Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Reise von Batavia nach Japan, u. s. w.
ganz unbekannte, und diesem Lande eigne Gewächse, die
sie theils selbst gesammelt, theils durch ihre Freunde aus
den inneren Provinzen bekommen hatten. Zugleich ver-
schaffte ich mir durch ihre Hülfe allmählig zuverlässige
Nachrichten, die Regierung, Religion, Sprache, Sit-
ten, Haushaltung des Volks und dergleichen betreffend.
Auch erhielt ich durch sie unterschiedliche Bücher und an-
dre Seltenheiten.

Im October und November herrschten so wohl auf
dem Schiffe, als zu Nangasaki Diarrhöen mit starkem
Stuhlgangszwang (Tenesmus). Unter dem Schiffs-
volke entstand diese Krankheit von der starken Tageshitze
und nächtlichen Kälte. In der Stadt kam noch eine
Ursache hinzu, nämlich das häufige Essen der Persimone
oder Kaki (Diospyros Kaki), die um diese Jahrszeit
reif ist und verkauft wird, angenehm schmeckt und mit
gelben Pflaumen Aehnlichkeit hat.

Nicht lange nach meiner Ankunft betraf mich ein
unvermutheter Unfall, der anfangs von keiner Bedeu-
tung zu seyn schien, aber doch viel Lärm, und mir viel
Verdruß verursachte. Da zu Batavia meine Umstände
mir nicht erlaubt hatten, mir einen eignen Sklaven zu
kaufen, und nach Japan mitzunehmen, war einer von
den Supercargeuren so gefällig, mir einen von seinen
Sklaven so lange zu leihen, bis er übers Jahr wieder hie-
her kommen würde. Dieser Kerl, welcher zu Batavia
eine Frau zurück gelassen, und sich bis jetzt mit der Hoff-
nung geschmeichelt hatte, dies Jahr zu Hause zu reisen,
und die Seinigen zu sehen, wurde hierüber sehr mißver-
gnügt und zuletzt milzsüchtig. Endlich fiel ihm ein sich
zu verstecken, und er verschwand, ohne daß jemand wußte,
wo er geblieben wäre, oder was ihn dazu angetrieben ha-
ben möchte. Anfangs ließen wir ihm durch die andern

Thunbergs Reise 2. Bandes 1. Theil. C

Reiſe von Batavia nach Japan, u. ſ. w.
ganz unbekannte, und dieſem Lande eigne Gewaͤchſe, die
ſie theils ſelbſt geſammelt, theils durch ihre Freunde aus
den inneren Provinzen bekommen hatten. Zugleich ver-
ſchaffte ich mir durch ihre Huͤlfe allmaͤhlig zuverlaͤſſige
Nachrichten, die Regierung, Religion, Sprache, Sit-
ten, Haushaltung des Volks und dergleichen betreffend.
Auch erhielt ich durch ſie unterſchiedliche Buͤcher und an-
dre Seltenheiten.

Im October und November herrſchten ſo wohl auf
dem Schiffe, als zu Nangaſaki Diarrhoͤen mit ſtarkem
Stuhlgangszwang (Teneſmus). Unter dem Schiffs-
volke entſtand dieſe Krankheit von der ſtarken Tageshitze
und naͤchtlichen Kaͤlte. In der Stadt kam noch eine
Urſache hinzu, naͤmlich das haͤufige Eſſen der Perſimone
oder Kaki (Diospyros Kaki), die um dieſe Jahrszeit
reif iſt und verkauft wird, angenehm ſchmeckt und mit
gelben Pflaumen Aehnlichkeit hat.

Nicht lange nach meiner Ankunft betraf mich ein
unvermutheter Unfall, der anfangs von keiner Bedeu-
tung zu ſeyn ſchien, aber doch viel Laͤrm, und mir viel
Verdruß verurſachte. Da zu Batavia meine Umſtaͤnde
mir nicht erlaubt hatten, mir einen eignen Sklaven zu
kaufen, und nach Japan mitzunehmen, war einer von
den Supercargeuren ſo gefaͤllig, mir einen von ſeinen
Sklaven ſo lange zu leihen, bis er uͤbers Jahr wieder hie-
her kommen wuͤrde. Dieſer Kerl, welcher zu Batavia
eine Frau zuruͤck gelaſſen, und ſich bis jetzt mit der Hoff-
nung geſchmeichelt hatte, dies Jahr zu Hauſe zu reiſen,
und die Seinigen zu ſehen, wurde hieruͤber ſehr mißver-
gnuͤgt und zuletzt milzſuͤchtig. Endlich fiel ihm ein ſich
zu verſtecken, und er verſchwand, ohne daß jemand wußte,
wo er geblieben waͤre, oder was ihn dazu angetrieben ha-
ben moͤchte. Anfangs ließen wir ihm durch die andern

Thunbergs Reiſe 2. Bandes 1. Theil. C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0067" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Rei&#x017F;e von <placeName>Batavia</placeName> nach <placeName>Japan</placeName>, u. &#x017F;. w.</hi></fw><lb/>
ganz unbekannte, und die&#x017F;em Lande eigne Gewa&#x0364;ch&#x017F;e, die<lb/>
&#x017F;ie theils &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ammelt, theils durch ihre Freunde aus<lb/>
den inneren Provinzen bekommen hatten. Zugleich ver-<lb/>
&#x017F;chaffte ich mir durch ihre Hu&#x0364;lfe allma&#x0364;hlig zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige<lb/>
Nachrichten, die Regierung, Religion, Sprache, Sit-<lb/>
ten, Haushaltung des Volks und dergleichen betreffend.<lb/>
Auch erhielt ich durch &#x017F;ie unter&#x017F;chiedliche Bu&#x0364;cher und an-<lb/>
dre Seltenheiten.</p><lb/>
        <p>Im October und November herr&#x017F;chten &#x017F;o wohl auf<lb/>
dem Schiffe, als zu <placeName>Nanga&#x017F;aki</placeName> Diarrho&#x0364;en mit &#x017F;tarkem<lb/>
Stuhlgangszwang (<hi rendition="#aq">Tene&#x017F;mus</hi>). Unter dem Schiffs-<lb/>
volke ent&#x017F;tand die&#x017F;e Krankheit von der &#x017F;tarken Tageshitze<lb/>
und na&#x0364;chtlichen Ka&#x0364;lte. In der Stadt kam noch eine<lb/>
Ur&#x017F;ache hinzu, na&#x0364;mlich das ha&#x0364;ufige E&#x017F;&#x017F;en der Per&#x017F;imone<lb/>
oder Kaki (<hi rendition="#aq">Diospyros Kaki</hi>), die um die&#x017F;e Jahrszeit<lb/>
reif i&#x017F;t und verkauft wird, angenehm &#x017F;chmeckt und mit<lb/>
gelben Pflaumen Aehnlichkeit hat.</p><lb/>
        <p>Nicht lange nach meiner Ankunft betraf mich ein<lb/>
unvermutheter Unfall, der anfangs von keiner Bedeu-<lb/>
tung zu &#x017F;eyn &#x017F;chien, aber doch viel La&#x0364;rm, und mir viel<lb/>
Verdruß verur&#x017F;achte. Da zu <placeName>Batavia</placeName> meine Um&#x017F;ta&#x0364;nde<lb/>
mir nicht erlaubt hatten, mir einen eignen Sklaven zu<lb/>
kaufen, und nach <placeName>Japan</placeName> mitzunehmen, war einer von<lb/>
den Supercargeuren &#x017F;o gefa&#x0364;llig, mir einen von &#x017F;einen<lb/>
Sklaven &#x017F;o lange zu leihen, bis er u&#x0364;bers Jahr wieder hie-<lb/>
her kommen wu&#x0364;rde. Die&#x017F;er Kerl, welcher zu <placeName>Batavia</placeName><lb/>
eine Frau zuru&#x0364;ck gela&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;ich bis jetzt mit der Hoff-<lb/>
nung ge&#x017F;chmeichelt hatte, dies Jahr zu Hau&#x017F;e zu rei&#x017F;en,<lb/>
und die Seinigen zu &#x017F;ehen, wurde hieru&#x0364;ber &#x017F;ehr mißver-<lb/>
gnu&#x0364;gt und zuletzt milz&#x017F;u&#x0364;chtig. Endlich fiel ihm ein &#x017F;ich<lb/>
zu ver&#x017F;tecken, und er ver&#x017F;chwand, ohne daß jemand wußte,<lb/>
wo er geblieben wa&#x0364;re, oder was ihn dazu angetrieben ha-<lb/>
ben mo&#x0364;chte. Anfangs ließen wir ihm durch die andern<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Thunbergs</hi> Rei&#x017F;e 2. Bandes 1. Theil. C</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0067] Reiſe von Batavia nach Japan, u. ſ. w. ganz unbekannte, und dieſem Lande eigne Gewaͤchſe, die ſie theils ſelbſt geſammelt, theils durch ihre Freunde aus den inneren Provinzen bekommen hatten. Zugleich ver- ſchaffte ich mir durch ihre Huͤlfe allmaͤhlig zuverlaͤſſige Nachrichten, die Regierung, Religion, Sprache, Sit- ten, Haushaltung des Volks und dergleichen betreffend. Auch erhielt ich durch ſie unterſchiedliche Buͤcher und an- dre Seltenheiten. Im October und November herrſchten ſo wohl auf dem Schiffe, als zu Nangaſaki Diarrhoͤen mit ſtarkem Stuhlgangszwang (Teneſmus). Unter dem Schiffs- volke entſtand dieſe Krankheit von der ſtarken Tageshitze und naͤchtlichen Kaͤlte. In der Stadt kam noch eine Urſache hinzu, naͤmlich das haͤufige Eſſen der Perſimone oder Kaki (Diospyros Kaki), die um dieſe Jahrszeit reif iſt und verkauft wird, angenehm ſchmeckt und mit gelben Pflaumen Aehnlichkeit hat. Nicht lange nach meiner Ankunft betraf mich ein unvermutheter Unfall, der anfangs von keiner Bedeu- tung zu ſeyn ſchien, aber doch viel Laͤrm, und mir viel Verdruß verurſachte. Da zu Batavia meine Umſtaͤnde mir nicht erlaubt hatten, mir einen eignen Sklaven zu kaufen, und nach Japan mitzunehmen, war einer von den Supercargeuren ſo gefaͤllig, mir einen von ſeinen Sklaven ſo lange zu leihen, bis er uͤbers Jahr wieder hie- her kommen wuͤrde. Dieſer Kerl, welcher zu Batavia eine Frau zuruͤck gelaſſen, und ſich bis jetzt mit der Hoff- nung geſchmeichelt hatte, dies Jahr zu Hauſe zu reiſen, und die Seinigen zu ſehen, wurde hieruͤber ſehr mißver- gnuͤgt und zuletzt milzſuͤchtig. Endlich fiel ihm ein ſich zu verſtecken, und er verſchwand, ohne daß jemand wußte, wo er geblieben waͤre, oder was ihn dazu angetrieben ha- ben moͤchte. Anfangs ließen wir ihm durch die andern Thunbergs Reiſe 2. Bandes 1. Theil. C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/67
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/67>, abgerufen am 25.11.2024.