aufzumachen. Die Jungen saugen mit dem Maule nicht mit dem Rüssel. Verschiedene von Herrn Sluysken angestellte Versuche haben es ausgewiesen, daß das tägliche Getränk dieses Thieres gewöhnlich sechzig Kan- nen Wasser beträgt.
Die zahmen Weibchen werden bisweilen dazu ge- braucht, wilde Elephanten zu fangen. Man läßt sie alsdann in den Wald gehen, und sie locken wilde Männchen mit sich in irgend eine Falle, wo sie einge- schlossen werden können. Auf diese Art gefangne männ- liche Elephanten sah ich verschiedenemal an einen dicken Baum gebunden, und in wenig Tagen zahm gemacht. Diejenigen männlichen Elephanten, welche von den Holländern dazu gebraucht werden, die wilden zu züch- tigen und zahm zu machen, nennen sie gewöhnlich Zeel- verkoopers (Seelenverkäufer). Ist ein Elephant ein- mal gut zahm, so läßt er sich sogar von Kindern regie- ren, und thut nicht leicht einem Menschen etwas zu Leide, es wäre denn, daß man ihn gemißhandelt und dadurch zur Rache gereizt hätte. Ich habe oft ge- sehen, wie der Elephant das eine Bein krumm macht, damit der Reuter da hinauf treten und so bequemer auf den Rücken steigen könne, und wie er mit dem Rüssel kleine Knaben sehr behutsam umfasset und aufhebt, um sie auf seinen Rücken zu setzen, auch wie er sie hernach eben so vorsichtig wieder herunter nimt. Die hollän- dische Compagnie gebraucht sie überall zum Fortbringen von Balken und andern schweren Sachen, wie auch vor Wagen und großen Karren. Wenn man ihn vor- spannt, so bindet man ihm erst ein dickes Seil um den Hals, und an dieses Seil zu beyden Seiten einen an- dern dicken Strick, der längs dem Rücken heruntergeht,
Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
aufzumachen. Die Jungen ſaugen mit dem Maule nicht mit dem Ruͤſſel. Verſchiedene von Herrn Sluyſken angeſtellte Verſuche haben es ausgewieſen, daß das taͤgliche Getraͤnk dieſes Thieres gewoͤhnlich ſechzig Kan- nen Waſſer betraͤgt.
Die zahmen Weibchen werden bisweilen dazu ge- braucht, wilde Elephanten zu fangen. Man laͤßt ſie alsdann in den Wald gehen, und ſie locken wilde Maͤnnchen mit ſich in irgend eine Falle, wo ſie einge- ſchloſſen werden koͤnnen. Auf dieſe Art gefangne maͤnn- liche Elephanten ſah ich verſchiedenemal an einen dicken Baum gebunden, und in wenig Tagen zahm gemacht. Diejenigen maͤnnlichen Elephanten, welche von den Hollaͤndern dazu gebraucht werden, die wilden zu zuͤch- tigen und zahm zu machen, nennen ſie gewoͤhnlich Zeel- verkoopers (Seelenverkaͤufer). Iſt ein Elephant ein- mal gut zahm, ſo laͤßt er ſich ſogar von Kindern regie- ren, und thut nicht leicht einem Menſchen etwas zu Leide, es waͤre denn, daß man ihn gemißhandelt und dadurch zur Rache gereizt haͤtte. Ich habe oft ge- ſehen, wie der Elephant das eine Bein krumm macht, damit der Reuter da hinauf treten und ſo bequemer auf den Ruͤcken ſteigen koͤnne, und wie er mit dem Ruͤſſel kleine Knaben ſehr behutſam umfaſſet und aufhebt, um ſie auf ſeinen Ruͤcken zu ſetzen, auch wie er ſie hernach eben ſo vorſichtig wieder herunter nimt. Die hollaͤn- diſche Compagnie gebraucht ſie uͤberall zum Fortbringen von Balken und andern ſchweren Sachen, wie auch vor Wagen und großen Karren. Wenn man ihn vor- ſpannt, ſo bindet man ihm erſt ein dickes Seil um den Hals, und an dieſes Seil zu beyden Seiten einen an- dern dicken Strick, der laͤngs dem Ruͤcken heruntergeht,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0474"n="178"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.</hi></fw><lb/>
aufzumachen. Die Jungen ſaugen mit dem Maule<lb/>
nicht mit dem Ruͤſſel. Verſchiedene von Herrn <persName>Sluyſken</persName><lb/>
angeſtellte Verſuche haben es ausgewieſen, daß das<lb/>
taͤgliche Getraͤnk dieſes Thieres gewoͤhnlich ſechzig Kan-<lb/>
nen Waſſer betraͤgt.</p><lb/><p>Die zahmen Weibchen werden bisweilen dazu ge-<lb/>
braucht, wilde Elephanten zu fangen. Man laͤßt ſie<lb/>
alsdann in den Wald gehen, und ſie locken wilde<lb/>
Maͤnnchen mit ſich in irgend eine Falle, wo ſie einge-<lb/>ſchloſſen werden koͤnnen. Auf dieſe Art gefangne maͤnn-<lb/>
liche Elephanten ſah ich verſchiedenemal an einen dicken<lb/>
Baum gebunden, und in wenig Tagen zahm gemacht.<lb/>
Diejenigen maͤnnlichen Elephanten, welche von den<lb/>
Hollaͤndern dazu gebraucht werden, die wilden zu zuͤch-<lb/>
tigen und zahm zu machen, nennen ſie gewoͤhnlich Zeel-<lb/>
verkoopers (Seelenverkaͤufer). Iſt ein Elephant ein-<lb/>
mal gut zahm, ſo laͤßt er ſich ſogar von Kindern regie-<lb/>
ren, und thut nicht leicht einem Menſchen etwas zu<lb/>
Leide, es waͤre denn, daß man ihn gemißhandelt und<lb/>
dadurch zur Rache gereizt haͤtte. Ich habe oft ge-<lb/>ſehen, wie der Elephant das eine Bein krumm macht,<lb/>
damit der Reuter da hinauf treten und ſo bequemer auf<lb/>
den Ruͤcken ſteigen koͤnne, und wie er mit dem Ruͤſſel<lb/>
kleine Knaben ſehr behutſam umfaſſet und aufhebt, um<lb/>ſie auf ſeinen Ruͤcken zu ſetzen, auch wie er ſie hernach<lb/>
eben ſo vorſichtig wieder herunter nimt. Die hollaͤn-<lb/>
diſche Compagnie gebraucht ſie uͤberall zum Fortbringen<lb/>
von Balken und andern ſchweren Sachen, wie auch<lb/>
vor Wagen und großen Karren. Wenn man ihn vor-<lb/>ſpannt, ſo bindet man ihm erſt ein dickes Seil um den<lb/>
Hals, und an dieſes Seil zu beyden Seiten einen an-<lb/>
dern dicken Strick, der laͤngs dem Ruͤcken heruntergeht,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[178/0474]
Vierte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
aufzumachen. Die Jungen ſaugen mit dem Maule
nicht mit dem Ruͤſſel. Verſchiedene von Herrn Sluyſken
angeſtellte Verſuche haben es ausgewieſen, daß das
taͤgliche Getraͤnk dieſes Thieres gewoͤhnlich ſechzig Kan-
nen Waſſer betraͤgt.
Die zahmen Weibchen werden bisweilen dazu ge-
braucht, wilde Elephanten zu fangen. Man laͤßt ſie
alsdann in den Wald gehen, und ſie locken wilde
Maͤnnchen mit ſich in irgend eine Falle, wo ſie einge-
ſchloſſen werden koͤnnen. Auf dieſe Art gefangne maͤnn-
liche Elephanten ſah ich verſchiedenemal an einen dicken
Baum gebunden, und in wenig Tagen zahm gemacht.
Diejenigen maͤnnlichen Elephanten, welche von den
Hollaͤndern dazu gebraucht werden, die wilden zu zuͤch-
tigen und zahm zu machen, nennen ſie gewoͤhnlich Zeel-
verkoopers (Seelenverkaͤufer). Iſt ein Elephant ein-
mal gut zahm, ſo laͤßt er ſich ſogar von Kindern regie-
ren, und thut nicht leicht einem Menſchen etwas zu
Leide, es waͤre denn, daß man ihn gemißhandelt und
dadurch zur Rache gereizt haͤtte. Ich habe oft ge-
ſehen, wie der Elephant das eine Bein krumm macht,
damit der Reuter da hinauf treten und ſo bequemer auf
den Ruͤcken ſteigen koͤnne, und wie er mit dem Ruͤſſel
kleine Knaben ſehr behutſam umfaſſet und aufhebt, um
ſie auf ſeinen Ruͤcken zu ſetzen, auch wie er ſie hernach
eben ſo vorſichtig wieder herunter nimt. Die hollaͤn-
diſche Compagnie gebraucht ſie uͤberall zum Fortbringen
von Balken und andern ſchweren Sachen, wie auch
vor Wagen und großen Karren. Wenn man ihn vor-
ſpannt, ſo bindet man ihm erſt ein dickes Seil um den
Hals, und an dieſes Seil zu beyden Seiten einen an-
dern dicken Strick, der laͤngs dem Ruͤcken heruntergeht,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/474>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.