Officiere, naͤmlich der Secretair, der Doctor und die Aſſiſtenten bewohnen jeder zwey oder drey ſchoͤne Zimmer, und zwar umſonſt, außer daß ſie Tapeten, Meublen und Hausgeraͤth ſelbſt anſchaffen muͤſſen. In den Packhaͤuſern haben ſie ihre Sachen liegen. Die Of- ficiere ſpeiſen auch Mittags und Abends unentgeldlich beym Chef am Tiſche der Compagnie. Ihre gewoͤhnlichen Ausgaben betragen daher wenig, wenn ſie nicht unter einander oft koſtbare Geſellſchaften halten und zu Abend tractiren, oder auch Geld an das ſchoͤne Geſchlecht wenden.
Hiezu hat man hier ſo viele und bequeme Gelegen- heit, als irgendwo in Europa. In den meiſten Japani- ſchen Staͤdten ſind in einer gewiſſen Straße mehrere Wei- berhaͤuſer eingerichtet. Nangaſaki iſt hievon nicht aus- genommen. Selbſt die Hollaͤnder und Chineſer koͤnnen Antheil an dieſen Anſtalten nehmen. Wuͤnſcht man ſich in ſeiner Einſamkeit weibliche Geſellſchaft, ſo giebt man es einem gewiſſen Manne zu erkennen, der zu dieſem Ende alle Tage auf die Inſel kommt. Gegen Abend ſchafft dieſer ein Maͤdchen her, die eine kleine Aufwaͤrterin bey ſich hat, welche Kabro heißt, und taͤglich aus der Stadt alles hohlt, was ihre Herrſchaft zum Eſſen und Trinken
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Erſte Abtheilung.
es fuͤr Fiſchrogen, den man eingeſalzen, etwas gepreßt
und hernach gedoͤrret hatte. — Vor der Seeflaſche
(Tetrodon hiſpidus) muß man ſich hier in Acht neh-
men. Er iſt ſo giftig, daß er denen, welche davon eſſen,
nicht ſelten den Tod zuzieht. Die Japaner haben ihm
deswegen auch einen Nahmen gegeben, welcher ſo viel ſagt,
als dieſer Fiſch mache Norden dem Menſchen zum Kopf-
kiſſen, weil unter ihnen der Gebrauch allgemein iſt, daß,
wenn jemand mit dem Tode ringt, der Kopf allezeit nach
Norden gekehrt ſeyn muß.
Die Officiere, naͤmlich der Secretair, der Doctor
und die Aſſiſtenten bewohnen jeder zwey oder drey ſchoͤne
Zimmer, und zwar umſonſt, außer daß ſie Tapeten,
Meublen und Hausgeraͤth ſelbſt anſchaffen muͤſſen. In
den Packhaͤuſern haben ſie ihre Sachen liegen. Die Of-
ficiere ſpeiſen auch Mittags und Abends unentgeldlich
beym Chef am Tiſche der Compagnie. Ihre gewoͤhnlichen
Ausgaben betragen daher wenig, wenn ſie nicht unter
einander oft koſtbare Geſellſchaften halten und zu Abend
tractiren, oder auch Geld an das ſchoͤne Geſchlecht
wenden.
Hiezu hat man hier ſo viele und bequeme Gelegen-
heit, als irgendwo in Europa. In den meiſten Japani-
ſchen Staͤdten ſind in einer gewiſſen Straße mehrere Wei-
berhaͤuſer eingerichtet. Nangaſaki iſt hievon nicht aus-
genommen. Selbſt die Hollaͤnder und Chineſer koͤnnen
Antheil an dieſen Anſtalten nehmen. Wuͤnſcht man ſich
in ſeiner Einſamkeit weibliche Geſellſchaft, ſo giebt man
es einem gewiſſen Manne zu erkennen, der zu dieſem Ende
alle Tage auf die Inſel kommt. Gegen Abend ſchafft
dieſer ein Maͤdchen her, die eine kleine Aufwaͤrterin bey
ſich hat, welche Kabro heißt, und taͤglich aus der Stadt
alles hohlt, was ihre Herrſchaft zum Eſſen und Trinken
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/80>, abgerufen am 23.07.2024.
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